BG Kritik: „Babylon A.D.“
Der Osten in einigen Jahren: Toorop (Vin Diesel) ist ein abgebrühter Söldner, der schon alles gesehen hat. Tag für Tag lebt er in einer verfallenen Gegend, in der es scheinbar immer regnet und das Überleben zum harten Alltag gehört. Eines Tages bekommt er einen besonderen Auftrag: er soll eine junge Nonne und ihre Begleiterin (Michelle Yeoh) sicher von Russland nach New York bringen.
Hört sich zunächst leicht an, doch schon bald versuchen gewisse Interessengruppen die Kleine in ihre Gewalt zu bekommen. Was Toorop vorerst nur ahnt wird bald zur Gewissheit – sie birgt ein Geheimnis….
BABYLON A.D. (2008)
Regie: Mathieu Kassovitz
Cast: Vin Diesel, Michelle Yeoh, Lambert Wilson, Mark Strong
Kritik:
Der neue Vin Diesel fängt zwar sehr vielversprechend an, doch ein völlig absurdes Ende schmälert den Gesamteindruck.
Mathieu Kassovitz ist ein talentierter Filmemacher aus Frankreich, was er mit seinem ersten größeren Film „Die purpurnen Flüsse“ eindrucksvoll beweisen konnte. „Gothika“ danach war nicht ganz so gut, doch Kassovitz hatte während der Produktion auch mit erhebliche Problemen mit seinen Produzenten zu kämpfen. Die Verfilmung des Romans „Babylon Babies“ sollte jetzt sein bisher größter Film werden, mit größtem Budget und hoher kreativer Freiheit. Auch Vin Diesel erwartete sich viel davon – nach „Riddick“ hatte er sich erneut auf eine atmosphärische, große Geschichte mit markantem Helden gefreut.
Das ist sein Toorop in der Tat. Sehr überzeugend spielt er den kernigen Söldner, der mehr Schlimmes gesehen und gemacht hat als manch anderer. Im Gegensatz zu seinen Figuren Xander Cage und Dom Toretto ist Toorop mal kein sprücheklopfender Adrenalinberg, sondern ein zynischer, doch verhalten agierender Krieger. Er weiß sich durchzusetzen, arbeitet jedoch schnell und kompromisslos, hat keine Zeit und keinen Glauben für Freundschaften. Selbst für seine Begleiter hat er anfangs nur wenig Sympathien, kommt er doch aus einer Welt in der man niemanden trauen kann und jeder für ein paar Groschen oder Essen zum Töten bereit ist.
Yeoh und Thierry haben typische Rollen, schaffen es aber, ihnen eine eigene Note zu verleihen. Besonders Thierry hat gute Chemie mit Vin und ist mehr als nur laufende Dekoration. Insgesamt ist es mal sehr zu begrüßen, dass ihr Miteinander nicht mit einer obligatorischen Love-Story ausgereizt wird. Optisch kann sich Babylon A.D. sehen lassen. Ob es jetzt die dreckigen Slums in Osteuropa, die obskuren Techno-Clubs in Russland, Schneelandschaften in Alaska oder aber das moderne New York sind, alle Örtlichkeiten sind detailliert gestaltet und bieten Abwechslung für das Auge. Die Setdesigner haben hier erstklassige Arbeit geleistet und lassen erahnen, welche Größe der Film erreicht haben könnte… wenn nur der Rest auch so groß wäre.
Problematisch ist, dass die Story ebenfalls groß und umfangreich sein will, aber darin ziemlich versagt. Score und Bilder sprechen dafür, doch bis auf eine kleine nette Unterhaltung im Schnee lässt man sich überhaupt keine Zeit für echte Momente. Hastig wird von Schauplatz zu Schauplatz gewechselt, ohne dass eine der Szenen jemals intensiv auf den Zuschauer wirken kann.
Philosophische Grundsatzgespräche mit Themen wie „Wann ist ein Leben echt“ oder „Wofür lebt man“ werden aufgegriffen, aber unverständlicherweise nur in aller Kürze abgehandelt. Stattdessen scheint der Film begierig zu sein, schnell wieder zu seinen vielen Actionszenen zu kommen, wobei er filmerisch darauf gar nicht ausgelegt ist. Zwar gibt es jede Menge Verfolgungsjagden, Schießereien und Nahkampf, aber Mathieu Kassovitz interessiert sich eher weniger dafür; vielmehr nutzt er die Action jedes Mal nur als neuen Dramatikpunkt, um das Mädchen in Gefahr zu bringen.
Kaum in New York angekommen, fällt schließlich alles in sich zusammen. Als bekannt gemacht wird, wer das Mädchen jagt und was an ihr so besonderes ist, geht alles den Bach hinunter. Es treten Bösewichte auf, die aus einer drittklassigen Fernsehserie wie Mutant X stammen könnten und Charaktere werden plötzlich zu völligem Murks verändert. Auch der Rest der Handlung ist absurd, und vor allem die letzte Szene endet viel zu knapp. Die Gerüchte scheinen sich also bewahrheitet zu haben. Nach ihnen soll Diesels und Mathieus erster Cut rund 170 Minuten lang gewesen sein, was auch wohl passt, denn an vielen Stellen des 100 Minuten Films kommt es einem vor, als würden ganze Verbindungsszenen fehlen. Das Ende passt vom Schnitt her auch überhaupt nicht zum Rest, also hat das Studio hier definitiv die eigene Schere mit angesetzt. Es ist schade, denn auch wenn Babylon A.D. seine Macken hat, wäre es mit mehr Ruhe ein deutlich besserer Film geworden.
Wie man den Film auch finden wird, Vin Diesel selbst hinterlässt einen guten Eindruck. Man wünscht ihm für die Zukunft gern weitere Projekte wie dieses, anstatt weiteren Fast & Furious‘ und Konsorten, für die er viel zu schade ist. Dass B.A.D. hier derart vermurkst wurde, ist ziemliches Pech für ihn.
Fazit:
Babylon A.D. ist im Prinzip ein durch und durch brauchbarer Action-Thriller mit tollen Sets und solidem Vin Diesel, doch schlecht geschnitten und mit äußerst schwachem Abschluss. Mit gedämpften Erwartungen ein gut guckbarer Sci-Fi Actioner.
6 / 10
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