BG Heimkino Check: „Sonic the Hedgehog“ auf Blu-ray

12. Juli 2020, Daniel Schinzig

Der blaue Igel erscheint endlich auf der blauen Scheibe. Und das ist durchaus ein Grund zur Freude. Warum das so ist, wie die technische Seite der „Sonic the Hedgehog“-Blu-ray ausgefallen ist und warum sich gerade für Fans von Jim Carrey ein Blick in das Bonusmaterial lohnt, verraten wir euch im heutigen BG Heimkino Check. Also anschnallen und weiterlesen.

„Sonic the Hedgehog“ hat große Aufmerkamseit auf sich gezogen, schon lange bevor der Film schließlich ins Kino gekommen ist. Warum? Im ersten veröffentlichten Trailer stand eine Kreatur im Mittelpunkt, die nur entfernt an die beliebte ultraschnelle Videospielfigur Sonic erinnerte. Als Produkt, erschaffen als Uncanny-Valley-Kompromiss zwischen der Vorlage und einem realistischeren Look, erschien das Geschöpf auf der Leinwand, um den Zuschauern vor allem Angst einzujagen. Ein Blick in die Augen reichte, um zu wissen, dass dieser Sonic gekommen war, um uns alle zu vernichten. Ein böses Alien im misslungenen Sonic-Cosplay, das die Kids vermutlich nach und nach dazu gebracht hätte, sich der Seite von Antagonist Doktor Robotnik anzuschließen. So hätte es kommen können.

Na geht doch: Im endgültigen Film sieht der blaue Igel richtig gut aus.

© Courtesy Paramount Pictures and Sega of America

So kam es aber nicht. Sprechen wir an dieser Stelle nicht davon, dass der Sturm der Empörung auf diesen visuellen Unfall wieder einmal viel zu unverhältnismäßig war und sich seitens der sogenannten Fans häufig heftigst im Ton vergriffen wurde, dass es überhaupt mehr als fraglich ist, ob die kindisch aufschreienden Zuschauer  ein Recht haben, Änderungen an einem künstlerischen Produkt einzufordern. Heben wir lieber hervor, dass man seitens der Verantwortlichen wirklich einsah, dass hier etwas im Argen lag und die visuelle Gestaltung des Titelhelden nicht auf Gegenliebe stieß. Was dann kam, war bis dahin beispiellos. „Sonic the Hedgehog“ wurde um mehrere Monate verschoben, um noch einmal an der Optik des blauen Igels zu feilen. Nicht nur künstlerisch eine gute Entscheidung, sondern auch ein hervorragender Marketing-Trick mit der Botschaft: „Schaut her, wir nehmen euch ernst, wir nehmen eure geliebte Vorlage ernst“. Und plötzlich war auch der kritischste Zuschauer dem Projekt ein wenig mehr zugeneigt. Die Verschiebung wurde in Deutschland dann direkt dazu genutzt, um mit dem im deutschen Trailer ebenfalls heftigst kritisierten Sonic-Sprecher Julien Bam neue Sprachaufnahmen zu machen.

Beide Korrekturen hatten sicht- und hörbar Erfolg. Im Film tritt ein Sonic auf, der näher nach der Vorlage aus den unzähligen Spielen und TV-Serien gestaltet ist, vor allem aber sympathisch und knuddelig aussieht. Und auch seine deutsche Stimme ertönt mit wesentlich mehr Enthusiasmus. An dieser Stelle also einfach mal ein fettes Danke an die Effektkünstler für die vermutlich unverhätnismäßig viele Arbeit. Und an Julien Bam, der nach der Kritik an seiner Leistung offenbar viel probte und noch einmal ins Tonstudio gegangen ist. So taucht im Film nun also ein Sonic auf, den wir gerne und schnell ins Herz schließen. Charakterlich definitiv nicht der Sonic, den wir aus den anderen Medienauftritten kennen. Und das ist gut so. Es werden eigene Wege gegangen. Spielfilm-Sonic 2020 mag sicht mitunter etwas zu sehr dem Jugend-Zeitgeist anbiedern, wirkt etwas hyperaktiv und konzentrationsschwach und kann sich nicht verkneifen, seiner guten Laune mit hippen Tanzmoves Ausdruck zu verleihen. Aber was einigen älteren Zuschauern vielleicht zu aufgezwungen erscheinen könnte, sorgt dafür, dass Kids den Igel umso schneller ins Herz schließen werden. Und machen wir uns nichts vor: Vor allem um die Kids geht es hier. Also alles richtig gemacht.

Intelligent, verrückt und hyperaktiv: Jim Carrey darf sich als Bösewicht so richtig austoben.

