BG Kritik: „Rob Zombie’s Halloween“

12. September 2014, Christian Mester

Nachdem der zehnjährige sadistische Michael Myers gleich mehrere Morde in der Halloween-Nacht begeht, steckt man ihn unter Aufsicht des berüchtigten Psychiaters Dr. Loomis (Malcom McDowell) in eine geschlossene Anstalt. Rund fünfzehn Jahre später gelingt dem derweil zu einem Hünen gewachsenen Soziopathen (Tyler Mane) die Flucht…

Regie: Rob Zombie
Mit: Scout Taylor Compton, Tyler Mane

Kritik:
Nachdem schon Remakes zu The Ring, The Amityville Horror und The Texas Chainsaw Massacre das US Box Office in Flammen gesteckt hatten, war man auch im Hause Akkad eines Tages der Meinung, diesen Schritt gehen zu müssen. Der Neubeginn sollte ihre langlebige Slasherreihe für viele weitere Jahre auffrischen, was in der Branche aber auf gewaltige Skepsis stieß. Der allgemeine Unmut schwand schnell, als man den Namen des gewählten kreativen Kopfes enthüllte: Rob Zombie. Der bärtige Horrornostalgiker aus den USA hatte sich erst kurz zuvor einen Namen mit den sehr originellen Filmen Haus der 1000 Leichen und The Devils Rejects gemacht und galt als eigensinniger, origineller, potenter Kontrast zum neumodischen Hochglanz-Horrorkino der Moderne.

Dass Zombie das Genre liebt, zeigt sich schon in der Besetzungsliste, die mit zahlreichen Urgesteinen alter B-Movie Kamellen gespickt ist und jedem Kenner ein Schmunzeln ins Gesicht treibt: Malcom McDowell, Danny Trejo, Sid Haig, Bill Moseley, Ken Foree, Leslie Easterbrock, Sybil Danning, Udo Kier, Brad Dourif, Clint Howard, Tom Towles, William Forsythe; die Liste der Gaststars liest sich wie das Programm einer typischen Horror-Convention.

Leider darf man schon in den ersten Minuten des Films bemerken, dass Zombie bei aller Fanliebe niemals wirklich verstanden hat, wieso John Carpenters Halloween seinen legendären Status überhaupt bekommen konnte. In beiden Fassungen mag es dieselben Figuren und dasselbe Grundkonzept „maskierter Irrer jagt Familie, Arzt kommt zu Hilfe“ geben, es sind jedoch die Feinheiten, die Zombie grundlegend ignoriert. In diesem Fall fängt es schon damit an, dass Rob Zombie anfangs zu erklären wagt, wieso Myers so gern mit dem Küchenmesser hantiert. War es im Original maßgeblich, dass ein anscheinend normales Kind aus gutem Hause urplötzlich zum stummen Mörder wird, zeigt die Neuauflage, dass der Junge bloß ein gewissenloser Sadist ist. Es ist linear und vorhersehbar, denn er wächst in einem desolaten White-Trash Elternhaus auf, in dem sich jeder unentwegt mit tiefster Gossensprache beleidigt und die einzig gute Seele eine Stripperin ist (gespielt von Rob Zombies Ehefrau Sheri Moon-Zombie). Eine schrecklich nette Familie mit Charles Manson als Al Bundy.

Tiefpunkt seines Unverständnis für angebrachte Melodramatik ist eine Szene, in der der kleine Myers traurig und alleine vor seinem Elternhaus sitzt und Nazareths kitschiger Kuschelrock-Song „Love Hurts“ jaulend plärrt, während Mama Myers in einem herunter gekommenen Stripclub die Beine hebt. Was Zombie hier als fesselnde, einfühlsame Dramaturgie aufstacheln will, erntet allenfalls in Gelächter, greift nicht.

Der (viel zu lange) Prolog verkommt zu einer endlosen Aneinanderreihung von „F#cks“ und gipfelt in mehreren brutalen Morden, die Zombie wie in The Devil’s Rejects inszeniert: langsam, brutal, voyeuristisch. Der Film, der ebenfalls schonungslos zur Sache ging und von drei anderen Serienkillern handelt (die alle drei Rollen in diesem Film haben, als Wärter, Stripper-Mom und Friedhofsgärtner) bestach seinerseits jedoch dadurch, dass Zombie die drei kaltblütigen Mörder als interessante Schreckgespenster portraitierte und ihnen Raum gab, schauspielerisch zur Geltung zu kommen. Der junge Myers wird nun von einem nur geringfügig talentierten Jungen namens Daeg Faerch gespielt, der trotz offener Kehlen und eingeschlagener Köpfe kein bisschen schaurig oder gefährlich wirkt. Es fällt schwer, ihn als respektable Gefahr zu sehen, wenn er mit seiner Michael Myers-Maske bei 1.40m Körpergröße aussieht, als sei er Liebling, ich habe Michael Myers geschrumpft entsprungen.

