BG Kritik: „Iron Man 2“

15. Mai 2010, Christian Mester

Viele neue Probleme für Multimilliardär und Iron Man Tony Stark (Robert Downey Jr.): das Palladium seines Magneten führt langsam zu einer tödlichen Vergiftung; das US-Militär versucht händeringend, die Technologie seines Anzuges für sich zu beanspruchen; ein aalglatter Konkurrent (Sam Rockwell) will seinen Platz einnehmen und ein rachsüchtiger Wissenschaftler (Mickey Rourke) verlangt seinen Tod.

IRON MAN II (2010)
Regie: Jon Favreau
Cast: Robert Downey Jr., Mickey Rourke

Kritik:
Als „Iron Man“ 2008 mit über 150 Millionen Dollar Budget das Licht der Welt erblickte, war es ein eigentlich recht riskanter Versuch. Weltweit gehörte die Figur des stählernen Kriegers zu den wohl eher unbekannteren Comic-Helden, Hauptdarsteller Robert Downey Jr. nicht gerade zu den Blockbuster-Garanten; dass der bis dato gebundene Megastar Tom Cruise abgesprungen war, machte es nicht unbedingt leichter. Das Wagnis ging jedoch auf. „Iron Man“ eroberte die Herzen der Welt und etablierte sich als lustiger und actionreicher Popcorn-Spaß. 2010 folgt nun das heiß ersehnte Sequel, das im Großen und Ganzen wie eine harmonische Fortführung des ersten Teils wirkt.

Man merkt, dass (fast) alle Beteiligten wieder dabei sind und der Film selbstsicher auf alle vorherigen Stärken setzt. Zentrum ist Robert Downey Jr., der den exzentrischen Multimilliardär einmal mehr als selbstverliebtes, kindisches Genie mimt und einen Heidenspaß darin hat, in allem der beste zu sein und gleichzeitig angehimmelt und beneidet zu werden. Eine Paraderolle für Downey, der sich sichtlich wohl fühlt und den arroganten Schelm erneut zu einer äußerst sympathischen Figur macht. Ebenfalls überzeugt Jon Favreau wieder einmal hinter der Kamera, der als Regisseur selbstsicher, stilistisch und technisch wunderbar an seinen Erstling anküpft. Nicht alles glänzt jedoch; poliert man etwas, kommt hier und da unnötiger Rost zum Vorschein.

“Iron Man II“ geht auf Nummer sicher und erzählt im Grunde „nur“ eine Variation der bereits gezeigten Geschichte. Im ersten Film baute Tony sich etwas um zu überleben – einen Magneten, hier ist es ein Update. Ein brillanter Wissenschaftler wurde im ersten von Terroristen gefangen genommen und baute mit allen verfügbaren Mitteln insgeheim einen Panzeranzug – im ersten war es Tony, hier Vanko. Dritter Punkt: Tony wird von einem machtgierigen Branchenkollegen reingelegt – im ersten war es Jeff Bridges, hier Sam Rockwell. Man werfe ein paar Kaspereien, schöne Frauen, Nick Fury und zwei Actionszenen rein und fertig ist „Iron Man“ 2.0? Die neue Version kann sich zwar durchaus sehen lassen, birgt aber noch einige Bugs. Ein Problem wäre, dass „Iron Man II“ überfüllt wirkt. Der Vierfrontenkrieg gegen Vanko, Hammer, dem US-Militär und seiner Krankheit wird zuviel. Schlimmer als das ist jedoch die Tatsache, dass nichts davon emotionalen Einfluss auf Tony und die Zuschauer hat.

Eine der besten Szenen des ersten Films war der Moment, in dem Obediah Stane (Jeff Bridges) Tony Stark betäubt und den Generator aus dessen Brust zieht. In dieser Szene spürt man Tony’s Leid, man fühlt den Hochverrat des Freundes, man sieht die brennende Machtgier des geldversessenen Geschäftsmannes, der für seine Sache über Leichen geht. Alle diese drei Aspekte sind auch Thema des neuen Films, hinterlassen hier aber keinen Eindruck. Der neue geschäftliche Erzfeind Justin Hammer ist als schmieriger Mistkerl vortrefflich gespielt vom großartigen Sam Rockwell, doch so lustig und aalglatt er auch sein mag, versprüht Hammer nie echte Gefahr. Dasselbe kann man über Starks drohende Krankheit sagen, die ihm nie wirklich bedrohlich wird. Was konfliktreiche Freundschaft betrifft, versucht „Iron Man II“ einen Zwist zwischen Tony und seinem angeblich besten Freund Rhodey (großer Makel: sowohl im ersten als auch zweiten Film glaubt man keine Minute, dass diese beiden Figuren langjährige beste Freunde sind; Tony hat bessere Chemie mit Nick Fury und Black Widow) und einen zwischen Tony und der vernünftigen Pepper Potts aufzubauen. Auch diese beiden Brandherde werden salopp abgetan und nie ernsthaft zum Problem. Tony und Rhodey zoffen sich zwar destruktiv in zwei Panzeranzügen, doch so sehr es da auch krachen mag, Tony und letztendlich man selbst als Zuschauer zuckt zwar recht gut unterhalten, aber unberührt mit der Schulter, hat eine Frage.

