BG Kritik: „Die Croods“

16. März 2013, Christian Mester

Als ihre Höhle durch das beginnende Auseinanderdriften der Kontinente zerstört wird, müssen sich die Croods, die vermutlich erste prähistorische Familie der Welt, angeführt vom übervorsichtigen Familienoberhaupt Grug (Nicolas Cage), eine neue Heimat fernab der gewohnten Sicherheit ihres Heims suchen. Es erwartet sie eine Reise voller Gefahren und Abenteuer, skurriler Lebewesen und Gleichgesinnter…

DIE CROODS
THE CROODS (2013)
Regisseur: Chris Sanders, Kirk De Micco
DE Sprecher: Uwe Ochsenknecht, Janin Reinhardt, Kostja Ulmann

Kritik:
Die Croods ist der neue Film von dem Regisseurteam von Drachenzähmen leicht gemacht, der vor ein paar Jahren völlig überraschend daher kam und nach anfänglicher Skepsis am Trailermaterial gewaltigen Eindruck hinterließ – es lässt sich wohl sagen, dass der Film einer der besten Animationsfilme der letzten Jahre war: Vollgepfropft mit geflügelter Action en masse, dazu jede Menge generationskompatibler Gags und eine ungemein herzerwärmende Geschichte im Kern, mit tollen Figuren (insbesondere: tollen Drachen) und einem mitreißendem Handlungsbogen: den musste man einfach gern haben.

Ihr neuer, nun, erfüllt erfreulicherweise genau das gleiche und dürfte verdienterweise ebenfalls zum Welthit werden. Bereits die Eröffnungssequenz gibt sämtliche Stärken des Films vor: die Croods kommen aus ihrer Höhle und machen sich gemeinsam auf, morgens etwas zu Essen zu finden. Auf den ersten Blick mögen es ein wenig viele Figuren unterwegs sein (zu denen sich noch weitere gesellen), aber die Regisseure wissen ideal mit der Bande umzugehen. Die beiden Hauptfiguren, auf die sie sich fokussieren, sind im Grunde Vater Grug, der rundherum alle Nachbarn hat sterben sehen, und dementsprechend paranoid überfürsorglich ist, in der Hoffnung, seine Familie inmitten der gefährlichen Steinzeit irgendwie am Leben halten zu können, und Töchterchen Eep, die von der ewigen Tristesse der isolierenden elterlichen Sicherheit über alle Maßen gelangweilt ist und endlich mehr vom Leben sehen will. Grug meint es nur gut, merkt aber nicht was er damit anrichtet, und dass er diese Kontrolle nicht ewig behalten können wird. Ein Konflikt, den Jugendliche wie Eltern wohl gleichermaßen nachvollziehen können und der im Film nach und nach mit viel Gefühl fortgeführt wird, bis es bewegend zu einer schönen Auflösung kommt.

Während die Mutter sicherlich insgesamt die uninteressanteste Figur abgibt, da sie nur eine zurückhaltende Fassung Grugs ist, sind die anderen drei zum Spaß dabei, den sie auch gehörig bringen. Das Baby ist ein schäumendes Monster, dass sich aberwitzig hungrig auf schier alles stürzt und ständig davor abgehalten werden muss, Verbündete zu essen. Die Oma hingegen ist ähnlich drauf, aber auch extrem besserwisserisch zynisch, womit sie Grug am laufenden Band zu nerven weiß. Am meisten zu lachen hat man wahrscheinlich mit Eeps Bruder Thunk, der selbst inmitten der immer wieder lustig naiven, ungebildeten Steinzeitfamilie der beschränkteste ist und fast nur herrlich Dusseliges von sich gibt. Das Regieteam schafft es erneut, den gesamten Humor so zu inszenieren, dass Kids ihren Spaß haben, Erwachsene aber nie genervt werden oder sich nicht angesprochen fühlen; vieles ist auch fraglos direkt an Ältere gerichtet. Später kommen noch der bereits weiter entwickelte Jäger Guy und sein Faultier dazu, die der Familie wichtige neue Anreize geben. Glücklicherweise vermeidet man es hier, die obligatorische Love Story zwischen ihm und Eep auf das Mindeste zu reduzieren – im Vordergrund bleibt stets der Vater-Tochterkonflikt, sowie die nonstop aufkommenden Herausforderungen.

„Die Croods“ ist also herzlich und witzig, aber actionreich? Aber hallo. Bereits in der Eröffnungsszene, bei der ein Rieseneierklau zu einem rasanten Footballspiel wird, machen die Regisseure deutlich, dass sich im Laufe dieser Evolutionsgeschichte einiges bewegen wird. Und das tut es gehörig, denn nachdem sie ihre Höhle verlieren, startet ein fast pausenloser Trek durch Dschungel- und Wüstenlandschaften, der mit immer neuen Kreaturen und Eigenarten aufzuwarten weiß. Schräge Evolutionsexperimente wie Elefantenmäuse, Wale auf Beinen oder termitenähnliche Vögelschwärme sorgen für reichlich Abwechslung, und es ist immer wieder amüsant zu sehen, wie die wundervoll naive Familie auf alles Erlebte reagiert. Interessant ist es auch zu sehen, wie sich die noch relativ steinzeitlichen Croods fortbewegen, nämlich noch oftmals auf allen Vieren, als artistische und überstarke Ex-Primaten. Regie und Schnitt sind großartig geworden; immer übersichtlich, immer angenehm, passend zu den jeweiligen Charakterbögen inszeniert. Die Musik? Gut, wenn auch nicht allzu denkwürdig, was fehlt ist ein übergreifendes, denkwürdiges Croods Theme. Abschließend lässt sich jedoch noch loben, dass das verwendete 3D eins der besten ist, dass es bisher im Genre gegeben hat. Durch die großen Entfernungen gibt es am laufenden Band erstaunliche Tiefenwirkung, und es wird generell so gut eingesetzt, dass die animierten Figuren gar anfassbar plastisch wirken. Man mag fast meinen, strecke man die Hand aus und streichele man den riesigen Säbelzahntiger Chunky, werde er direkt schnurren.

Fazit:
Bewegend herzlich, Action ohne Ende, jede Menge spaßige Momente und all das mit tollen Figuren – keine Frage, der Film wird so einiges Glück, und Höhlenmalereien der Gegenwart inspirieren.

7/10

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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