BG Kritik: „Knowing“

12. September 2016, Christian Mester

Als sein Sohn bei der Öffnung eines für 50 Jahre verschlossenen Schatzes einen Zettel mit unscheinbaren Zahlen nach Hause bringt, denkt sich Astrophysiker John Koestler (Nicolas Cage) zunächst einmal nichts dabei – bis ihm abends eine bekannte Zahlenkette auffällt. Aus Neugier gibt er sie in seinen Computer ein und stellt erschrocken fest, dass die Zahlen doch etwas zu bedeuten haben: sie zeigen alle großen Katastrophen der Menschheit seit des Vergrabens des Zettels, und da sie davor aufgezeichnet wurden, müssen es augenscheinlich wahr gewordene Prophezeiungen sein.
Das Unheimliche? Es stehen noch drei weitere Daten auf dem Plan…

Nic Cage ist einer der bekanntesten Schauspieler der Gegenwart und gehört ohne Frage mit zu den letzten großen Hollywood-Gesichtern, gleichauf mit Ikonen wie Mel Gibson, Jack Nicholson und Tom Hanks. Während diese sich ihre Projekte aber lieber gezielt aussuchen, scheint Cage derzeit scheinbar schlichtweg alles zu nehmen, weswegen der Mann neben eindrucksvollen Filmen wie 8mm, Leaving Las Vegas und Lord of War: Händler des Todes ständig suboptimalen Trash wie Ghost Rider, Wicker Man und Bangkok Dangerous mit im Programm hat, den er eigentlich besser zweitklassigen Stars wie Jason Statham, The Rock und Owen Wilson überlassen sollte.

Wie man seinen neuesten Streifen jetzt einordnen soll, ist schwierig zu sagen, da Knowing zwar ebenfalls leider Schrott ist, den aber zumindest gut verpackt.

Da der Film sehr auf Geheimnisse setzt, werden jene an dieser Stelle natürlich nicht verraten, aber es sei mal gesagt, dass Knowing zunächst mal recht spannend anfängt. Neugierig verfolgt man Professor Cage beim Erforschen der ersten Mysterien, bis der Film urplötzlich zum effektgeladenen Bombastkino, dann zum laschen Horrorfilm, dann zum lustlosen Paranoia-Streifen und abschließend zur albernen, abstrusen Science-Fiction Fantasy verkommt. Diese ständigen Genrewechsel sind prinzipiell halbwegs interessant, werden aber immer blöder, je mehr man von dem ganz großen Geheimnis erfährt. Logiklöcher werden so gewaltig, dass man mit der New Yorker U-Bahn durchfahren könnte, Zufälle werden extrem zufällig, und der gesamte Kern samt Ende der Story ist so perplex und meschugge, dass die meisten wohl eher kopfschüttelnd den Saal verlassen werden.

Fans von Realismus werden zudem viel zu Lachen (oder Weinen) haben, da Knowing in großen Teilen an unsinniges Sci-Fi Kino vom Schlag The Core oder Der Tag, an dem die Erde still stand (remake) erinnert. Darüber hinaus geht bei all den Genrewechseln leider recht schnell die Spannung flöten, bis man später nur noch mit einem großen Fragezeichen da sitzt und wie ein ahnungsloses Reh auf der Landstraße drauf wartet, von dem näher kommenden Acht-Tonner überfahren zu werden.

Der kommt dann auch in Form eines zwar gut gemachten, aber völlig schwachsinnigen und albernen Disney-Sci-Fi Endes, bei dem man sich wirklich fragen kann, ob die Jungs im Projektorraum die letzte Filmrolle mit der eines anderen zurzeit laufenden Kinderfilms getauscht haben.

Cage macht es dem Zuschauer leider auch nicht leicht, sich in diese völlig verrückte Geschichte hinein zu versetzen. Hier hätte man eine mitreißende Performance wie die von Cruise in Krieg der Welten gebraucht, doch Professor Cage wankt völlig verschlafen durch seine Szenen und überzeugt nicht ein Mal durch Mut oder Gefühle, kriegt keine echten Momente und keine einzige unvergessliche Szene, nicht einmal eine schlechte. Das ist echt schade, bedenkt man dass der Mann für gewöhnlich sogar Sachen wie Ghost Rider und Wicker Man durch wildes Overacting zu unterhaltsamen Popcornkino macht. Es macht einfach den Anschein, als hätte Cage einfach keinen Draht zu seiner langweilig geschriebenen Figur gehabt, was sich leider auch überträgt.

Und sonst? Marco Beltramis Score ist gut, die vier großen Effektszenen sind technisch umwerfend und die Regie ganz passabel, doch als Paket ist Knowing einfach insgesamt ein großer Flugzeugabsturz: ist spektakulär, lauter und heller als man es hätte vermuten können, aber letztendlich eher schrecklich, vor allem wenn am Ende leuchtende, singende Teletubbies angeflogen kommen – gut, Lala und Lulu tauchen nicht wirklich auf, aber Proyas‘ Ende kommt doch gefährlich nah dran.

The Day after Tomorrow trifft Der Tag, an dem die Erde still stand trifft The Core trifft Die Vergessenen trifft Number 23 trifft Final Destination trifft Fletcher’s Visionen und das alles – trifft daneben.

Fazit:
Das einzige, was Knowing noch so ganz knapp gerade an der Mittelmäßigkeit hält, sind die technisch atemberaubenden Effektszenen, die Musik und der mehr oder weniger gelungene Anfang. Hätte der Film weniger Spektakel für Augen und Ohren, wäre es ganz schnell einer der schlechtesten des Jahres.

4 / 10

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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