BG Kritik: „Drag me to Hell“

19. Oktober 2020, Christian Mester

Auch dieses Jahr wollen wir euch mit Horrortipps für den schaurigen Oktober nicht alleine lassen und bieten deshalb täglich einen neuen Beitrag aus unseren Horror-Archiven…und nicht immer muss es ein Tipp sein, sondern auch mal eine Warnung…

Drag me to Hell (USA 2009)
Regisseur: Sam Raimi
Cast: Alison Lohman, Justin Long

Story:
Christine (Alison Lohman) ist eine jungen Bänkerin, die schon seit langem darauf hofft, eine ausstehende Beförderung zu bekommen. Für ihren Vorgesetzten ist das auch durchaus im Bereich des Möglichen, allerdings verlangt er von ihr, was ihr leider sehr schwer fällt: dass sie abgebrühter wird. Als Beweis ihrer Willenskraft lehnt sie also kurzerhand das Bittgesuch einer alten Zigeunerin ab, die dadurch ihr Haus verliert. Christine bleibt hart, weswegen die unheimliche Frau sie mit einem bösen Fluch belegt…

Stephen King’s Thinner trifft Jackass; herrlich Verrücktes vom Regisseur von Tanz der Teufel.

Heutzutage kennt man Sam Raimi hauptsächlich für seine drei großen Spider-Man und die lieblosen Horrorproduktionen wie Boogeyman, doch angefangen hat das alles mal anders. Raimi ist in erster Linie ein Horrorfilmfan, der mit seinen drei Teilen von Tanz der Teufel Filmgeschichte schrieb (zumindest in seinem Genre) und es damals auch besser als jeder andere verstand, den wilden Klamauk der drei Stooges mit Horror zu mischen. Deswegen fielen ihm stets auch all die Szenen mit Peter Parker ausgesprochen leicht, in denen Peter herumkaspert oder sich wie ein völliger Trottel aufführt.

Nach seinen letzten Ausflügen in die Blockbusterhöhen Hollywoods (und bevor er nun Spider-Man 4 anfängt) hat er sich jetzt kurzfristig einer kleinen Horrorkomödie verschrieben, deren Idee er schon vor vielen Jahren mal hatte.

Und wie sehr die Betonung auf Komödie liegt. Wer nach den ersten Trailern und dem feurigen Poster noch meinen mochte Drag Me to Hell sei eine ernst-gemeinte Geschichte, der wird sich umsehen müssen. Kleine Momente gibt es zwar auch, aber von Anfang an wird klargestellt dass es hier insgesamt keineswegs ums Gruseln geht – sondern um schrägsten Unsinn. Wenn die dämonische alte Zigeunerin ihre Dritten verliert und die kreischende Christine mit zahnlosem Mund fies anglibbert, dann kann man eigentlich nur auf zwei Arten reagieren: sich köstlich amüsieren oder sich angewidert wegdrehen.

Das könnte für manch einen eventuell zum Problem werden, denn ein Großteil des Films besteht aus diesem Jackass-haftem Ekelhumor, durch den Personen laufend widerwärtige Dinge sehen oder schlimmer – sie in den Mund bekommen. Wer also schon beim RTL Dschungelcamp nur schwerlich hinsehen kann, der sollte sich den Besuch dieses Fluchs besser zwei Mal überlegen. Ebenso sollte man keineswegs ernstgemeinten Horror erwarten, denn Raimi versucht gar nicht erst, Atmosphäre oder Spannung aufzubauen.

Wer damit keine Probleme hat, bekommt mit Drag Me to Hell aber definitiv einen der originelleren Genrevertreter der letzten Jahre zu sehen. Als Ansammlung verrückter Momente macht er oftmals Spaß, was nicht zuletzt an Raimis starker Dynamik liegt, die sich pausenlos und präzise punktiert durch den ganzen Film zieht. Alison Lohman (Tricks) erweist sich dabei als gelungene Wahl für die traktierte Hauptrolle, auch wenn es manchmal schon ein klein wenig verwundern mag, wie abgebrüht Christine mit all dem Ekel umgeht. Sie und die ältere Darstellerin der unaufhaltsamen Gypsy liefern sich fantastisch cartoonhafte Duelle, die ohne Frage mit zu den schrägsten Momenten des Jahres gehören.

 

© Universal Pictures

Schade ist, dass unsere Christine als Figur nicht unbedingt die Sympathischste ist. Sie wird als karrieregeil, uneinsichtig, oberflächlich, selbstsüchtig und paranoid gezeigt, sodass man schon nach einiger Zeit einstimimg der Meinung sein darf, dass sie all die Schrecken wirklich verdient. Spätestens nachdem sie sich eiskalt an ihrem Haustier vergreift. wünscht man sich, dass Christine kein Happy End bekommt. Da sperrt sich das ganze auch ein bisschen, denn Lohman spielt es ein wenig so, als solle man Verständnis und Mitleid mit ihrer Figur haben.

Inhaltlich findet sich insgesamt leider nicht viel Neues. Dass Christine anfangs verflucht wird und das dann wieder loswerden will, ist leider schon die komplette Thematik des Films, daher auch sehr vorhersehbar, inklusive übernatürlichem Ratgeber, ungläubigen Freunden und dem ganzen Pipapo. Langweilig wird das zwar nicht da die kurze Story nonstop mit vielen Comedy-Momenten gefüllt ist, aber dem ein oder anderen aufmerksamen Zuschauer wird sicher schnell auffallen, dass sich doch Vieles recht auffällig wiederholt – und dass es Raimi ausschließlich darum geht, einen bescheuerten Sketch nach dem anderen zu bringen.

Genau genommen hinterlässt Drag Me to Hell abschließend den Eindruck einer typischen, aber überdurchschnittlichen Folge Outer Limits / Twilight Zone, die gut ist, aber gute 30 Minuten zu lang geht und auch eher fürs Fernsehen geeignet ist. Was es auch bestätigt? Die langen Zweifel, dass Raimi besser keinen vierten Tanz der Teufel mehr machen sollte. Zwar wäre Bruce Campbell ohne Frage sofort besser als Leitfigur, aber ob Raimi den Film drumherum noch einmal so gut hinbekäme wie bei Tanz der Teufel 2 und 3…. es lässt sich sehr anzweifeln.

Fazit:
Drag Me to Hell ist solider, schneller Horrorspaß für alle, die für gewöhnlich keine Geduld für gruselige Filme aufbringen können und sich lieber einen Scary Movie als Texas Chainsaw ansehen. Ganz so platt ist er nicht, aber Genrefans sollten gesunde Skepsis mitbringen.

6/10

 

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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