BG Kritik: „Apollo 18“

14. Juli 2012, Christian Mester

von Christian Mester

APOLLO 18 (2011)
Regie: Gonzalo Lopez-Gallego
Cast: drei Schauspieler

Story:
Im Jahre 1972 unternimmt die NASA eine geheime achtzehnte Apollo Mission zum Mond, um dort spezielle Detektoren anzubringen, die inmitten des Kalten Krieges Raketenbewegungen der russischen Streitkräfte erkennen sollen. Drei souveräne Astronauten werden dafür ausgesendet, die es dann auch wie geplant mit Bravour schaffen, den kargen Himmelskörper zu erreichen. Während ihrer Installationsarbeiten auf dem staubigen Nachbarplaneten kommt es allerdings schon früh zu mysteriösen Vorfällen: man meint, Geräusche zu hören und Bewegungen in der Ferne zu erkennen.

Sie halten es zunächst für mögliche Wahnvorstellungen, doch als ihr Equipment ohne Einwirken bewegt wird und sie auch noch fremde Fußspuren entdecken, machen sie sich begründete Sorgen. Sie berichten ihre Lage Ground Control und fragen an, ob sie dort oben etwa mit einem Aufeinandertreffen mit russischen Kosmonauten rechnen müssen, doch die Bodenstation scheut plötzlich jede nähere Auskunft, beirrt nur darauf, dass sie ihre Mission wie geplant fortsetzen sollen. Verwirrt und verängstigt zugleich machen sie sich darauf gefasst, herauszufinden, mit wem sie es zu tun haben.

Kritik:
[Rec], Paranormal Activity, Trollhunter, Cloverfield oder auch Der letzte Exorzismus – mittlerweile gibt es zahlreiche so genannte Found-Footage-Filme, in denen die Geschichte aus Sicht einer beteiligten Kamera erzählt wird. Der aktuelle Neustart Apollo 18 ist nun ähnlich gestrickt, versucht aber mutig, all diese Titel noch um Längen zu überbieten. „Entstanden“ die bisherigen Fake-Dokumentationen bislang auf irdischem Boden, inmitten von Wäldern, Gemäuern und Gebäuden, so verlagert der Start der Woche sein dokumentiertes Grauen ins kalte Weltall, genauer gesagt, auf den benachbarten Himmelskörper des Mondes.

Produziert vom russischen Visionär Timur Bekmambetov (Wanted, Wächter der Nacht), will seine Variante von Blair Witch Project in Space gar jeden vergleichbaren Titel übertreffen, da, wie es heißt, kein anderer die Isolation und Hilflosigkeit von Astronauten im All vermitteln könne. Dazu kommt, wie von Bekmambetov zu erwarten war, auch wenn er selbst nicht Regie führt, dass der Film mit einem besonderen visuellen Kniff daher kommt. In diesem Fall bedeutet es, den Eindruck vorzutäuschen, man sichte gefundenes Videomaterial aus den 70ern. Ein vielversprechendes Konzept, das im Heimatland der Pioniere der Raumfahrt, den USA, jedoch eher schlecht als recht ankam. Aufgrund eines extrem geringen Budgets wurde Apollo 18 zwar trotzdem bereits zum finanziellen Erfolg, doch ist er fernab davon, beachtlicher Zuschauerhit genannt zu werden. Houston, haben wir ein Problem?

Zwar ist die erreichte Bildqualität des Materials zu sauber, um den 70ern akkurat zu entsprechen, doch auch wenn es nicht hundertprozentig authentisch wirken mag, erwirkt Regisseur Gonzalo López-Gallego durch seine Bildveränderungen und effektiven Sets eine relativ zufriedenstellende Nachbildung einer längst vergangenen Mondmission. Eine optisch angenehme Abwechslung zu den übrigen Found-Footage-Filmen, die inhaltlich zudem recht gut mit der im Genre aufkommenden Frage fertig wird, wieso die Beteiligten sogar in größten Ausnahmesituationen stets alles mit der Kamera einfangen. Hier sind die Kameras stille Beobachter im Auftrag der NASA, die gnadenlos inaktiv mit verfolgt, was den Wissenschaftlern zustößt.

