BG Kritik: „Chucky, die Mörderpuppe 1-5“

12. September 2010, Christian Mester

Als sich Serienmörder Charles „Chucky“ Lee Ray (Brad Dourif) eines Abends tödlich verletzt in einen Spielzeugladen schleppt, greift er ins Regal und beginnt ein seltsames Gebet zu sprechen. Einen Augenblick später ist Ray tot, sein Fall somit anscheinend geklärt. Rays Leben beginnt jedoch erst richtig, da er seine Seele mit Hilfe eines Voodoo-Zaubers in eine Puppe übertragen konnte – in dessen Plastikhaut er nun lebt. In den ersten drei Filmen geht es nun primär um Chuckys Versuch, einen Jungen namens Andy zu erwischen, in den er seine Seele übertragen will. In den Teilen vier und fünf hingegen geht es hauptsächlich um Chuckys Beziehung zu seiner Ex-Freundin (Jennifer Tilly), die er ebenfalls in eine Puppe verwandelt.

Regie: Tom Holland, et. al.
Darsteller: Brad Dourif
Release: 1993-2006

Kritik:
Ein laufender Meter Plastik, fies kichernd und bis an die Zähne bewaffnet. Neben dem Leprechaun (Kritik 1-6) ist Chucky fraglos die bekannteste zu klein geratene Horrorikone, die heute fester Bestandteil moderner Popkultur ist. Fünf Filme gab es in fünfzehn Jahren, die sich grob gesehen zwar allesamt sehr ähnlich sind (Puppe jagt Menschen), sich im Detail aber deutlich unterscheiden.

Der erste Film, der 1989 erschien, nimmt sich noch völlig ernst. Lange spielt man hier mit der Möglichkeit, dass nicht die Puppe der Mörder ist, sondern sein kindlicher Besitzer, wodurch „Chucky – Die Mörderpuppe“ über typisches Slasher-Material hinaus geht. Der deutsche Filmtitel nimmt es zwar schon vorweg, aber im Original hieß der Film „Kinderspiel“ und selbst der Trailer ließ die Frage nach dem gesuchten Mörder geschickt offen. Bis zur Mitte etwa ist der erste somit ein recht spannender Thriller, der rätseln lässt und zum Ende hin actionreicher wird. Chucky erweist sich trotz seiner geringen Körpergröße als reichlich zäher Gegner, der die Familie des Jungen glaubwürdig bis zum Äußersten treibt und einen beachtlichen Showdown bekommt. Die Effekte sind für damalige Verhältnisse gelungen und es bleibt sogar nicht aus, dass man – vor allem im jüngeren Alter – den einen oder anderen Schauer bekommt. Sehr gelungen ist die Sprachausgabe des hundsgemeinen Wadenschlitzers, die sowohl im O-Ton (Brad Dourif!) als auch in der deutschen Variante seine Wirkung nicht verfehlt.

Teil 2 folgte zwei Jahre später und ist eine reine Verlängerung der letzten Ereignisse. Chucky bekommt durch Zufall einen neuen Körper spendiert und macht weiterhin Jagd auf seinen Andy. Neue Beteiligte sorgen für neue Opfer, doch die imitierte Handlung und schwächere Regie rütteln am allgemeinen Effekt. Während Andy erneut auf ewigen Unglauben seiner Mitmenschen stößt, wandelt sich Chucky langsam zum Oneliner-reißenden Joker. Anspruch bleibt eher aus, dafür wird offensichtlich, dass sich die Macher bevorzugt lieber Mühe damit gaben, möglichst unterhaltsame Morde zu inszenieren. Ein Rückschritt im Vergleich zum Vorgänger, da man keine Sekunde mehr auf echte Spannung setzt und es zu einer leidlich vorhersehbaren Slasher-Geschichte ohne Überraschungen verkommt. „Chucky 2“ reicht im Großen und Ganzen nicht an die Stärken des Vorläufers heran, ist aber dennoch solide gemacht und ein akzeptables Sequel für Fans des Genres. Der Film ist sehenswert, schon allein, weil das gut gemachte Finale in einer Spielzeugfabrik zu überzeugen weiß, wenn auch nichts Besonderes mehr, da den Schreibern nichts Neues einfiel.

Da Amerika 1990 noch immer nicht genug vom Chuckster hatte, folgte rasche neun Monate später „Chucky 3“ (im Original gab es den Werbeslogan „Kuck mal, wer da sticht“), der die vollzogene Entwicklung fortführt. Mehr Morde, noch weniger Spannung, noch schwächere Regie, noch weitaus schwächeres Drehbuch. Der Film, der in einer Militäranlage spielt in dessen Nähe es seltsamerweise sowohl eine Spielzeugfabrik als auch eine Kirmes gibt, lebt mittlerweile nur noch von einem einzigen Aspekt: Dourifs hörbarem Spaß an der Rolle. Mit „Chucky 3“ wird die halbe Portion endgültig zum waschechten Comedian, der sich nahezu unentwegt kichernd und lachend durch die ansonsten debile Handlung schlitzt. Schreiber Don Mancini gab im Nachhinein sogar zu, keine Ideen mehr gehabt zu haben, vertraglich aber verpflichtet war, rasch eine Fortsetzung aus dem Ärmel zu schütteln. Sein Desinteresse am Projekt und die Ratlosigkeit finden sich verständlicherweise in der Qualität des ganzen Films wieder, der generell als schwächster Teil der Reihe gesehen wird und nur Spaß macht, wenn man möglichst wenig erwartet.

