BG Kritik: „Zwei auf gleichem Weg“ (Two for the Road)
Oft vergessenes Audrey Hepburn Highlight: Die Beziehung von Joanna (Hepburn) und Mark (Albert Finney), die über mehrere Jahre hinweg auf den Straßen Südfrankreichs diverse Entwicklungen, Abzweigungen und Zwischenstopps durchmacht.
Zwei auf gleichem Weg
(Originaltitel: Two for the Road | UK, 1967)
Regie: Stanley Donen
Darsteller: Audrey Hepburn, Albert Finney
Kinostart Deutschland: 14. September 1967
(Diese Kritik erschien im Rahmen der Kritikenreihe Treasure Monday, ursprünglich veröffentlicht im Juni 2015.)
Audrey Hepburn ist einer der größten Stars, die das US-, nein, die das Weltkino je hervorgebracht hat. Auf ewig ist sie der „Süße Fratz“, die heimliche Prinzessin aus „Ein Herz und eine Krone“ und natürlich Holly Golightly mit Hut, Sonnenbrille und Zigarettenhalter in „Frühstück bei Tiffany“. Das vielleicht süßeste Lächeln der Kinogeschichte probierte sich immer mal wieder auch in ernsthafteren Rollen aus, in Filmen, die das Ernste mit dem Unterhaltsamen verbanden. Selbst heute noch kennt so ziemlich jeder den Namen und das Gesicht von Audrey Hepburn, aber ihr vielleicht bester Film fristet, überragt von den populären Hollywoodklassikern, ein Schattendasein.
„Zwei auf gleichem Weg“ ist eine romantische Tragikomödie und fühlt sich, vielleicht, weil es eine europäische Produktion ist, gänzlich anders an als vergleichbare Beziehungsfilme aus Hollywood. Das liegt unter anderem am Ton. Manche Dialoge klingen vielleicht nicht (mehr) realistisch, aber nie rutscht der Film ins Melodramatische ab. Und trotz Running Gags und ein paar Slapstick Einlagen, insbesondere wenn Albert Finneys Mark mal wieder seinen Reisepass verlegt hat, vermeidet der Film die filmische Performance-Comedy, die z.B. Cary Grant perfektionierte, die in diesem Film aber schnell deplatziert gewirkt hätte.
Das Auf und Ab der Beziehung zwischen Mark und Joanna entfaltet sich fein beobachtet, gut gespielt und grandios arrangiert anhand der Reise-Metapher. Die Liebe entsteht durch eine vermeintlich zufällige Begegnung und folgt dann kurvenreich, mit vielen möglichen Abzweigungen und unterschiedlichen Zielorten, einer ganz eigenen zeitlichen Linie. Denn gerade die Präsentation ist es, die diesen Film besonders macht. Regisseur Stanley Donen, der zusammen mit Gene Kelly u.a. „Singing in the Rain“ dreht, bricht die Chronologie auf. Nachdem der Film zu Beginn einen Startpunkt für die zurückblickende Erzählung präsentiert, springen wir durch die Zeit, springen an verschiedene Stationen in der Beziehung von Mark und Joanna. Immer unterwegs, immer irgendwie im Auto, auf der Straße oder im Hotel irgendwo in Südfrankreich. Mal nutzt Donen Bilder, um den Zeitsprung einzufangen, durch Orte, Gesten und ganz besonders durch identische Autos. Dann wieder nutzt er Dialoge, wenn Mark und Joanna auf eine Begebenheit „damals“ hinweisen.
Was wie Spielerei klingt, gerade da sich zur Entstehungszeit des Films die cineastische Neuerfindung namens „Nouvel Vague“ auf einem Höhepunkt befand, erlaubt uns einen genaueren und erleuchtenden Einblick in die Mechanismen der Beziehung. Gerade weil die Beziehung von Mark und Joanna so ein kurvenreiches und doch zirkuläres Hin und Her ist, offenbart der Bruch mit der Chronologie neue Informationen. Wie kamen die beiden Verliebten an diesen Punkt, wie dachten, fühlten, handelten sie vorher, was folgte daraus, etc. Auch der Ton und die Emotionen können sich so besser entfalten. So steht das humorvolle Kennenlernen, wenn die Musiktruppe Joannas nach und nach von einem Virus infiziert wird, was aus Joanna und Mark ein Tramper-Duo wider Willen macht, einer ersten Frankreichtour als Paar gegenüber. In Betonröhren sucht man Schutz vor dem Regen, man schmuggelt Essen ins überteuerte Hotel und dann ist da die Tour mit einem befreundeten Paar samt verzogener kleiner Tochter.
Der Film steuert eben nicht auf das Hollywood’sche Happy End zu, sondern blickt mehrfach darauf, was danach passiert, was nach dem Kennenlernen, dem ersten Liebesgeständnis, der ersten Versöhnung und dem ersten Seitensprung passiert. Mark und Joanna müssen an ihrer Beziehung arbeiten und um ihre eigenen Wünsche, Hoffnungen und Ideale kämpfen. Job, Familien, Unabhängigkeit – und alles was sonst noch dazu gehört. Mal heiter, mal innig und mal betrübt sind Hepburn und Finney ein faszinierendes Leinwandpaar. Mark und Joanna sind spannende Figuren, gerade weil sie Fehler machen. Ganz der Entstehungszeit und ihrem Status als Modeikone entsprechend trägt Audrey Hepburn mal wieder diverse außergewöhnliche Kleider, Hüte und Brillen, aber auch das kann nicht von der emotionalen und faszinierend präsentierten Geschichte ablenken, die hier erzählt wird. Vielleicht wirklich Hepburns bester Film. Zumindest aber einer, den man sofort im Kopf haben sollte, wenn man ihren Namen hört.
Fazit:
Faszinierend erzählte und wunderbar natürliche Romanze, die statt simpler Happy End Belohnung einen klugen Blick auf die Um- und Abwege von Liebe und Partnerschaft wird. Mit zwei grandiosen Hauptdarstellern. Ein Film, der schon lange den Status „Klassiker“ haben müsste.
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