Der Einstieg ist noch relativ spannend gehalten, da die Anzeichen, auf dem Mond doch nicht allein zu sein, Neugier wecken. Leider betrifft das jedoch nur die ersten dreißig Minuten, denn schon kurz darauf verliert López-Gallego jegliches Gespür dafür, die folgenden Vorkommnisse wirkungsvoll weiter auszubauen. Die gefundenen Indizien, die die Begegnung mit der eventuell anderen Art eigentlich vertiefen sollten, werden langatmig und ungelenk präsentiert, und es lässt fraglos rätseln, wie man es schaffen kann, inmitten solcher Umstände keine atemlose Atmosphäre schaffen zu können. Selbst ohne jegliche Bedrohung ist der reine Gedanke abseits der Menschheit einsam auf dem Mond zu stehen, Schrecken genug, doch López-Gallego macht aus seinem eingebrachten Mehr sogar noch weniger als das. Die tatsächliche Bedrohung wird schwach angedeutet, und entpuppt sich letzten Endes als misslungene Idee. Apollo 18 hält sein Mysterium zudem nicht lange genug verdeckt, denn während die Astronauten raten und nach Erklärungen suchen, verraten die gezeigten Aufnahmen zu früh, was dort los ist. So kann man sich den Rest bereits unerhofft früh zusammenreimen, und da es ohne Überraschungen auf ein absehbares, schwaches Finale zuläuft, ergibt das Ganze eine kreative Bruchlandung.

Die dreiköpfige Besatzung der Apollo 18 von weitestgehend unbekannten TV-Darstellern spielen zu lassen, erscheint zu Anfang noch eine gelungene Wahl gewesen zu sein, da auf diese Weise besser vermittelt wird, eine vermeintliche echte Dokumentation zu sehen, als habe man Nicolas Cage, Matt Damon und John Travolta an Bord. Hinsichtlich der Filmentfaltung sind sie jedoch keine gute Wahl, da die drei Darsteller Warren Christie, Lloyd Owen und Ryan Robbins selbst keinerlei Präsenz haben. Ihre langweilig geführten Dialoge machen den nur 90 Minuten langen Film zur langatmigen Geduldsprobe, und es fällt dadurch ungemein schwer, Sympathien aufzubauen oder um ihr Leben zu bangen. Manches Mal ertappt man sich sogar dabei, zu hoffen, dass plötzlich eines von Gigers Aliens, oder zumindst einer der vergrabenen Decepticons aus Transformers 3 auftaucht, um endlich Leben in die Raumkapsel zu bringen.

Wer sich mit Raumffahrt einigermaßen auskennt, wird sich fraglos an vielen kleineren Ungereimtheiten stören, denn leider wird klar, dass sich die Autoren des Films nur wenig damit befasst haben, was 1972 tatsächlich technisch möglich war und wie sich die Gegebenheiten des Mondes auf ihre Besucher auswirken. Dass der Film arg langatmig ist, liegt auch am größtenteils fehlenden Score. Nun ist der Verzicht auf einen solchen fraglos dafür da, das Ganze authentischer wirken zu lassen, doch eine alte Faustregel besagt, dass man besser einen hat, langt die Präsenz der Darsteller selbst nicht aus, dass man darüber hinwegsehen kann.

Fazit:
Auf vielen Postern zum Film steht die Behauptung „Darum sind wir nie wieder zurückgekehrt“. Anbetracht der Handlung des Films könnte man dementsprechend annehmen, weil dort ein so schauriger Schrecken lauert, dass sich nach Sichtung des Materials nie wieder jemand hintrauen würde… doch angesichts des eigentlichen Films dahinter könnte man wohl eher meinen, weil es dort oben schlichtweg ungemein langweilig ist. Apollo 18 ist ein misslungener Paranormal Activity Abklatsch, der es nicht vermag, sich sein ungeheuer spannendes Setting zu nutze zu machen..

3,5 / 10

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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