BG Kritik: „Der gestiefelte Kater“

23. Februar 2011, Christian Mester

Vor dem Zusammentreffen mit Shrek in dessen Teil 2: Der gestiefelte Kater ist ein berüchtigter Strauchdieb und legendärer Katzenherzensbrecher. Eines Tages trifft der verwegene Rabauke auf eine maskierte Katze, die ihm im Tanzduell ebenbürtig ist. Neugierig steigt er ihr nach und trifft auf einen alten Kindheitsfreund, das sprechende Ei Humpty Dumpty. Zusammen machen sie sich auf die Suche nach einer Gans in Godzilla-Größe, die goldene Eier bewacht…

DER GESTIEFELTE KATER
PUSS IN BOOTS (2011)
Regie: Chris Miller
Darsteller: Antonio Banderas, Salma Hayek

Kritik:
Klein, orange und von sich selbst überzeugt – im zweiten Shrek aus dem Jahre 2004 war er damals der beliebteste Neuzugang: der gestiefelte Kater. Zwischen all den schrägen Märchenkollegen des grünen Ogers war er es, der allen anderen die Show stahl. Als ebenso niedlicher wie vorlauter kleiner Haudegen kam er gar so gut an, dass DreamWorks einen Solofilm in Angriff nahm. Rund sieben Jahre sollte diese Umsetzung dauern, jetzt ist der flauschige Duke Nukem Forever der Animationsfilme endlich im Kino.

In der US-Vorlage werden die beiden prominentesten Figuren von Antonio Banderas und Zach Galifianakis gesprochen. Während der ehemalige ‚Zorro‘ und ‚Desperado‘ Banderas den Kater schon in den Shreks sprach, kam Galifianakis, der Verrückte aus den Hangover-Filmen, als lebendes Ei Humpty Dumpty hinzu. In der deutschen Variante übernehmen hingegen Benno Fürmann und Elton die Sprechrollen. Fragt sich letzten Endes, ob die Stiefel des Katers in die großen Erfolgs-Fußspuren des Ogers passen, der bisher rund 3 Milliarden Dollar Einspiel schaffte.

Zwei Katzen und ein sprechendes Ei, die sich mit einer gigantischen Gans anlegen? Der erste wirre Eindruck ist bereits der richtige, denn wie schon die vier Shreks ist auch dieser erste Kino-Ableger eine äußerst schräge Actionkomödie geworden. Ein Film, der sich selbst nicht besonders ernst nimmt und zuweilen an Parodie grenzt. Abwechslungsreich geht es erneut durch viele verschiedene Märchenszenarien, wobei die Stoffe außen vor bleiben, die bereits in den Shreks behandelt wurden. Als Prequel distanziert sich der Film jedoch bewusst von den Shrek-Streifen und spart sich sogar einen Cameo des Esels. Pausen gibt es nur wenige, stattdessen wird der Kater regelmäßig in Actionmomente verwickelt. Diese fallen nicht ganz so spektakulär aus wie beispielsweise in Cars 2 oder Kung Fu Panda 2, sind aber dennoch sehr gelungen. Zu verdanken ist es dem amüsanten Kater selbst, der stets versucht, abgebrüht und herb zu klingen, meistens aber shrek-lich schusselig – und niedlich ist. Katzenfans werden sich sogar ungemein freuen, denn die Niedlichkeit des Katers wird gnadenlos bis auf die Spitze getrieben. Spätestens wenn der 3D Kater als kleines Kätzchen zu sehen ist und schnurrend mit seinen Kittenkulleraugen rollt, kommt man wohl nicht drum herum, laut aufzuseufzen.

Der verlauste Zorro-Verschnitt ist unentwegt lustig und erhält einen Oneliner nach dem anderen, doch leider ist des Katers Kollegschaft weit weniger gelungen. Dumpty, Katers Freundin Kitty und auch die anderen Gefährten und Feinde wirken uninspiriert. Es sind einfallslose Charaktere, die nichts Eigenes für sich haben und nur abgedroschene Phrasen bekommen. Da der orangenfarbene Held fast nonstop im Mittelpunkt steht, ist das aber nicht allzu schlimm. Es ist nur schade, dass sich mit den anderen Charakteren merklich weniger Mühe gegeben wurde. Klar ist auch, dass es kein Film vom Formate Pixars ist. Emotionale, nachdenkliche Momente gibt es keine. Auch richtet sich der allgemeine Ton stärker noch als die Shreks an ein jüngeres Publikum. Zynische Verweise auf Themen, die nur ältere kennen, gibt es im Vergleich zu den Oger-Filmen nur wenige. Auch in Sachen Regie ist der gestiefelte Kater gesundes Mittelmaß. Der Film ist kompetent gemachte, kurzweilige Kost, hat aber wie seine Nebenfiguren keine besonderen Highlights. Action und Schnitt sind flott, viele Späße sorgen für Unterhaltung.

Der Soundtrack ist hinsichtlich des Figurenidols Zorro an spanische Western angelehnt. Flottes Mariachi-Gedudel, das das Tempo des Films stets hoch hält. Wie die meisten animierten Filme bietet auch dieser hervorragendes 3D. Der Effekt ist stark und kommt in zweierlei Hinsicht zur Geltung. Zum einen gibt es sehr viele Szenen, in denen die Figuren an tiefen Abgründen stehen. Etwa, wenn es zum Gold in den Himmel hinauf geht oder sie versuchen, der Gans auf einer einstürzenden Brücke zu entkommen. Zum anderen gibt es jede Menge Gegenstände, Pfoten und Degen, die in Richtung der Kamera fliegen und somit förmlich aus der Leinwand herausragen. Verglichen mit anderen Animationsfilmen des Jahres reiht sich der Kater etwa qualitativ in der Mitte ein. Der Film ist nicht einmal ansatzweise so ungewöhnlich wie Rango mit Johnny Depp, dafür aber interessanter als Gnomeo & Julia. In Sachen Action hat er keine Chance gegen die spektakulären Cars 2 und Kung Fu Panda 2, übertrumpft aber den schwachen Milo und Mars. Auch die Action in Tim & Struppi: Das Geheimnis der Einhorn ist besser, doch dafür lässt der Kater den matt blickenden Tim stramm stehen.

Fazit:
Voila – der beliebte Kater aus den Shrek Filmen glänzt in seinem ersten eigenen Film. Als tierischer Zorro-Verschnitt erfüllt er alle Erwartungen, ist er doch ebenso lustig wie niedlich. Die übrigen Figuren seiner Geschichte sind leider schwach, doch die Überpräsenz des Katers lässt darüber hinweg sehen. Will man nur ihn sehen, und das dürfte ohnehin der Hauptgrund sein, den Film sehen zu wollen, ist es ein angenehm kurzweiliger Animationsspaß.

6/10

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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