BG Kritik: „Black Dynamite“

13. September 2010, Christian Mester

Als sein Bruder sein Leben verliert, krempelt der supertoughe Ex-Cop Black Dynamite (Michael Jai White) die Ärmel hoch: eine Verschwörung ist im Gange, die es mit Nunchakus aus diversen Handlangern herauszudiskutieren gilt…

BLACK DYNAMITE (2010)
Regie: Chris Sanders
Cast: Michael Jai White

Kritik:
Blaxploitation wird heutzutage nur noch wenigen ein Begriff sein, da es als Subkultur des US-Actionkinos längst ausgestorben ist. In den 70ern gehörte es zu einem äußerst populären Untergenre von günstig gemachten Actionfilmen, in denen es hauptsächlich (oder gar ausschließlich) schwarze Darsteller zu sehen gab, die in fast allen Fällen übertrieben ernste Milieugeschichten spielten. Zumeist mimten sie harte Macho-Knochen, die sich entweder mit dem Gesetz, oder als Gesetzeshüter mit Zuhältern, Prostituierten und anderen niederen Kriminellen anlegten. Gewalt und Testosteron wurden zelebriert und der damals aufkommende Kung Fu Hype mitgenommen, das ganze jedoch oft mit äußerst spartanischen Mitteln umgesetzt. Das Resultat? Oftmals krude, amateurhafte Filme, die jedoch ihren ganz eigenen Charme hatten und für ihre selbstironischen, fast cartoonhaften Töne beliebt waren.

Die berühmtesten Filme der Reihe, „Shaft“, „Coffy“, „Cleopatra Jones“, „Foxy Brown“, „Superfly“, „Sweet Sweetback’s Baadasssss Song“ und „Blacula“ werden heute vor allem von Quentin Tarantino als große Inspiration gezählt (Pam Grier, Hauptdarstellerin aus „Jackie Brown“ war Star vieler Genretitel). Beliebt waren sie auch bei Martial Arts-Legende Michael Jai White („Universal Soldier 2“, „Spawn“), der sich vor zwei Jahren hinsetzte und „Black Dynamite“ schrieb, einen Film, der zugleich Parodie und Hommage der goldenen Trash-70er sein sollte.

Als Tribut an dieser C-Movies ist „Black Dynamite“ eine Wucht – und weit authentischer als die beiden modernen 70er-Grindhouse-Streifen „Death Proof“ und „Planet Terror“. Der Film erfüllt alle Stilmittel seiner Ära: überkandidierte Farben, Afros en masse, funkige Tracks, Mikros, die im Bild hängen und wabernde Kamera-Zooms, die schon in Filmen wie „Boogie Nights“ und „Austin Powers“ zur Geltung kamen. Während der gezielte Materialverschleiß in beiden Grindhouses gekünstelt wirkte, lässt Regisseur Chris Sanders die Makel seines Films natürlicher erscheinen.

Stellt sich die Frage, wieso man 2010 ausgerechnet eher schlechte Filme nachahmen sollte. „Black Dynamite“ ist nun keine totale Parodie auf seine Vorlage ala „Scary Movie“, besser wäre zu sagen, es sei ein gezielt alberner, moderner Vertreter, der sich selbstironisch keine Minute ernst nimmt (Dynamite wacht beispielsweise in einem Bett mit drei Frauen auf, die ihm sagen, es sei die beste Nacht ihres Lebens gewesen; Dynamite – mit epischem Schnurrbart – entgegnet, dass sie ruhig sein sollen um die anderen zwei (!) Frauen im Bett nicht zu wecken) und von Sanders trotz aller bewussten Mängel kompetent inszeniert ist. Als kantiger Black Dynamite überzeugt Michael Jai White auf der gesamten Linie. Zum ersten Mal kann er zeigen, dass er mehr ist als ein außerordentlich durchtrainierter Kampfsportexperte und darf als übertrieben ernster Dirty Harry-Verschnitt echtes Comedy-Talent und gutes Timing zeigen. Recht lustig ist auch die Handlung selbst, die in einem der abstruseren Showdowns der letzten Jahre endet und mit zahlreichen Gags gespickt ist. Da es letzten Endes Hommage eines Action-Genres ist, darf auch die natürlich nicht fehlen. „Black Dynamite“ ist insgesamt zwar nicht allzu actionlastig, setzt dafür jedoch auf amüsant bescheuerte Auseinandersetzungen, in denen mit Augenzwinkern von den Bruce Lee Streifen abgeschaut wird.

Der Kamm im Afro? Um Spaß an „Black Dynamite“ haben zu können, muss man Blaxploitation zwar nicht näher kennen, aber schon eine gewisse Affinität für überpräsente Macho-Coolness mitbringen; einen Samuel L. Jackson sollte man mögen. Dazu kommt, dass sich die Stilelemente des Films endlos wiederholen – Kameraeinstellungen, Musik und Oneliner sind sich oftmals so ähnlich, dass man irgendwann den Eindruck bekommt, es sei ein Sketch oder Kurzfilm, der auf Spielfilmlänge gestreckt wurde. Da „Black Dynamite“ aber nur flotte 80 Minuten geht, fällt das nicht weiter auf.

Fazit:
Blaxploitation-Kenner legen ein smoothen Jive mit Swagger hin und nennen „Black Dynamite“ ein Geschenk Gottes. Kennt man die Vorlage nicht, sollte man sich im Vorfeld den Trailer ansehen – der Humor des Films funktioniert nur auf eine ganz spezielle Weise, auf diese aber vortrefflich.

8 / 10

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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