© Courtesy Paramount Pictures and Sega of America / Doane Gregory

Der Protagonist stimmt also schon einmal. Aber wie sieht es mit dem Abenteuer aus, das er in seinem ersten eigenen Solo-Kinofilm erleben darf? Das ist durch und durch solide mit einigen positiven Ausreißern und nur wenigen Ausrutschern. Und bietet somit wesentlich mehr, als die meisten erwartet haben dürften. Regisseur Jeff Fowler erzählte in einem Interviwe mit dem deutschen Magazin „Geek“, dass seiner Ansicht nach so viele Videospielverfilmungen scheitern, weil sie sich nicht genug von der Vorlage und dessen medienspezifischer Sprache lösen. Stattdessen sollte es eher darum gehen, zu beobachten, welche Elemente im Medium Film funktionieren und welche nicht. Vor allem müsse die Geschichte in den Mittelpunkt gerückt werden. Und genau das tat Jeff Fowler. Und wie er das tat!

Denn im Kern ist „Sonic the Hedgehog“ ein wundervoller Familienfilm mit dem Herzen am rechten Fleck, der uns tatsächlich immer wieder mal emotional berührt – wer hätte das gedacht? Fowler greift Elemente der Spiele auf und belegt sie im Filmkontext mit einer ganz eigenen, für die Geschichte wichtigen Bedeutung. So bieten die Ringe, die es in der Vorlage stets einzusammeln gilt – und die bei Erscheinen des Paramount-Logos einfach mal die dort sonst umherfliegenden Sterne ersetzen – hier die Möglichkeit für Sonic, im Notfall in eine andere Dimension zu fliehen oder sich einfach von einem irdischen zu einem anderen irdischen Ort zu teleportieren (was im Finale selbstredend zum Einsatz kommt). So etwas erfreut das Spielerherz, weil vertraute Elemente erkannt werden, aber auch das Herz des Filmfreundes, weil solche eingebauten Elemente nicht einfach im Nichts verpuffen.

„Sonic the Hedgehog“ bietet nicht nur Krawall, sondern auch funktionierende emotionale Momente.

© Courtesy Paramount Pictures and Sega of America

Sonic selber wird zum lebensfrohen, aber einsamen Außenseiter, der seine Heimatdimension verlassen musste und sich seit zehn Jahren auf der Erde versteckt hält. Als er mit Polizist Tom (James Marsden) in ein Abenteuer gerät, ist das nicht nur turbulent und führt zu einigen richtig gut inszenierten Actionszenen, sondern bedeutet für den vorlauten Igel vor allem die Chance, endlich einen richtigen Freund zu finden. Und diese Karte spielt der Film voll aus, in einigen leisen, aber auch in vielen witzigen und einfallsreichen lauten Szenen. Hervorzuheben ist hier der Besuch einer Country-Bar, der in einer Sequenz endet, die Quicksilver aus den „X-Men“-Filmen vor Neid erblassen lässt.

Ein besonderer Clou ist den Machern mit der Besetzung des Bösewichts, den aus den Spielen bekannten Doktor „Eggman“ Robotnik gelungen. Jim Carrey darf hier seit langer Zeit mal wieder voll und ganz seinen Irrsinn ausspielen, grimassiert sich voller Spielfreude durch all seine Szenen und ist wie zu besten Comedy-Zeiten auf einer ganz anderen Ebene unterwegs als all die anderen Mimen. Wie passend also, dass sich auf der Blu-ray unter anderem ein kurzes Special befindet, das sich voll und ganz dem Komiker widmet und ein paar herrlich komische Momente der Dreharbeiten zeigt. Was natürlich ebenfalls nicht fehlen darf: Ein Special über die Videospielherkunft des rasenden Igels.

Die Bildqualität der Blu-ray kann sich mehr als sehen lassen: Gestochen scharfe Bilder, knallig bunte Farben, aber auch nie zu übertrieben knackig. Viel besser geht es gar nicht. Da bietet selbst die 4K UHD keinen größeren Vorteil mehr. Der Ton knallt ebenfalls gut. Leider kommt die deutsche Tonspur nur in Dolby-Digital, währen O-Ton-Gucker mit einer Dolby-Atmos-Spur verwöhnt werden.

© Courtesy Paramount Pictures and Sega of America

„Sonic the Hedgehog“ – seit 25. Juni 2020 auf Blu-ray, 4K UHD und DVD.

Wir haben uns übrigens im Februar, anlässlisch des Kinostarts von „Sonic the Hedgehog“, bereits in einem großen Spotlight-Special etwas genauer mit Videospielverfilmungen und den Problemen des Medienwechsels beschäftigt. Lest doch mal rein: „Sonic“ und der Fluch der Videospielverfilmungen.

Und falls ihr mit uns über „Sonic“ oder andere Videospielverfilmungen sprechen wollt: Nur zu! Ab ins Forum mit euch.

 

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