BG Kritik: „Waterworld“ 25 Jahre später
25 Jahre ist es her, dass mit Kevin Costners „Waterworld“ einer der teuersten Filme anlief… und peinlich als einer der legendärsten Flops der Filmgeschichte versank. Wie hat sich der maritime „Mad Max“ Abklatsch bis heut halten können? Und ist er wirklich so schlecht, wie es die Popkultur zu diktieren scheint?
Während man Kevin Costner heute wohl am ehesten als Supermans äußerst fragwürdigen Vater aus „Man of Steel“ und „Batman v Superman: Dawn of Justice“ kennt, war er in den 90ern einer der größten Hollywoodnamen überhaupt. Als Darsteller hatte er mit „Bodyguard“, „JFK – Tatort Dallas“, „Robin Hood – König der Diebe“ und „Die Unbestechlichen“ vier der erfolgreichsten und gefeiertsten Filme, und sein Regiedebüt „Der mit dem Wolf tanzt“ konnte pompös sieben Oscars einheimsen, darunter für Beste Regie und Bester Film. Dementsprechend war der Hype um seinen 1995er Titel „Waterworld“ groß, ein ambitioniertes Hollywoodprojekt über eine Zukunftsvision, in der die wenigen überlebenden Menschen nach dem Schmelzen der Polarkappen auf dem Meer leben und verzweifelt nach bewohnbarem Land suchen.
Costner spielt die Hauptrolle eines unsozialen Mutanten, der keinen Namen hat und unter Normalsterblichen als „der Mariner“ gefürchtet wird. Die Evolution hat ihm ein kleines Extra geschenkt, und so kann er dank Kiemen hinter den Ohren als einziger auf der Welt unter Wasser atmen. Was ja nicht schlecht ist, wenn scheinbar nur noch Wasser existiert. Grimmig bereist er die Meere in einem coolen Trimaran und zieht es vor, anderen möglichst aus dem Weg zu gehen. Ärger findet ihn jedoch, als Umstände dafür sorgen, dass eine Frau und ein kleines Mädchen dauerhaft bei ihm an Bord bleiben. Zufälligerweise hat die Kleine ein Rückentattoo mit einer Sternenkarte, die zu unentdecktem Festland führen soll. Das gibt folglich Trouble für den fiesen Fischmann, denn eine als Smokers gefürchtete Gang von bewaffneten Kettenrauchern, angeführt von Dennis Hopper, setzt alles daran, besagte Karte in die Flossen zu kriegen. Ergo, Action.
„Waterworld“ wurde generell als einfallslose „Mad Max“ Nachmache abgetan, was zweifellos an den Grundelementen liegt: beide haben einen nicht sonderlich freundlichen Antihelden, der in einer regellosen Zukunftswelt gegen eine Übermacht gewalttätiger Gangs mit allerlei Maschinenpark kämpft. In diesem Fall, Boote und Flugzeuge, statt Autos, die Jagd auf Costners Trimaran machen. Würde man das ganze in ein Wüstensetting versetzen, würde Hoppers Fiesling auch tatsächlich gut zu Mel Gibson passen, und die maritimen Vehikel sind fraglos ähnlich cool und toyfähig wie die Autokreationen George Millers.
Leider gibt es so einige Ungereimtheiten, die „Waterworld“ lange nicht an die MMs herankommen lässt. Das auffälligste ist die verfehlte Tonart. Offensichtlich gab es keine klare Einigung darüber, was für ein Film das denn werden sollte. Costner und die Musik sind beispielsweise recht bodenständig und ernst angelegt, schielen vermutlich schon wieder gen Awards, während Dennis Hopper und all seine rauchenden Kohorten auf Power Rangers Niveau unterwegs sind. Ähnlich wie in „Super Mario Bros – Der Film“ oder „Texas Chainsaw Massacre 2“ ist Hopper völlig überzogen und albern im Cage-Wahnsinn zugange, während Costners Mariner eher einen Hopper gebraucht hätte, wie er in „Speed“ vorkam: ernst und ernstzunehmend. Viele alberne Einzelszenen, wie etwa ein oinkender Flakschütze mit Schweinemaske wollen so gar nicht zu Costners Versuch passen, eine packende Geschichte zu beleben.
Selbst die Action hat ihre Probleme. Obgleich jede Menge Spektakel und Abwechslung aufgefahren wird, wirken viele der Handlangerszenen wie einstudierte Choreografien einer Freizeitpark-Stuntshow (tatsächlich gibt es im Universal Studios Park in Hollywood bis heute eine Waterworld Stuntshow, die sogar recht spaßig ist) – das würd ja halbwegs zu Hoppers Borderlands-Stil passen, nicht aber zu Costners Vision eines neuen ergreifenden Epos‘.
