BG Kritik: „Der Tag, an dem die Erde stillstand“

12. September 2010, Christian Mester

Auf der Erde kommt es zu merkwürdigen Erscheinungen. Seltsame Kugelsphären tauchen auf und sorgen für Unruhen und Massenpanik. Zusammen mit ihnen erscheint Klaatu (Keanu Reeves), der Repräsentant einer mächtigen Allianz von fremden Planeten, die Erde und Menschheit schon seit geraumer Zeit beobachten. Klaatu hat eine wichtige Botschaft – und einen Kampfroboter namens Gort bei sich…

The Day the Earth stood still (2008)
Regie: Scott Derrickson
Cast: Keanu Reeves, Jennifer Connelly, Jaden Smith

Kritik:
Der neue Tag funktioniert leider nur innerhalb seines ersten Abschnitts, in dem es geheimnisvoll um die Landung der außerirdischen Sphären und Klaatu geht. Kaum ist er den amerikanischen Mächten zum Opfer geworden und wieder entflohen, flieht nämlich gleichzeitig auch das Niveau, das bis zum Ende nicht mehr zurückzuholen ist. So vieles klappt nicht, das man sogar weit ausholen muss, um überhaupt alles schief gelaufene ausreichend abzudecken.

Jennifer Connelly z.B. ist ohne Frage eine der hübschesten und talentiertesten Aktricen Hollywoods, doch hier stolpert sie mit einer tierisch eindimensionalen, leeren Rolle durch den Film, mit der sie rein gar nichts anfangen kann. Ihre wenigen dramatischen Momente bestehen aus stümperhaft geschriebenen Klischeeszenen, die man sogar schon besser in Filmen wie Independence Day gesehen hat. Ein Grauen ist Jaden Smith, der ihren Filmstiefsohn spielt und im Laufe des Films immer mehr an Bedeutung bekommt – ein gewaltiger Fehler, denn der Kleine vermag es überhaupt nicht, seine geschauspielten Momente glaubhaft rüberzubringen. Im Gegenteil, er wird sogar immer nerviger und unterstreicht mit seinem Vorabend Soap-Talent, wie gut und glaubwürdig Dakota Fanning in Krieg der Welten war.

In den Nebenrollen finden sich noch Kathy Bates, die sich mit der Rolle einer engstirnigen und dummen Verteidigungsministerin keinen Gefallen tut; Robert Knepper (Prison Break), der sinnfrei als General verheizt wird und kein einziges Mal zum Zuge kommt (und der Mann ist eigentlich gut, wirklich gut); sowie John Cleese, der im großen und ganzen tatsächlich zu überraschen weiß. Der sonst so lustige Monty Python-Comedian verleiht dem Film einen der wenigen Lichtpunkte als sympathischer Professor, der eine kurze, nette, aber recht unwichtige Szene mit Klaatu hat.

Da liegt eins der nächsten Probleme, denn so passend Keanu auch als außerirdischer Botschafter Klaatu sein mag: er bekommt fast keine einzige nennenswerte Szene. Die meiste Zeit über steht er nur stoisch herum oder führt versimpelte und idiotische Dialoge, die Kopfschmerzen bereiten – die einzig etwas interessantere Darstellung findet sich während des Verhörs, was allerdings schon fast komplett im Trailer zu sehen war. Gort? Sci-Fi Fans kennen und lieben den riesigen Kampfroboter aus dem Original, der damals mit geliebter Trashnote inszeniert wurde, aber der neue ist nichts anderes als ein schlechter Witz. Wer sich einen haushohen Kampfroboter in Rage wünscht, wird enttäuscht sein, denn Gort macht nur einmal ganz kurz etwas und löst sich danach in Nanopartikel auf – ist kein Spoiler, denn diese Nanopartikel fliegen darauf hin los, um die eigentliche Zerstörung zu starten. Wobei wir schon seit Lost wissen, dass fliegende Staubwolken nur dann gruselig sind, wenn sie merkwürdige Geräusche von sich geben. Wieso man Gort selbst, der übrigens größtenteils sehr unecht aussieht, nicht einsetzte, bleibt fraglich.

Fans des Originals werden auch mit Grauen feststellen, dass die Macher des Films den Namen Gort tatsächlich versuchen zu erklären, in dem sie ihn „Genetisch-organische Robotertechnologie“ nennen. Das und die Tatsache, dass der berühmte Satz „Klaatu Barada Nikto“ nur kurz geflüstert wird und nahezu nicht zu verstehen ist, sorgen für Kopfzerbrechen. Wer sich von den Postern her Action oder Spektakel gewünscht hat, wird übrigens genau so enttäuscht sein wie diejenigen, die sich lieber Anspruch und ruhige Bilder zur Gemüte führen. Zu schnell inszeniert um jemals Ruhe zu finden, gibt es auch nur vereinzelt kleine Momente mit Effekten, in denen es aber nie wirklich zu echter Action kommt. Stattdessen versteift sich der Film auf seine so wichtige Message und Sozialkritik, die kindisch und übervereinfacht so plump erwähnt wird, dass selbst die Sommerkatastrophe The Happening in der Hinsicht keinen Deut schlechter abschneidet.

Dazu kommt, das die Story viele dämliche Momente und Entwicklungen aufweist, die völlig unverständlich sind. So stellt sich zum Beispiel die Frage, wieso wieder einmal nur die Weltpolizei Amerika ganz allein mit den Aliens in Kontakt steht, wieso sie nach vergeblichen Erstangriffen immer noch weiter angreifen oder es vehement ausschlagen, mit Klaatu zu verhandeln. Oder wieso – wie schon in der anderen Kritik erwähnt wurde – das Product Placement so nervtötend penetrant angebracht werden musste. Abgeschlossen wird dann alles durch ein übertrieben glattes Happy End, das ohne größeren Konflikt, dafür aber mit seelenlos gespielter Tragik ala Fantastic Four 2 abschließen will – und dann auch noch in einen deutschen Rapsong übergeht! Man muss zweimal hinhören um seinen Ohren zu glauben, aber im Anschluss an den Film läuft tatsächlich ein deutscher Rapsong von Thomas D! Eine cineastische Greueltat, für die man das verantwortliche deutsche Studio noch lange böse ansehen sollte.

Zum Schluss lässt sich sagen, dass Regisseur Scott Derrickson, der mit Der Exorzismus der Emily Rose schon einen netten kleinen Film abgelegt hat, hiermit keine wirklichen Lorbeeren einheimsen kann. Der Film sieht solide aus, ist aber von der Optik her nichts Besonderes und bis auf die Sphären – die sich nach einiger Zeit andauernd wiederholen – von der Regie her ziemlich uninspiriert. Tyler Bates‘ Score ist gut, ist aber so schlecht platziert, das man nur selten darauf aufmerksam wird. Über Keanu selbst lässt sich nicht viel sagen. Der sympathische Frontmann passt gut zur Rolle und macht seine Sache gut, kriegt aber wie schon Connelly keine wirklich guten Szenen. Des öfteren scheint man ihm auch anzusehen, dass er nicht viel von seinem kleinen Co-Partner hält. Street Kings war dieses Jahr sein klar besserer Film.

Fazit:

Teuer gemachte, aber uninspirierte, langweilige Neuauflage des alten B-Movie Klassikers. Zäh wie Pattex und bis auf Keanu Reeves‘ Figur durchgehend langweilig.

3 / 10

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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