BG Kritik: „Ungeheuer ohne Gesicht“

9. Dezember 2019, Christian Mester

Seltsame Vorfälle ereignen sich im Umfeld eines Armeestützpunktes mit anliegendem Kernkraftwerk. Grausige Leichen werden gefunden, deren Hirne ausgesaugt scheinen. Der resolute Major Cummings hat schnell genug davon und muldert der Sache nach…

Fiend without a Face (US, 1958)
Regisseur: Arthur Crabtree
Cast: Marshall Thompson, Kim Parker

Was mit Victor Frankenstein und Dr. Jekyll und Mr. Hyde begann, war später ein typischer Bestandteil vieler Science-Fiction-Horrorfilme. Wahnsinnige Wissenschaftler, die bei der Gier nach bahnbrechenden Entdeckungen töricht Moral und Vernunft hinter sich lassen, die Grenzen des Möglichen überwinden und damit fahrlässig unvorstellbare Gefahren hervorbringen.

Einen solchen gibt es auch in diesem britischen Monsterklassiker aus den späten 50ern, allerdings ist der Macher selbst mal nicht der Star. Der Fokus liegt vielmehr auf dem ambitionierten Militärschnüffler, der die schaurigen Funde untersucht. Das Konzept, basierend auf einer Kurzgeschichte aus den 30ern, ist astreines Outer Limits oder Akte X Monster of the Week Material. Absurd seltsame Morde und ein fantastisches Grauen sorgen für gepflegtes Gruseln, und da Crabtree die Monster bis zum letzten Akt unsichtbar belässt, darf man selbst schaudern, wie sie wohl aussehen mögen.

Was dann passiert, darf für damalige Zeiten überraschen. Die Monster sind nämlich krabbelnde Gehirne an Rückraten, mit zwei schneckenartigen Stielaugen. Wie die Facehugger aus Alien springen sie ihre Opfer an und saugen sie aus, was im Vergleich zu vielen anderen Monstertiteln der Zeit einige Stufen schauriger erscheint. Deftiger als bei den Kollegen ist auch der Umgang mit den später vielen Unholden, da sie reihenweise in Stücke geballert werden. Gerade das Finale wird dann sehr gore-lastig, wenn dutzende der Fiends ein Haus mit Armeepersonal belagern.

Der Held der Story wird gespielt von Marshall Thompson, dem späteren Haupttierarzt der Afrika-Serie Daktari. In seiner Rolle als Ermittler ist er ungemein charismatisch, man sieht ihm aber an, dass er lieber was anderes gemacht hätte. In jeder Szene, in der die Sekretärin des wahnsinnigen Wissenschaftlers gespielt von Kim Parker auftaucht, scheint er tatsächlich verknallt in diese zu sein, so sehr wie es da funkt. Parker, die lustigerweise auch noch in einem anderen Film namens Der Mann ohne Körper mitgespielt hatte, hat optisch ein wenig was von Audrey Hepburn und ist ebenfalls unterhaltsam und sich auch nicht zu schade, sich von Monsterhirnen oder Monsterhirnblut beschmutzen zu lassen. Wieso sie also nur einen Film später ihre Schauspielkarriere komplett an den Nagel hing, ist schwer begreiflich.

Crabtrees Regie ist interessant, denn er verfilmt dieses starke B-Motiv nicht übertheatralisch, sondern versucht sich regulär an einer spannenden Inszenierung. So fallen die ersten Angriffe der Hirne, begleitend von ekligem Geschmatze und Geklopfe auch durchaus gruselig aus, und dass die Helden später von Gummihirnen beworfen werden, wird nie unfreiwillig komisch. Die Hirne selbst wurden übrigens in einem deutschen Studio per Stop-Motion zum Leben gebracht und lassen vielleicht über ihr Konzept lachen, doch sieht man sie in Aktion, will man keins davon im Nacken kleben haben. Hier auch wieder Bestandteil der Handlung: Menschen hantieren mit Radioaktivität und beschwören damit etwas Monströses hervor – genau wie bei Godzilla oder Them.

Fazit:
Fiend without a Face hat einen wunderbar reißerischen 50er Jahre Monsterfilm-Titel und eine Story, die sich 2014 abgesehen von den Megashark Machern wohl niemand zutrauen würde. Der Film ist keiner der „großen“ der Zeit, aber ein schönes Beispiel für absurd erscheinenden Sci-Fi-Horror Trash, der als regulärer Film überzeugt.

6,5 / 10

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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