BG Kritik: „Alles erlaubt – Eine Woche ohne Regeln“

14. Juli 2011, Christian Mester

HALL PASS (2011)
Regie: Farrelly Bros.
Darsteller: Owen Wilson, Jason Sudeikis

Story:
Rick (Owen Wilson) und Fred (Jason Sudeikis) sind offiziell treue Ehemänner, doch selbst halten sie sich für begehrenswerte Machos, die jeden Tag zahlreiche Chancen auf One-Night-Stands ausschlagen. Um zu beweisen, dass sie für die Frauenwelt nichts als harmlose, feige und wenig begehrenswerte 40jährige sind, erlauben ihnen ihre Ehefrauen kurzerhand, für ein paar Tage alles Mögliche einmal ausprobieren zu können. Fred reibt sich die Hände, doch sein Freund ahnt schon, dass es eigentlich nur nach hinten los gehen kann…

Kritik:
Wie kann man einen Film wie „Alles erlaubt“ misslingen lassen? Man nehme zwei tollpatschige 40er, mache sie sympathisch, kontrastiere sie (der Verrückte – der Spießige), lasse sie viele verrückte Dinge erleben, Pech haben, dazu jede Menge nackte Haut, Sex, Gute-Laune-Musik und ein zünftiges Happy-End, fertig ist die Feelgood-Komödie, die man sich auch gern ein zweites Mal ansieht. Siehe „Hot Tub – Der Whirlpool ist ne verdammte Zeitmaschine“, „Jungfrau, 40, männlich sucht“ oder „Hangover“.

„Alles erlaubt“ hat von allen letzten Komödienhits ein wenig, von alledem aber – zu wenig. Es gibt ein paar spaßige Momente und die Farrellys halten sich auch nicht davor zurück, nackte Haut einzubringen, doch ihre 90 Minuten sind nur in Teilen witzig, da es entweder an guten Gag-Ideen mangelt oder man insgeheim versucht, eine ernst zunehmende Romanze mitzuliefern. Eine grundsätzlich kontraproduktive Idee ist es beispielsweise, sich einen Spaß daraus zu machen, dass die beiden schlüpfriges Party-Leben wollen, in Wahrheit aber eher langweilige Couch-Potatoes sind. Somit stürzen sie in nur wenige skurrile Szenen und halten sich fast immer zu gedeckelt, da sie ihre Frauen über alles lieben und früh Gewissensbisse bekommen.

Ihre Moral ist fraglos vorbildlich, doch als Film wäre es weit lustiger, hätten die zwei deutlichere Motivation, das zu tun, was Thema des Films ist. Dafür wäre ein Auslöser sinnvoll, der sie irrtümlicherweise anstachelt (man denke nur an Tim Robbins in „Nichts zu Verlieren“), hemmungslos (wenn auch vom Pech verfolgt) im Exzess einen drauf machen zu wollen, nur um von einer unglaublichen Szenen in die nächste zu geraten. Was ebenfalls fehlt, ist ein guter Celebrity-Cameo – hier wird man lediglich mit Alyssa Milanos „Charmed“-Silikoneinlagen abgespeist. Dramendarsteller Richard Jenkins lässt in einer kleinen Rolle als Partyhengst schmunzeln, erweckt aber den Anschein, als habe man keinen namhafteren Star kriegen können. Wilson und Sudeikis sind ganz amüsant, beide jedoch zu zaghaft. Während Sudeikis wenigstens ein wenig ausflippen darf, wirkt Wilson die meiste Zeit über stoned, da er durch seine Szenen schlafwandelt und oftmals nicht einmal versucht, seinem Gegenüber in die Augen zu sehen. Als Comedy-Duo sind sie nur mäßig lustig, weswegen man dieselbe Protagonisten-Konstellation so schnell wohl nicht wieder sehen dürfte. Während Nicky Whelan nur dafür da ist, reines Geifersexobjekt zu sein, bleiben Christina Applegate und Jenna Fischer als Ehefrauen einsilbige Figuren, die den Romantikplot des Films gegen Ende sogar fast eigenhändig torpedieren. Was Liebes- und Treuelektion sein soll, gerät plötzlich aus den Fugen und bietet ein missratenes Kitsch-Ende, wie es allenfalls in DVD-Komödien zu sehen ist. Echtes Herz oder zumindest kurz aufflammenden Kloß im Halse ala „Zack und Miri“ oder „Superbad“ gibt es nicht, keine Liebe zu spüren.

Würde man es nicht wissen, würde man nie darauf kommen, dass die Regisseure der Kultkomödien „Dumm & Dümmer“ und „Verrückt nach Mary“ hinter der Kamera stehen. Nichts im Film, in der Bild- oder Tonwahl trägt eine erkennbare Handschrift, die über normale Werksarbeit hinaus gehen würde. Trotz allem ist „Alles erlaubt – Eine Woche ohne Regeln“ durchaus ertragbar. Der Film wird nie langweilig, ist halbwegs sympathisch gespielt und bringt genügend Abwechslung ein, um bis zum Ende Tempo zu behalten. Es gibt durchaus funktionierende amüsante Momente, nur um richtig gut und empfehlenswert zu sein, zu wenige. Aus der Masse der leicht schlüpfrigen Komödien über Versuchungen, „das glaubst du nie“ Momenten und besondere Freundschaften ragt „Alles erlaubt“ demnach nicht heraus.

Fazit:
Der Titel „Alles erlaubt“ vermag je nach eigener Fantasie bereits zuviel versprechen, doch um wirklich gut zu sein, fehlen bessere Figuren, mehr Witze und denkwürdigere Szenen. Insgesamt ein akzeptabler, wenn auch nicht sonderlich auffälliger Genrestreifen.

4 / 10

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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