BG Kritik: „Der Baader-Meinhof Komplex“
Die späten 60er Jahre: in Deutschland herrscht Aufruhr, denn viele protestieren gegen den angehenden Vietnamkrieg und andere im Ausland laufende Ungerechtigkeiten, die das Land scheinbar ungerechtfertigter Weise unterstützt. Die umstrittene Redakteurin Ulrike Meinhof lernt in dieser Zeit die beiden Aktivisten Andreas Baader und Gudrun Ensslin kennen, die durch Terrorismus im eigenen Land ein Zeichen setzen wollen. Meinhof schließt sich ihnen an…
DER BAADER-MEINHOF KOMPLEX (2008)
Regie: Uli Edel
Cast: Moritz Bleibtreu, Martina Gedeck
Kritik:
Dass es zur Rote-Armee-Fraktion bislang keinen prominenten Film aus Deutschland gab, überrascht, überlegt man, welchen Einfluss die Gruppe auf die Lage der 70er Jahre hatte. Ihre Terroranschläge und gewalttätigen Überfälle versetzten das Land in Schrecken und schrieben Geschichte. Alles ging zudem von drei äußerst unterschiedlichen, markanten Persönlichkeiten aus, wodurch sich dieses historische Ereignis eigentlich ideal für einen spannenden Film anbot. Deutschlands Star-Produzent Bernd Eichinger nahm sich der Sache an und ließ einen Film inszenieren, der jetzt an das Lob und die Besucherzahlen seines anderen deutsch-historischen Werks „Der Untergang“ anschließen soll.
In der ersten Stunde ist „Der Baader-Meinhof Komplex“ stark, wirft er einen interessanten Einblick auf die Formierung des markanten Terrortrios Baader, Meinhof, Ensslin. Der Film lebt in seiner ersten Hälfte von seinen drei Hauptdarstellern Martina Gedeck, Moritz Bleibtreu und Johanna Wokalek, die ihre schwierigen Rollen glaubhaft und hervorragend nachstellen. Besonders Gedeck überzeugt als introvertierte Politaktivistin Meinhof und es fällt nicht schwer, die Faszination ihrer Folger nachzuvollziehen. Die Nachstellung verschiedener wichtiger Ereignisse der RAF ist gut umgesetzt und macht zunächst Lust auf mehr.
Geschichtsgebunden ergibt sich ein großes Problem, denn nachdem das Triumvirat deutscher Wut schließlich erwischt und gefangen genommen wird, sitzen sie nur noch, langsam vor sich hin vegetierend, im Gefängnis. Der Schwerpunkt fällt nun auf ihre Nachahmer, die jedoch weder handlungstechnisch, noch darstellerisch an ihre Vorgänger heranreichen. Würde der Film mit der Gefangennahme der Drei enden, wäre es somit definitiv ein besserer Film geworden, doch Eichinger und Edel wollen mehr, wollen die gesamte RAF Geschichte zeigen und schaden damit unbeabsichtigt dem ganzen Filmfluss.
Dieser Wille, alles in immerhin 150 Minuten Lauflänge zu erzählen, schafft einen weiteren Konflikt, denn dadurch eilt der Film mehr oder weniger durch die gesamte angepeilte RAF-Historie. Zeit für Tiefe bleibt nicht, worunter die drei Hauptfiguren leiden, da sie fast jedes Mal nur in Extremen gezeigt werden. Während man auf der einen Seite zu wenig Zeit für Charaktere und Handlung hat, verschwendet Edel sie auf anderer Seite, in dem er immer wieder ins Bundeskriminalamt schwenkt. Dort sitzt „Hitler“ Bruno Ganz als BKA-Oberhaupt, der mit Kollegen seelenruhig über die Bedeutung der RAF sinniert. Ein langweiliges, unnützes Element, da es die ansonsten temporeiche Geschichte jedes Mal zum Stillstand bringt und selbst nichts zur Handlung beiträgt. Interessanter wäre es stattdessen gewesen, Bilder der normalen Bevölkerung zu zeigen, um zu veranschaulichen, welchen großen Einfluss die RAF auf das Leben ihres Alltags hat.
Insgesamt ist es eine zu knappe Rekonstruktion des Geschehens, die zwar die meisten der prägnanten RAF-Momente einfängt, doch die schnelle Hetzjagd kann das Interesse an der wahren Geschichte nur halb erfüllen. Als Film ist es ein oberflächliches Geschichtsdrama mit guten Ansätzen, kompetent, aber nicht weiter denkwürdig umgesetzt.
Fazit:
Eine Konzentration auf die drei titelgebenden Figuren hätte einen erstklassigen Film abgeben können, doch der aufgezogene größere Rahmen schwächt das Gesamtpaket. Ein nur flacher Blick auf faszinierende Landesgeschichte, die man wohl besser, interessanter und ausgeführter in Stefan Austs Buchvorlage nacherlebt.
5 / 10
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