Dann versucht „Waterworld“ vergebens, eine stimmige Welt aufzubauen. Die Sets und die Musik sind fantastisch, nur leider hat mangels ordentlicher Kameraarbeit nichts je Atmosphäre. Obgleich das Ding imposanterweise direkt auf dem Meer gedreht wurde (wie „Der Weiße Hai“) und daher extrem schwer zu inszenieren war (wie eben „Der Weiße Hai“), brachte diese Mühe nicht viel. Aufgrund unattraktiver Bildarbeit ist das ganze etwa so stimmig wie der ähnlich aussehende „Der Weiße Hai 4: Die Abrechnung“, der immerhin herrlichen Käse aufwies.
Ein weiteres Problem ist die versuchte Hassbeziehung zwischen dem Mariner und den beiden Frauen an Bord, gespielt von Jeanne Tripplehorn und Tina Majorino. Das Konzept ist klar: der bärbeißige Loner soll sich langsam erwärmen lassen, obwohl er rein pragmatisch ist und sich eigentlich um niemanden scheren will, ähnlich wie Mad Max in seinen Filmen, aber die drei haben einfach null Chemie miteinander. Hier wurde maßlos fehlbesetzt, und so wirkt es den ganzen Film über, als seien sich Costner und Tripplehorn einander tierisch unsympathisch. In einer Szene lässt der Fischmann die beiden Frauen kurz im Stich – später ahnt man, dass es dem Film vermutlich besser getan hätte, er wäre dabei geblieben.
War er überhaupt ein Flop? Gekostet hat er rund 175 Millionen Dollar, eingespielt hat er ca. 260 Millionen. Rechnet man, dass ein Film immer das Doppelte seines Budgets einspielen muss, um Gewinn zu machen, ist man hier fraglos im Minus gelandet, wenn auch nicht sonderlich weit. Das Gefühl eines gewaltigen Flops hat sich wahrscheinlich nur verankert, da „Waterworld“ damals immens als das Megaprojekt des Jahres beworben wurde, und es dazu gehörige Bücher und Games gab. Man hatte wohl inständig gehofft, dass es ein neuer Franchise mit mehreren Teilen werden wird, aber dazu kams ja nicht; dennoch kann man anhand der Zahlen nicht von einem Fiasko sprechen. Insbesondere, wenn man es mit zwei anderen Costner Projekten der Zeit vergleicht. „Wyatt Earpp“, ein 3-Stunden-Westernepos, das der neue „Der mit dem Wolf tanzt“ werden sollte, spielte bei 65 Millionen Dollar Budget nur 25 wieder ein, und „Postman“, der nach „Waterworld“ kam und eine leicht andere Postapokalyptikgeschichte erzählte, kostete 80 Millionen und spielte 20 ein. Die beiden schmierten also deutlich schlimmer ab.
Wieso aber der plötzliche Misserfolg? Nachdem Costner doch kurz zuvor noch einer der Lieblinge Hollywoods gewesen war, hatte sich mittlerweile einfach Costner Müdigkeit eingestellt. Man war es einfach satt, Costner ständig als megabesten Supertypen deklariert zu sehen, und so wurden „Earpp“, „Waterworld“ und auch „Postman“, die nur mittelmäßig statt megasuper waren, eiskalt und knallhart als Totalschanden zerrissen, so wie man kurz danach Roland Emmerichs „Godzilla“ als Fehlerfolg feierte, obwohl der fast 400 Millionen Dollar einspielen konnte.
Wieso aber der weiträumige Gefallen an „Waterworld“? Auch wenn er nicht sonderlich originell sein mag und viele unübersehbare Schwächen aufweist, ist es dennoch eins der wenigen Sci-Fi-Hochseeactionabenteuer überhaupt, und ein typisches „Guilty Pleasure“. Man weiß, dass der Film im Vergleich mit anderen 1995er Titeln wie „GoldenEye“, „Stirb Langsam 3“, „Braveheart“, „Heat“, „Bad Boys“ oder „12 Monkeys“ merklich schlechter ist – das steht wohl nirgends zur Debatte – aber er fällt in die gleiche Schublade wie „Batman Forever“, „Congo“, „Judge Dredd“, „Species“ und „Mortal Kombat“. Das sind nicht die besseren Filme, aber wunderbar kurzweiliger Popcornblödsinn, der bis heut erstaunlich gut unterhält. Gespannt sein darf man jetzt auf „Avatar 2“, der allen Anzeichen nach der „Waterworld in Space“ werden könnte…
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