Treasure Tuesday Spezialkritik: Muppets – Die Schatzinsel

12. Mai 2020, Christian Westhus

Was hilft gegen Lagerkoller? Filme gucken! Zum Beispiel einen der ausgewählten Schätze, die wir wöchentlich beim Treasure Tuesday vorstellen. Vergessene Filme, unterschätzte Filme, alte Filme, fremdsprachige Filme. Filme, die sich lohnen, auch wenn gerade nicht die halbe Welt über sie spricht. Lagerkoller heißt auch „Lust auf Abenteuer“, warum also nicht auf Abenteuerreise mit den Muppets gehen, wenn sich Kermit und Co. „Die Schatzinsel“ vornehmen.

© Walt Disney, Jim Henson Productions

Muppets – Die Schatzinsel
(Originaltitel: Muppets Treasure Island | USA 1996)
Regie: Brian Henson
Darsteller: Kevin Bishop, Tim Curry, Kermit der Frosch, Gonzo, Miss Piggy uvm.

Was ist das für ein Film?
Es ist „Die Schatzinsel“. Mit Muppets. Oder anders formuliert: Es sind die Muppets, die „Die Schatzinsel“ spielen. Im fünften offiziellen Muppet Kinofilm übernehmen die Puppen aus der Jim Henson Company entscheidende Rollen in der Adaption von Robert Louis Stevensons Abenteuer Buchklassikers. Doch die beiden entscheidenden Rollen übernehmen Menschen: Kevin Bishop gibt sein Debüt als junger Jim Hawkins, der von einem großen Abenteuer träumt und dem mehr oder weniger zufällig eine Karte zu einem großen Piratenschatz in die Hände fällt. Also organisiert er sich Schiff und Crew, um sich zur Insel und zum Schatz zu begeben. Doch Jim wurde vor dem gerissenen Einbeinigen gewarnt. Könnte dies Koch Long John Silver sein, der ein auffällig-unauffälliges Interesse an Jim zeigt? Und warum besteht die halbe Crew aus den zwielichsten Gestalten, die ein Hafen zu bieten haben kann? Silver wird gespielt von Muppet-Fan und Legende Tim Curry, der den heimtückisch-charismatischen Profi Piraten mit meterdicker Ironie und Expressivität gibt. Und die Muppets? Diese schlüpfen in Nebenrollen. So sind Gonzo und Rizzo die beiden engsten Freunde und Begleiter von Jim Hawkins, während Kermit höchstpersönlich den als wutschnaubend-fuchsteufelswild beschriebenen Kapitän Smollett spielt. Und Muppet-Diva Miss Piggy schlüpft in die sehr, äh, frei adaptierte Rolle des Ben Gunn bzw. Benjamina Gunn (alias „Boom Shakalaka“). Logisch. Es ist „Die Schatzinsel“. Mit Muppets, reichlich schmissigen Songs, vielen Gags und noch mehr chaotischem Schabernack.

Warum sollte mich das interessieren?
Die Muppets sind ein Kulturgut, sicherlich aber auch ein Produkt ihrer Zeit. In Kombination macht sie das zu einer schützenswerten Sache. Es ist eine Aufgabe, die die nur bedingt erfolgreichen bzw. bedingt gelungenen Reboot(?) Filme („The Muppets“, 2011, und „Muppets Most Wanted“, 2014) alleine nicht bewältigen können. Also muss auch die junge Generation zurück zu den Originalen geführt werden. Ein zweifelhaftes Glück, dass es einige der Filme aktuell bei Disney+ zu sehen gibt, wenn man sie nicht eh als VHS und (!) DVD im Regal stehen hat. Für den (vielleicht) größten Muppet-Klassiker („Die Weihnachtsgeschichte“) ist es gerade die falsche Jahreszeit. Also „Die Schatzinsel“, der nur selten als wirklich großer Muppet-Klassiker bezeichnet wird und dennoch ein schmissig-unterhaltsamer (Neu-) Start sein könnte.

Es ist eine besondere Freude, eine in Versatzstücken klassische und bekannte Geschichte in neuem parodistischem Gewand zu sehen. Als Prägung einer neuen jungen Generation, die im Anschluss womöglich zu „Ritter der Kokosnuss“ weiterziehen könnte und wollen würde, ist „Muppets: Die Schatzinsel“ ein großer Spaß. Man könnte bedauern, dass die Muppets gelegentlich zu sehr in den Hintergrund treten, doch zum allergrößten Teil geht die Rechnung auf. Kevin Bishop ist ein solider Jungdarsteller, gerade richtig, um ein junges Publikum bei der Hand zu nehmen und in bzw. durch die Muppet-Welt zu führen. Und Tim Curry ist quasi selbst ein Muppet und ein Genuss in der Rolle. Seine („einzige“!) Gesangsnummer, „Professional Pirate“, ist ein besonderes Highlight. Überhaupt Silver, der keinen Papagei, sondern einen Hummer auf seiner Schulter sitzen hat. Zwischen wildem Slapstick, brachialen Kalauern (der alte Tom, der ältere Tom und der tote Tom), Insidern und der selbstironischen Positionierung des berühmten schwedischen Kochs, ist die Abenteuer-Behelfsstory funktional genug, um neben den Songs und anachronistischen Ratten-Gags auch den Abenteuer-Jieper zu befriedigen. Und er mag nicht die Hauptrolle einnehmen, doch Kermits Kapitän Smollett funktioniert in dieser zeitlich begrenzten Art erstaunlich gut, auch wenn Sam der Adler quasi jede Szene an sich reißt, in der er auftaucht. Oh, und sollte das alles nicht ausreichen, kann man sich hier schon einmal in einen Hans Zimmer Score reinhören, der sich schon einmal in fetziger Piratenmusik ausprobiert.

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Autor: Christian Westhus

Ein echter Ostwestfale. Gebürtig aus einer kleinen Doppelstadt, die niemand kennt, studierte Literatur in einer Stadt, die es angeblich nicht gibt (Bielefeld). Arbeitet seit 2006 für BereitsGesehen, schreibt Kritiken und Kolumnen, gehört zum Podcast Team und ist einmal im Monat beim KultKino in Lippstadt zu sehen.

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