BG Kritik: „Hellboy – Call of Darkness“
Nimue (Milla Jovovich) ist eine Jahrtausende alte Meisterhexe, die zur Zeit von Königs Artus besiegt, zersägt und dann häppchenweise an geheimen Plätzen versteckt worden ist. Natürlich gäb’s keine nennenswerte Story ohne Wiederaufstehung, also basteln ihre Diener sie in der Gegenwart wieder zusammen, damit die Chefin die Welt erobern kann. Aufhalten soll sie nun ein roter Dämonenklotz namens Hellboy, der als Kind von Menschen adoptiert worden ist und es sich zum Job gemacht hat, bösartige Bedrohungen zu Klump zu kloppen.
Hellboy: Call of Darkness (2019)
Originaltitel: Hellboy
Regie: Neil Marshall
Mit: David Harbour, Jin von Lost, Milla Jovovich, Ian McShane
Hellboy? Moment, da war doch mal was. Richtig, es gab schon mal zwei Hellboy Filme. „Hellboy“ und „Hellboy: Die goldene Armee“, beide von Guillermo del Toro und mit Ron Perlman. Das hier ist jetzt ein Reboot, aber einer der sonderbarsten der letzten Jahre. Mit David Harbour, dem Sheriff aus der „Stranger Things“ Serie gibts zwar einen neuen Mann unter dem roten Latex, doch so wirklich groß anders schaut er nicht aus, auch gibt er sich weitestgehend ähnlich. Äußerst seltsam auch ein Flashback zurück zu Hellboys Ursprung, der den des ersten Films fast nahezu identisch kopiert, samt Nazi-Superkrieger Kroenen und dem Zauberer Rasputin, die beide ausschauen wie zuvor. Weiterhin erlebt der Rote hier ein völlig neues Abenteuer – anstatt wieder hinter dem Dämonenhund Sammael herzujagen, reist er statttdessen durch diverse europäische Länder, kämpft gegen Ungetüme und sucht grummelnd besagte Superhexe, also hätte es auch locker Teil 3 sein können. Zwar gibt es kleinere Kanon-Abweichungen – so mischt im Ursprung Supersoldat Lobster Johnson mit und sein Ziehvater ist anders entwickelt – aber wenn man sich nicht ganz präzise erinnert, könnte der hier durchaus zum Bisherigen passen.
Was ihn merklich von den ersten beiden Teilen unterscheidet, ist eine gewisse kreative Entscheidung. So verbrachte der Perlman-Hellboy viel Zeit damit, hinter seiner Jugendliebe Liz herzujammern. Im ersten war er eifersüchtig, dass sie sich mit einem anderen Menschen gut verstand, im zweiten gings so allmählich gen Familienplanung. Der neue Regisseur Neil Marshall („The Descent“, „Doomsday“) hält gar nichts darauf und überlässt den Harbour-Hellboy nur eins: badassige Action mit vielfältigen Monstern. Also gibts dieses Mal keine Freundin, nur Monster nach Monster nach Monster, die technisch oft schlecht, konzeptionell aber interessant umgesetzt sind. Dieser neue Fokus ist dann auch nicht unbedingt die schlechteste Wahl, da gerade die Freundinthematik stets den Schwachpunkt der ersten Filme darstellte. Del Toro wollte es zur Vermenschlichung nutzen und als interessanten Kontrast zu Hellboys sonstigen Merkmalen, doch es bremste die Charakterdynamik jeweils ungemein. Dass der neue Film recht rasant von Ort zu Ort bretzelt, macht ihn wesentlich kurzweiliger und zu nettem B-Movie-Kino.
Harbour macht Spaß, die Actionszenen sind alle solide inszeniert und Milla Jovovich weiß ganz genau, in was für eine Art Film sie da ist. Wer was neues sehen wollte, kriegt das. Hellboy kämpft im mexikanischen Wrestling, in einem laufenden Haus und gegen mehrere Riesen, die an Skyrim erinnern. Dass der Film von diversen Kritikern höllisch als schlechtester Film des Jahres zerrissen wurde, ist fraglos übertrieben unsinnig, auch wenn die Rückkehr des Roten mit vielen Problemen behaftet ist. So wird die Kurzweiligkeit der Kampfszenen durch teils drittklassiges CGI gestört und fallen im Grunde alle Nebenfiguren belanglos aus. Der Griff hin zu teils arg blutigen Szenen geschieht ebenso plump wie so manch versemmelter Oneliner, der Hellboy gern zu einem neuen Snake Plissken machen würde. Die Musikwahl ist ein ständiges Rätsel, da meistens irgendein leichter Rock eingespielt wird, der zu gar nichts passt oder höchst banal auszudrücken versucht, wie anarchisch gleichgültig Hellboy die Pampa rockt, und es bleibt bei allem nicht aus, die Unterschiede in den Regiequalitäten zu sehen. Del Toro ist einfach ein Regisseur höherer Klasse, und einem rauen Grobian wie Marshall passt es nicht, an die Fesseln nötiger Kommerzialisierung gebunden zu sein.
Komisch ist, dass Hellboy Schöpfer Mike Mignola diesen Film als näher an seiner Vision bezeichnet. Man muss nur durch die minimalistisch großartig gezeichneten Bände blättern um zu sehen, dass zwischen Film und Comic wahre Welten liegen. In den Comics ist Hellboy oft allein unterwegs, wird von atmosphärischen Gegenden beeindruckt und trägt jede Menge Melancholie mit sich herum. Er ist ein dämonischer Odysseus auf langer, schwermütiger Reise. Diese neue Verfilmung hingegen ist 0815 CGI-Monsterradau im Spirit von den Jason Dark Groschenromanen proteinshake-gemixt mit Limp Bizkits „Break Stuff“.
Fazit: „Nicht so schlecht wie gedacht“ wird wohl die allgemeine Hauptresonanz sein, gekoppelt mit „hätten sie sich aber auch irgendwie sparen können“. Ob der geplante dritte Teil „Hellboy: Die Bestie der Apokalypse“ der bessere Film geworden wäre, werden wir wohl nie erfahren, aber dieser Ruf der Finsternis muss sich vor nichts verstecken. Ein Film, an den sich niemals einer erinnern wird, der keine Sequels kriegen wird, der aber auch harmlos ist und als brauchbarer Zwischensnack zu RICHTIGEN Filmen wie „Godzilla 2: King of the Monsters“, „Avengers: Endgame“ und „John Wick 3: Parabellum“ fungiert.
4,5/10
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