Inmitten der Teen-Slasherwelle der 90er („Scream“, „Düstere Legenden“, „Ich weiß, was du letzten Sommer…“) tauchte ein vierter Teil auf, der sich konzeptionell zunächst überraschend nah am schwachen dritten orientierte. Wieder gibt es eine banale Geschichte mit zwei uncharismatischen, uninteressanten Menschen (darunter: „Beim ersten Mal“-Star Katherine Heigl), wieder liegt das Hauptaugenmerk auf einen witzelnden Chucky und seinen Morden. Jennifer Tilly mimt seine schrecklich aufgekratzte Freundin, die nach kurzer Szene selbst im Puppenkörper landet. Von da an sieht der Film sich als eine Art „Bonnie & Clyde“ mit sarkastischen, cartoonhaften Puppen, die sich ständig fetzen und klamaukhaft schwarzhumorigen Unfug anstellen. Dass das recht gut funktioniert, liegt an sehenswerter, teurer Produktion und wesentlich besser geschriebenen Szenen, in denen Chucky sich als sympathisches Kerlchen zeigt, sowie der hörbar starken Chemie der beiden Sprecher. Vorbei sind die Zeiten, in denen er als ernstzunehmender Zelluloidmörder für Schrecken sorgte. „Bride of Chucky“ – ein Wink auf den Klassiker „Bride of Frankenstein“ – ist der erste der Reihe, der offensichtlich über sich selbst lacht. Ob Puppensex ala „Team America“, Heiratsanträge mit abgetrennten Ringfingern oder augenzwinkernde Verweise auf andere Slasher: Teil 4 weiß, dass er im Grunde überflüssig und fernab davon ist, jemals wieder ernst genommen zu werden, macht aber das Beste aus seiner Situation. Aufgrund des hohen Humoranteils ist er zu Recht einer der beliebtesten Teile der Reihe und erinnert damit an „A Nightmare on Elm Street 3“ – eine andere Horrorreihe, die einst ebenfalls düster anfing und seinen größten Hit später mit harmloserem Gruselspaß feierte.

Chuckys Liason mit seiner durchtriebenen Freundin war ein Erfolg. Es sollte jedoch ganze sechs Jahre dauern, bis ihr Nachwuchs das Licht der Welt erblickte. Für „Chucky’s Baby“ gewann man Hobbit Billy Boyd (Pippin) als Sprecher des Kindes, dessen Geschichte eine Hommage an einen alten Ed Wood-Klassiker ist: „Glen oder Glenda“. Im Film macht man sich einen Spaß daraus, dass ihr Puppenkind kein sichtliches Geschlechtsteil hat und somit beides sein könnte. Teil 5 ist prinzipiell vortrefflich gemacht und bietet die besten Puppeneffekte der ganzen Serie. Der Film hat seine vereinzelten Momente (sehr gelungen: eine Film-im-Film Sequenz mit einem Weihnachtsmann und eine großartige Traumsequenz zu Anfang), doch die eigentliche Handlung und ihre Beteiligen (u.a. John Waters, S Club 7-Sängerin Hannah Spearritt und Rapper Redman) sind eine derbe Enttäuschung. Vor allem Redman sieht man an, dass er sich anstrengen muss, in seinen ohnehin schon leichten Szenen aufgrund dämlicher Dialoge nicht in Gelächter auszubrechen; wenigstens ist es lustig, dass Jennifer Tilly – die im Film Tiffany und sich selbst spielt – über sich selbst lachen kann und sich ein wenig über Hollywood-Klischees amüsiert.. „Chucky’s Baby“ ist gleichzeitig der albernste Teil von allen und bemüht sich durch eine halbgare Story inklusive Puppenmasturbation, die abschließend leider auch noch im schwächsten aller „Chucky“-Enden mündet.

Fazit:
Die „Chuckys“ kann man getrost in drei Akte aufteilen: die ersten beiden Filme sind gute und solide Horrorgeschichten, drei dagegen vermurkst alles und ist ein merklich schwächerer Ableger. Vier und fünf sehen offensichtlich am besten aus, sind aber plötzlich Horror-Comedy und mit ihrem Ton fast Parodie auf die eigenen Anfänge. Ernstes Kino findet sich im ersten, die beste reine und harmlose Unterhaltung im bierten. Kennen sollte man, wenn, wie so oft bei diversen Horrorreihen, hauptsächlich das Original.

4.5 / 10

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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