BG Kritik: „Megamind“

8. Dezember 2020, Christian Mester

Er ist blau, superintelligent, ultraschusselig und nicht von der Erde: Megamind (Stimme: Bastian Pastewka). Als außerirdischer Superbösewicht ist es sein Alltag, seinen ebenfalls überstarken Gegner Metroman (Oliver Welke) zur Strecke zu bringen. Eines Tages klappt’s dann sogar, und Megamind weiß plötzlich nicht mehr, was er tun soll. Er erschafft sich einen neuen Helden…

Megamind (2010)
Regie: Tom McGrath
Cast (Stimmen): Bastian Pastewka, Oliver Kalkofe

Kritik:
Böses Mastermind mit Herz klingt bekannt? Wahrscheinlich weil Universals „Ich – Einfach unverbesserlich“ vor ein paar Wochen noch denselben Ausgangspunkt hatte. Da ging es ebenfalls um einen Superbösewicht mit geheimer High-Tech-Basis und bizarren, aber niedlichen Helfern (hier sind es ein Fisch in einem Roboterkörper und fliegende Kameras, im anderen Film waren es lebende Knicklichter und ein Monsterhund), der im Grunde aber ein herzensguter Kerl ist und erst durch andere geoutet wird.

Die vergleichbaren Grundideen sind jedoch schon das einzige, was die Ein-Mann-Blue-Man-Group und der unförmige Gru gemeinsam haben. Stilistisch, technisch, formell und humoristisch sind sie zwei Paar Schuhe, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Um direkt beim Schuhvergleich zu bleiben: „Megamind“ kostete doppelt soviel, und das sieht man ihm auch an. Da glänzt und funkelt es, der 3D-Effekt ist besser und die vielen Details machen was her, doch letzten Endes gibt man dann doch den anderen Tretern den Vorzug: die passen einfach besser. Trotz der ausgefeilteren Grafik wirkt DreamWorks’ Film optisch langweilig, da sich interessante Designs und Eigenheiten bis auf die wuseligen Helferchen stark in Grenzen halten. Langweilig sind vor allem die Figuren, denn während Gru in seinem Film eine merkliche Entwicklung vom tatsächlich Bösen zum geliebten Guten durchmacht, ist Megamind schon von Beginn an ein Waschlappen, der eigentlich nur geknuddelt und gewuddelt werden will und sich bis dato vom Leben ausgewrungen fühlt.

Man muss sich natürlich nichts vormachen; Filme wie dieser sind für Kids gemacht, doch was, wenn schon die Figuren relativ „uncool“ sind? Dann bleiben noch Action und Humor, doch beides läuft hier blau an. Die Actionsequenzen sind flach; zwar geht teilweise viel zu Bruch, doch aufregende Momente wie in „Drachenzähmen leicht gemacht“ sind leider Fehlanzeige. Noch schwächer ist der Humor, der (abgesehen von einer kleinen Donkey Kong Hommage, dessen 2D-Bild wohl kein heutiges Kind erkennt) ausschließlich kindisch ausfällt und einfach mega-unlustig ist. So soll es lustig sein, dass Megamind ständig Wörter falsch betont. Regelmäßig spricht er seine Stadt Metro City Mäh-tross-Sittie aus und wird ständig von seinem Fischroboter (Oliver Kalkofe) korrigiert. Ein Gag, der nicht ein einziges Mal Pepp hat. Ein still stehender Running Gag. Ein Nichtgag. Ähnlich schlecht sind witzig gemeinte Oneliner; so wirft Megamind Metroman einen Bus ins Gesicht, worauf dieser im Lehrton entgegnet: „Ein bisschen mehr Respekt vor den öffentlichen Verkehrsmitteln, bitte“. An anderer Stelle tanzt Megamind zu Michael Jacksons „Bad“. Nichtwitze, die den gesamten Film bevölkern und Comedy-Genozid begehen.

Den Untergang des geschmacklichen Abendlands findet sich dann gegen Ende, als Megaminds Freundin ihm rät, den Bösen „Soprano mäßig eine reinzugangstern“. (Wäre es eine deutsche Produktion, wäre Metroman sicherlich auch noch metrosexuell. Und Rick Kavanian der Fischkopf mit griechischem Akzent). Möglich, dass der Film im O-Ton lustiger ist – da laufen Will Ferrell, Brad Pitt und „30 Rocks“ Sternchen Tina Fey auf. Pastewka, Kalkofe und Co. sind in ihrer Textkabine solide, doch da die meisten Wortwitze daneben gehen, darf man vermuten, dass sie entweder schlecht übersetzt wurden oder, wie es so oft bei Humor ist, einfach schlecht zu übersetzen waren.

Kids dürften in der ersten Dreiviertelstunde noch halbwegs gut bei Laune sein, doch dann schlägt der Film in elendige Gefühlsduselei um, denn das Megamind (hieß zu Beginn der Produktion übrigens erst Master Mind, dann Oobermind) ist heimlich in eine Lois-Lane-artige Reporterin verliebt und trauert darunter, kein geliebter Superstar zu sein. Dieser Emotionskompost ist dröge, öde, fad inszeniert und enttäuscht sicherlich viele, die sich von der Ausgangshandlung eher erwartet hätten, Megamind kämpfe schon ab Filmhälfte gegen seinen neuen Gegner. Pustekuchen: das kleine Duell am Ende bleibt… klein. Schade bezüglich der kleinen Zielzuschauer ist die grundlegende Message des Films. Megamind will aussagen, dass man stets ehrlich zu anderen und man immer man selbst sein soll, doch um sein größtes Problem am Ende zu lösen, ist er es nicht. Dazu kommt ein seltsames Vergessen der Allgemeinheit, die in Extremen denkt; erst hassen sie Weltverbrecher und den scheinbaren Mörder Megamind, dann lieben sie ihn plötzlich bedingungslos, weil er sich durch eine Aktion als dufter Kerl behauptet.

Fazit:
Megamist? Nicht ganz, dafür sieht der blaue Mr. Proper noch zu schick aus, doch DreamWorks’ animierter Superheldenklamauk ist superunlustig und megaeinfallslos. Megamauer Abklatsch von Pixars grandiosem „Die Unglaublichen“, der im Schatten fast aller diesjährigen Animationsfilme steht und sich nur so gerade mit der „Konferenz der Tiere“ messen kann.

4 / 10

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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