BG Kritik: „Ghostbusters: Legacy“
Wer vom kontroversen 2016er Ghostbusters (BG Kritik) enttäuscht war, darf aufatmen: der 2021er Ghostbusters ist eine ebenso stilistische, wie auch inhaltliche klare Rückkehr zum Original. Zwar ebenfalls mit einer neuen Gruppe Geisterjäger, aber Humor und Feeling sind fraglos genau so wie beim Klassiker von 1984, und dann ist es auch noch ein guter Film geworden.
Regie: Jason Reitman
Besetzung: McKenna Grace, Finn Wolfhard, Paul Rudd
Dass die kleine Phoebe Spengler Nachfahre von Ghostbusters-Tüftler Egon Spengler ist, muss der Film nicht einmal aussprechen. Schon von ihrer ersten Szene an wird klar, dass sie eine erstaunlich gelungene Neuinterpretation des ikonischen Charakters ist und ihre Sache wirklich gut macht, womit sie dann sogar für den ganzen Film an sich steht. Der Film schafft einen schwierigen Spagat, nah am Original zu bleiben, ähnliche Töne zu treffen und grob ganze Aspekte zu wiederholen (so will der sumerische Gott Gozer die Welt schon wieder mit Schlüsselmeister und Torwächter erobern), darin aber eigen genug, frisch genug und unterhaltsam genug aufzutreten, dass es nie wie ein schales Imitat wirkt.
Die Handlung ist simpel: Geister sind seit den 80ern nicht mehr gesehen worden (yep, Teil 3 wird gänzlich ignoriert), die Ghostbusters haben sich schon vor langer Zeit getrennt und Egon ist daraufhin mit lauter Techkram auf eine alte Farm gezogen und hat… irgendetwas vorbereitet. Nach dessen Tod übernimmt seine entfremdete Tochter die Baracke und bringt ihre Kinder mit, die sich nur ungern in der kleinen Stadt einfinden, aber mit großer Neugier in Erfahrung bringen, wer ihr Opa eigentlich mal war, und was es mit unnatürlichen Erdbeben in der Nähe auf sich hat.
Wer kritisieren mag, dass der neue Film bloß „Stranger Things“ im Ghostbusters Franchise ist (zumal mit Finn Wolfhard sogar eins der ST Kids buchstäblich eine Hauptrolle inne hat), hat besagte Serie vielleicht noch gar nicht gesehen, denn „Stranger Things“ ist vorzüglich und gerade die letzte Staffel hat es klasse geschafft, eine tolle Mysterygeschichte mit jeder Menge Witz, Herz und Spektakel zu erzählen, die zwar immer wieder nostalgisch gen 80er Filme und Serien schielte, dennoch aber ihr eigenes Ding durchzog. Womit man sich abfinden muss: yep, eventuell hat der ein oder andere der alten Ghostbuster hier einen Kurzauftritt, aber nein, man muss einfach damit leben, dass Venkman, Stantz, Zeddemore und der nunmal verstorbene Spengler kein Ruder mehr in die Hand nehmen werden, keine Protagonisten eines neuen 100 Mio+ Films mehr sein werden. Dan Aykroyd und Ernie Hudson wären da sicher sofort für zu haben, es ist aber nunmal Bill Murray, der keine größere Beteiligung will und letzten Endes auch das Studio, das den drei 70+ Herrschaften keinen Blockbustererfolg mehr zutraut.
Zwar mögen die Hauptfiguren von „Ghostbusters: Afterlife“ Kinder sein, das macht den Film aber nicht automatisch zu einem reinen bunten Kinderfilm wie etwa „Gänsehaut“. Zu verdanken ist das vor allem Jason Reitman (übrigens Sohn von Ivan Reitman, der die ersten beiden Filme gemacht hat), der hier ein erstklassiges Händchen für Humor beweist. Der Film ist gespickt mit tollen Späßen und auch jeder Menge „erwachsenem Humor“, dazu versteht er seine Kindercharaktere und verleiht ihnen mehr Tiefe als die üblichen einsilbigen Kreischkinder aus anderen Filmen. Hinzu kommt auch, dass ihr Abenteuer spannend inszeniert ist. Obwohl auch hier zum ersten Mal ein Geist gejagt wird, die Hintergründe um Gozer ermittelt und dieser zum Schluss konfrontiert wird, wird alles frisch genug interpretiert, und sei es nur die Rückkehr des Marshmellow-Manns. Im Original tauchte dieser in Hochhausgröße auf, um die Straßen von New York zu terrorisieren – hier ist es eine Armee von Mini-Marshmellow-Männchen, die in einem Supermarkt herumwuseln und sich makaber gegenseitig rösten, mixen und shreddern.
Großen Spaß macht es, wenn Ecto-1 entstaubt und aus dem Schuppen gerollt wird, um dann mal zünftig durch die Gegend zu heizen. Überhaupt merkt man dem ganzen Film an, dass er von Leuten gemacht worden ist, die den Franchise lieben. Beim letzten Teil hatte man oftmals das Gefühl, dass man vom altbackenen Original gelangweilt war, ein Update brauchte. So entwickelte Kate McKinnons Figur Protonenstrahler in verschiedenster Form wie etwa Pistolen, weil ja die alten zu ungelenk, zu lahm waren. Die Witze waren derber, die Farben knalliger, die Geister krasser, der absurde Humor noch viel absurder. Der neue Film versucht glücklicherweise nicht, neuer, besser, cooler zu sein als das Original, sondern tritt einfach in dessen Fußstapfen und geht damit weiter. Das Highlight des Films dürfte die erste Geisterjagd sein, die mitreißend inszeniert ist und richtig Lust auf mehr macht.
Was kritische Punkte betrifft, gibt es nichts sonderlich markantes zu benennen. Die Regie ist tiptop und teilweise spielbergig, die Darsteller allesamt sympathisch. Einzig das etwas überladene Finale samt Epilog dürfte spalten: für die einen ist eine emotionale, schöne Verbindung zu den alten Filmen und Darstellern, für andere ein eventuell geschmackloser Versuch des Unternehmens, Nostalgie durch Fanservice noch weiter zu melken, was zudem ein klein wenig ungerechtfertigt von den Kindern ablenkt, die den sonstigen Film bis dahin getragen haben.
Fazit:
„Ghostbusters: Legacy“ ist ein spaßiger neuer Teil der Reihe, so lange man sich dreierlei bewusst ist: die Ära der alten Ghostbusters ist nunmal vorbei, Kinder sind jetzt die neuen Geisterjäger und nein, sie kriegen keine eigene Geschichte, sie greifen die des ersten Teils auf. Wenn man sich darauf einlassen kann, erlebt man einen Film, der zugleich schöner Tribut an das Original, wie auch unterhaltsames neues Mysteryabenteuer ist.
8/10
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