Treasure Tuesday Spezialkritik: Die Maske des Roten Todes (1964)

7. April 2020, Christian Westhus

Zu Hause bleiben. Filme gucken. Zum Beispiel einen der ausgewählten Schätze, die wir wöchentlich beim Treasure Tuesday vorstellen. Vergessene Filme, unterschätzte Filme, alte Filme, fremdsprachige Filme. Filme, die sich lohnen, auch wenn gerade nicht die halbe Welt über sie spricht. Über diesen Film könnte die halbe Welt sprechen, denn irgendwie passt er erschreckend gut in diese Zeit. Die Roger Corman/Vincent Price Edgar Allan Poe Adaption „Die Maske des Roten Todes“ von 1964.

© Alta Vista, Koch Media

Die Maske des Roten Todes
(Originaltitel: The Masque of the Red Death | USA, UK 1964)
Regie: Roger Corman
Darsteller: Vincent Price, Hazel Court, Jane Asher, Patrick Magee u.a.

Was ist das für ein Film?
„Die Maske des Roten Todes“, auch bekannt etwas reißerischer und sinnloser als „Satanas – Das Schloss der blutigen Bestie“, ist eine von sieben (acht) Edgar Allan Poe Adaptionen, die B-Movie Regie- und Produzentenikone Roger Corman in den 1960er Jahren für American International Pictures drehte. Finden sich auch Elemente der Poe Erzählung „Hopp-Frosch“, geht die Haupthandlung folgerichtig größtenteils auf „Die Maske des Roten Todes“ zurück und wirft uns ins Italien des 12. Jahrhunderts. Eine Seuche geht durch die Dörfer des Landes, genannt Der Rote Tod. Der grausige Prinz Prospero (Vincent Price) will davon nichts wissen. Der Satansanbeter zieht sich mit seinem Gefolge und adligen Gästen in sein Schloss zurück, um rauschende orgiastische Feste zu feiern, sich vor der Seuche zu verstecken, während die bäuerliche Bevölkerung außerhalb der Schlossmauern dahingerafft und vom Prinzen ignoriert wird. Beim zentralen Maskenball werden auch schon mal unartige Gäste lebendig verbrannt. Bis plötzlich eine Gestalt umgeht, ganz in Rot gekleidet, ausgerechnet der Farbe, die Prospero untersagt hatte.

Neben „Der Untergang des Hauses Usher“ („Die Verfluchten“, 1960) gilt dieser Film als bester und visuell stärkster Film der Corman Poe-Adaptionen. Das liegt an einem wunderbar satanisch aufgelegten Vincent Price, das liegt am beachtlichen und farbintensiven Kostüm- und Produktionsdesign, sowie an der Kameraarbeit der späteren Regie-Legende Nicholas Roeg („Wenn die Gondeln Trauer tragen“), der hier ausnahmsweise statt Stamm-Kameramann Floyd Crosby übernimmt. Doch die Natur der Poe-Vorlage, der auch nicht viele bessere Geschichten als diese geschrieben hat, gibt dem Film noch eine besondere Qualität. Ohne in graphische Extreme zu verfallen, ist der Film oft genüsslich unterhaltsam und in Momenten auch erstaunlich direkt und finster.

Warum sollte mich das interessieren?
So viele Gründe! Filmhistorisch interessante und wichtige Personen wie eben Vincent Price und Roger Corman sollte man immer versuchen (besser) kennen zu lernen. Cormans Poe-Adaptionen sind womöglich auch eine spannende Alternative für alle, die vom britischen Hammer Horror noch nicht satt geworden sind. Und überhaupt Poe! Angesichts seines historischen Status und seiner Qualitäten ist es eigentlich erstaunlich, wie lange eine richtige Poe-Adaption schon her ist. (Und angesichts der aktuellen Umstände scheint es gar nicht mal so unwahrscheinlich, dass insbesondere diese Geschichte in den nächsten zwei, drei Jahren vielleicht mal wieder aufgegriffen wird.) Vielleicht führt nicht zuletzt auch dieser Film dazu, mal wieder ein wenig Poe zu lesen. Es lohnt sich. Der gute Mann kann so viel mehr als sprechende Raben, tickende Herzen und eingemauerte Neider.

Doch natürlich; die aktuelle Situation. Man braucht sich nur den Plot noch einmal in passenden Schlagworten vornehmen: ein grausiger Adliger, der eine tödliche Seuche ignoriert, der in eigennütziger Abschottung rauschende Feste feiert, sich als unangreifbar betrachtet und die arme Bevölkerung außerhalb sich selbst überlässt statt ihnen Versorgung, Unterschlupf und Schutz zu bieten. Oder anders formuliert: Prinz Prospero hat das mit dem ZuHauseBleiben nicht ganz richtig verstanden und hat durch seine hedonistische Ignoranz literweise Blut an den Händen. Prospero feiert, da er sich über den Dingen sieht, als beträfe ihn die Seuche nicht.

Der Film ist zum Zeitpunkt der Veröffentlich bei Amazon Prime im Abo guckbar.

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Autor: Christian Westhus

Ein echter Ostwestfale. Gebürtig aus einer kleinen Doppelstadt, die niemand kennt, studierte Literatur in einer Stadt, die es angeblich nicht gibt (Bielefeld). Arbeitet seit 2006 für BereitsGesehen, schreibt Kritiken und Kolumnen, gehört zum Podcast Team und ist einmal im Monat beim KultKino in Lippstadt zu sehen.

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