Dreh- und Angelpunkt beider Zeiten ist Malcom McDowell, ein eigentlich hervorragender Schauspieler (Uhrwerk Orange), der das prinzipiell einfache Erbe von Donald Pleasence nicht fortsetzen kann. Dessen Figur Loomis hatte im Grunde die Aufgabe, die Brisanz des Michael Myers zu pushen und als dessen Abraham van Helsing zu fungieren. Zombie schreibt die Figur jedoch um, verringert den Fanatismus und raubt ihm damit jeglicher Sympathie. Dieser Loomis hat keine besondere Verbindung zu Myers, er ist lediglich ein Psychiater, der an dem Kult um Serienmörder Myers dreist mitverdient und Schadensbegrenzung ausübt. Das macht ihn zu einer recht langweiligen Figur, an die sich in den nächsten 20 Jahren wohl niemand erinnern wird.

Am besten kommt noch Ex-Wrestler Tyler Mane vom Wrack weg, der zwar kein einziges Wort spricht, als erwachsener Myers aber zumindest reichlich bedrohlich wirkt. Nach dem Rob Zombie Pilchner Opening, das etwa die Hälfte des Films einnimmt, geht es im Vergleich zu den anderen Filmen der Reihe dann erst spät typisch weiter. Myers fängt an, diverse Menschen umzubringen und arbeitet sich dabei immer weiter zu seiner Schwester vor (Scout Taylor-Compton) die nichts von ihrer Verbindung zu ihrem Bruder weiß und später lange um ihr Leben rennen darf. Viele, die den ersten Abschnitt des Films nicht mögen, finden diesen späteren Teil noch gut, da er sich sehr nah an den alten Teilen orientiert. Weil es aber so lange dauert bis Laurie eingeführt wird, wirkt ihre Rolle unwichtig und wie eine gerade mal leicht verlängerte Nebenrolle. Taylor-Compton kreischt sich zwar mühevoll durch den langen Showdown, kann ihre Rolle aufgrund des leeren Scripts aber zu nichts machen. Der viel zu lange Endkampf findet in einem alten Haus statt, in dem es gefühlte zwanzig Szenen gibt, in denen Myers minutenlang durch Wände oder Decken gebrochen kommt als wäre es der Lou Ferrigno Hulk oder B.A. vom A-Team.

Man muss Zombie zumindest zugestehen, dass der Film klasse aussieht, die Ausstattung hervorragend ist und auch Myers neueste Maske einer der besten ist. Es ist ihm jedoch nicht zu verzeihen, wie anstrengend der Film ausfällt. Mal abgesehen von den vielen unsympathischen Charakteren, die sich unentwegt beleidigen oder oberflächlich bleiben, ist das gesamte Geschehen ohne Spannung inszeniert. Statt Spannung setzt Zombie auf puren Terror ala High Tension, und nachdem gleich drei Frauen oben ohne Bekanntschaft mit Myers Küchenutensilien machen, fängt es an, sich zu wiederholen. Zombie will schockieren, die Angriffe des 2m Myers als eindrucksvoll und schrecklich darstellen, doch all der Terror führt nirgends hin.

War das Original eine dezente kleine Horrorgeschichte mit viel Spannung und denkwürdigen Figuren, ist Rob Zombies Neuauflage eine gnadenlose Vorschlaghammer-Version, die daran zerbricht, dass keiner der Charaktere interessant ist.

Fazit:
Als Teil der Halloween-Saga ist Rob Zombies Version eine Katastrophe, da sie vollkommen ohne Spannung auskommt, schrecklich vorhersehbar ist und alle denkwürdigen Figuren verfehlt. Als Einzelfilm ist es ein relativ akzeptabel gemachter, aber fürchterlich anstrengender Terrorstreifen ala The Last House on the Left, dessen Gewaltgrad keine Minute davon ablenken kann, wie belanglos alles wirkt.

3 / 10

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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