Was ist mit Vanko? Die wohl beste Szene des zweiten Films ergibt sich gegen Filmmitte, als Ivan Vanko (Mickey Rourke) ein Autorennen betritt und Tony mit Laserpeitschen angreift. Eine aufregende, spannende und stylische Actionszene, die kurz darauf auch schon wieder missen lässt. Vanko schraubt und bastelt ab dann bis Ende im Kämmerlein und taucht nur noch einmal kurz auf, um dann enttäuschender Weise innerhalb einer Minute besiegt zu werden (der Showdown ist wesentlich kürzer als im ersten Film). Dazwischen gibt es zwei Actionszenen mit Iron Man gegen einen älteren Iron Man Suit und zwei Iron Men gegen eine Armada Roboter, doch die beiden Szenen hauen weder rein, da es emotionslose Blechduelle sind, noch sind sie etwas Besonderes. Es ist schade, da Rourke als Vanko eine tolle Präsenz hat und wesentlich mehr drin gewesen wäre. Mit ihm hatte man das Zeug zu einem denkwürdigen Comic-Bösewicht, doch lange Erinnerungen bleiben seiner zu oberflächlichen Figur leider verwehrt. Überfrachtet ist die Geschichte auch deshalb, da Comic-Filmstudio Marvel unbedingt Verknüpfungen zu anderen Comic-Filmen aufbauen muss.

So trifft Tony auf Black Widow (Scarlett Johansson), erneut auf Nick Fury (Samuel L. Jackson), es werden andere Superhelden angedeutet und gezeigt und überhaupt ist kaum zu übersehen, dass man 2012 „Avengers – Die Rächer“ im Kino haben wird, jenen Superhelden-Treff mit dem Hulk, Captain America usw.. Der Punkt ist, dass die Beigabe all dieser Fanwinks der Story von „Iron Man II“ nicht hilft. Nick Fury und Black Widow helfen Tony, doch beide Charaktere sind für die Geschichte des Films überflüssig. Spannender wäre es, wären sie nicht vorhanden. Scarlett Johansson sieht als Agentin zwar umwerfend aus und schlägt sich auch passabel in einer kleinen Actionszene, doch das Gefühl bleibt, dass sie eigentlich in einen anderen Film gehören. Besonders kurios dürfte die Inklusion für all die jenigen sein, die mit den Namen nichts anfangen können. Wer die Nach-Abspannszene des ersten Films nicht gesehen hat, kennt Fury beispielsweise nicht. Umso merkwürdiger dürften dann Diskussionen über eine ominöse Avenger-Initiative sein, die für den unwissenden Zuschauer überhaupt keinen Sinn macht (eine geheime Organisation von Superhelden versucht Tony Stark zu ihresgleichen zu machen. Eine Tatsache, die der Film durchaus deutlicher erklären könnte).

Es fällt auch auf, dass Tony in seinem neuen Abenteuer selbst kaum Veränderungen durchmacht. Im ersten Film wandelte er sich vom gleichgültigen Waffenhersteller zum mutigen Helden. Im zweiten Film ist er ein mutiger Held und bleibt es. Es wird auch die Chance vertan, die Bindung zu seiner besten Freundin Pepper zu intensivieren; oder auch, Tony als Frauenheld auf Black Widow anzusetzen. Trotz all der inhaltlichen Schwächen – was unsere Drehbuch-Kritik vor einigen Wochen bereits andeutete – ist „Iron Man II“ trotzdem ein hervorragender Popcorn-Blockbuster geworden. Der Film ist mit zahlreichen amüsanten Momenten gespickt, die Actionszenen passen, AC/DC dezibelt stimmig aus den Boxen und die Effekte von ILM sind durch die Bank weg hervorragend; die Kritik sagt nicht aus, dass „Iron Man II“ nicht gut ist – er ist toll, aber nicht grandios, was er hätte sein können. Ein „Iron Man III“ darf gerne folgen.

Fazit:
“Iron Man II“ wirkt wie eine Verlängerung des ersten Films. Technisch, schauspielerisch, regietechnisch erstklassige Unterhaltung nach Maß des Vorgängers, doch inhaltliche Schwächen nagen am Gesamteindruck. Wer den Vorgänger mochte, wird auch diesen mögen, wird allerdings nicht wie erhofft aus den Schuhen geblastet.

6/10

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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