Treasure Tuesday Spezialkritik: „Andromeda – Tödlicher Staub aus dem All“
Realistische Sci-Fi nach Vorlage von Michael Crichton. „Andromeda – Tödlicher Staub aus dem All“ (1971), unser heutiger Treasure Tuesday Tipp. Jeden Dienstag auf Erkundungstour gehen. Wir stöbern nach vergessenen Filmen, unterschätzten Filmen, alten Filmen, fremdsprachigen Filmen. Nach Filmen die sich lohnen, auch wenn gerade nicht die halbe Welt über sie spricht.
Andromeda – Tödlicher Staub aus dem All
(Originaltitel: The Andromeda Strain | USA 1971)
Regie: Robert Wise
Darsteller: Arthur Hill, David Wayne, Kate Reid, James Olson, u.a.
Kinostart Deutschland: 05. Januar 1972
Was ist das für ein Film?
Realistische Science-Fiction nach Vorlage von „Jurassic Park“ Romanautor Michael Crichton. Eine militärische Raumsonde stürzt in der Wüste von New Mexico ab. Aus noch ungeklärten Ursachen sterben kurz darauf sämtliche Bewohner eines nahegelegenen Dorfes; nur ein Greis und ein Säugling können überleben. Selbst Soldaten, die die Sonde zu bergen versuchen, sterben innerhalb von Augenblicken. Die Regierung rekrutiert vier hochangesehene Wissenschaftler unterschiedlicher Fachbereiche und schickt sie in das geheime unterirdische Labor genannt „Steppenbrand“. Alleine der Quarantäneprozess zum Betreten des Labors, welcher mit jeder Ebene intensiver wird, dauert nahezu einen kompletten Tag. Während an der Oberfläche diskutiert wird, wie man die mysteriöse Seuche eindämmen kann (vielleicht mit einer atomaren Sprengung?), entdecken die Wissenschaftler einen seltsamen Organismus und versuchen, dessen Herkunft, Aufbau und Funktion zu entschlüsseln. Was sie entdecken, könnte die Welt verändern.
Warum sollte mich das interessieren?
„Andromeda“ ist weit davon entfernt, ein reißerischer Sci-Fi Schocker zu sein, sondern widmet sich ganz geduldig und mit aller nötigen wissenschaftlichen Vernunft einem aufwändigen und detailreichen Forschungsprozess. Das mag staub-(pardon)-trocken klingen, ist es aber keineswegs. Alleine der aufwändige Quarantäneprozess fasziniert und zieht in seinen Bann, weiß aber durch einen ganz vorsichtigen lockeren Unterton zu unterhalten. Das Wissenschaftsteam besteht aus markanten Persönlichkeiten, die sehr wohl auch so etwas wie eine dramatisierte Rahmung durchspielen dürfen. Doch im Kern geht es um die Forschung, um Andromeda, um die Erkenntnis, mit was für einem Organismus man es hier zu tun hat. Die schrittweise Entschlüsselung ist spannend und anregend, wahlweise auch aufregend, lassen die Erkenntnisse doch eine zunehmend große Bedrohung und Gefahr erkennen. Die narrative Interaktion zwischen Labor und politischer Oberfläche, aber auch zwischen Wissenschaftlern und dem computerisierten Laborkomplex löst immer wieder neue Herausforderungen und Konflikte aus.
Bei Science-Fiction dieser Art ist Horror nie fern. Die 1970er holten die politischen Untertöne des 1950er Genrekinos zurück. So ganz explizit ist „Andromeda“ in seiner Politisierung zwar nicht und doch spricht die Prozessstruktur des Films eine klare Sprache. Hier mag man es nicht direkt mit einer Allegorie der Marke „Angriff der Körperfresser“ zu tun haben, doch von einem „Phase IV“ (1974) ist man nicht weit entfernt. Im Gegenteil, könnte man den Science-Fiction-Film mit Ameisen von Design-Ikone Saul Bass doch problemlos in einer Doppelvorstellung mit „Andromeda“ zeigen. Nicht zuletzt ist dieser Film aber auch ein weiterer Beweis für die Vielseitigkeit von Regisseur Robert Wise, einem der am meisten unterschätzten Großen Regisseure. Womöglich ist die stil- und genre-wechselnde Karriere des Machers von „Der Tag an dem die Erde stillstand“ (1951), „West Side Story“ (1961, Co-Regie), „Bis das Blut gefriert“ (1963), „The Sound of Music“ (1965) und „Star Trek: Der Film“ (1979) ausschlaggebend dafür, dass fast jeder eine knappe Handvoll Robert-Wise-Filme gesehen hat, aber fast niemand (relativ gesehen) seinen Namen kennt.
„Andromeda“ ist als DVD, BD und VOD fast überall erhältlich.
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