BG Kritik: „House of Gucci“

8. Februar 2022, Christian Mester

Der neue Gaga erzählt die Geschichte des Gucci-Modeimperiums, genauer gesagt, des Einflusses der vorherigen Außenseiterin Patrizia Reggiani, die sich in die berühmte Familie einheiratete, hinter den Kulissen alles durchwirbelte und später einen Killer beauftragte, ihren Mann Maurizio zu erledigen…

Regie: Ridley Scott
Besetzung: Lady Gaga, Jared Leto, Al Pacino, Adam Driver

© Universal Pictures – Trailer Screenshot https://youtu.be/SJ8U0hi-EhY

Intrigen, Verbrechen, Ultrareichtum und verwöhnte Eliten in ausladend opulenten Häusern, von „Alien“ und „Gladiator“ Regisseur Ridley Scott? So etwas hatten wir doch vor gar nicht langer Zeit schon mal, mit „Alles Geld der Welt“ über die Öl-Tycoonfamilie Getty.

Tatsächlich ist „House of Gucci“ dem Getty Streifen relativ ähnlich. Auch hier geben sich zahlreiche Schauspieler die Ehre, stark kostümiert durch immens teuer aussehende Sets zu traben und mit Champagnergläsern in der Hand über die High Society Probleme der Interna zu sinnieren, und auch hier hat man schnell das Gefühl, dass es Scott selbst nicht wirklich um die Figuren oder das Schauspiel ging. Stattdessen liegt der Fokus auf das größere Ganze, und so tanzt seine Erzählweise zwischen einem musemsbesuch-gleichen Guide durch die Hintergründe der Schönen und Reichen und einem stets leicht abneigenden Blick auf die eigentlich nichtigen Probleme der Megareichen. Weder Patrizias Eintritt in diesen Makrokosmos, noch ihr späteres, extrem kurz abgehandeltes Mordkomplott folgt typischer Handschrift – und das führt dazu, dass der Film, wie auch schon „Alles Geld der Welt“, banal und oberflächlich ausfällt.

Hauptdiskussionspunkt für viele dürfte sicher Gagas Performance sein, da sie sich nach dem „A Star is Born“ Remake einmal mehr als Prestigedarstellerin versucht. In ihrem ersten großen Film spielte sie eine Sängerin, hier eine feiste larger-than-life Golddiggerin. Sie tapst also etwas weiter weg vom Gewohnten, doch wie man das finden soll, weiß man nicht so recht. Übersieht man einmal, dass die echte Patrizia Reggiani ebenfalls exzentrisch und überschminkt auftrat, vermag Gaga es leider über weite Teile nicht, sich glaubhaft in der Rolle zu verlieren. Man sieht nie Patrizia Reggiani den Menschen, nur Lady Gaga, die so tut, als wäre sie Patrizia Reggiani. Immer wieder wirkt es, als parodiere sie die echte Figur, als wäre das ganze ein SNL Sketch. Man mag es auf ihr oft zu gekünsteltes Makeup schieben, aber Adam Driver, Al Pacino, Jeremy Irons und vor allem ein absolut nicht wiederzuerkennender Jared Leto quälen sich durch ähnliche Veränderungen, tauchen aber dennoch völlig in den Rollen ein.

Gerade Driver zeigt sich einmal mehr als exzellenter Performer und zeichnet Maurizio als schüchternen, smarten, aber stets gebremsten Fuß einer ikonischen Familie.

Eine weitere Unart ist es, dass der gesamte Film mit Popsongs der 80er zugespammt ist. Was manchmal ganz hilfreich sein mag, um bestimmte Vibes und Gegenwartsgefühle zu transportieren, verkommt zu einer kreativen Faulheit, wenn man den ganzen, über 2 Stunden langen Film damit ausstaffiert. So lehnt sich „House of Gucci“ gefühlt zurück und versucht sich auf der tollen Musik, teuren Bildern und bekannten Namen auszuruhen, während hingegen die Inszenierung und der Plot an sich eigentlich nicht viel zu bieten haben.

Fazit:

Erwartet man sich gucci-würdige schöne Bilder, beschwingte 80s Musik und vereinzelt interessante Darstellungen, liefert „House of Gucci“ das fraglos ab. Wer aber ein wirklich tiefschichtiges Familien-/Verbrechensepos a la „Der Pate“ sucht, ist hier an der völlig falschen Adresse.

5/10

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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