BG Kritik: „James Bond 05: Man lebt nur zweimal“

17. September 2015, Christian Mester

Als eine Raumkapsel von einem unbekannten Flugobjekt entführt wird, droht ein Krieg zwischen Russland und den Vereinigten Staaten. Eine Spur führt Bond nach Japan…

MAN LEBT NUR ZWEIMAL
YOU ONLY LIVE TWICE (1964)
Regie: Lewis Gilbert
Cast: Sean Connery, Donald Pleasance

Moonrakers erste Satelliten: Bond 5 ist also der erste der Reihe, der sich näher mit dem Weltraum befasst, das allerdings weit von den Faxen des berüchtigten Moores entfernt (den, welch Zufall, Regisseur Lewis Gilbert dann später auch drehen sollte). Prinzipiell versucht Man lebt nur zweimal dem zuvor erstellten Muster orbital zu folgen und macht dies sphärenweise auch recht behände. Nach einer interessanten, wenn auch plump inszenierten Eröffnungsszene, in der Bond seinen Tod vortäuscht und seebestattet wird (kleiner Wink an Feuerball), reist er nach Japan, was erstmal einen visuell sehr interessanten Setwechsel ergibt… was es aber leider nur visuell bleibt. Obgleich es im Film wie zu erwarten Ninja, Katanas, Karatekämpfer, Geishas, Sumos und andere asiatische Motive gibt, macht die Geschichte nicht viel draus und lässt es nur Deko bleiben. Einzig Bonds männlichem Kontakt Tiger Tanaka wird viel Respekt gezollt, alles andere bleibt belanglos.

Bond ergötzt sich an japanischer Wellnessbehandlung und protzt vor Moneypenny Japanisch zu können, doch er spricht es dann fast nicht und zieht sein Ding relativ ignorant durch, ohne interessante Merkmale des Landes zu nutzen. Albern ist ein 1-Tag-Training in einem Ninjacamp, und geradezu beleidigend eine Szene, in der Bond als Asiate verkleidet wird und dadurch wie Spocks verschollener, debiler Vetter Sven aussieht. Connery spielt Bond erneut souverän, doch kann nicht viel aus den interessanteren Szenen machen. So wird er beispielsweise einmal zwangsverheiratet (was ja im Folgefilm Im Auftrag ihrer Majestät spezieller thematisiert wird), was ihn jedoch nicht näher kümmert, und dass bei Versagen ein Weltkrieg droht, scheint ihn nicht eine Minute lang zu jucken.

Das und die Tatsache, dass der Film die Karten von Anfang auf den Tisch legt, nimmt früh Spannung aus dem Geschehen, das dann für Bond und Zuschauer folglich nur noch den Gehalt eines lockeren Jogginglaufs hat. Lediglich ein Dogfight in der Luft zwischen Bond im kleinen Minihubschrauber Nellie und feindlichen Hubschraubern bringt zwischendurch etwas Wind in die Sache. Dass Bond seinen Tod vortäuscht – das titelgebende Element – spielt im Nachhinein keine größere Rolle, da Bond wie immer alles andere als schleichend unterwegs ist und demnach von der Gegenseite schon recht früh als doch noch lebend entdeckt wird. Die Bondgirls sind eher schwach: auf Seiten der Guten langweilen Akiko Wakabayashi als Aki und Mie Hama als Kissy („Ich freue mich, unter ihnen zu dienen“) als Bonds Schoßhündchen, auf Seiten der Bösen ist Helga (Karin Dor), die rechte Hand eines asiatischen Verbündeten Blofelds, bloß lustloses Imitat von Feuerballs Fiona.

Als Bösewicht Blofeld taucht Donald Pleasance (Dr. Loomis aus den Halloween Filmen) erst gegen Ende auf, sieht dabei zwar ikonisch aus, bekommt aber nicht viel zu tun und flieht schnell. Seine Organisation hat übrigens mittlerweile einen dritten Namen erhalten: nach GOFTER und PHANTOM heißt sie nun SPECTRE (wie sie im Buch schon die ganze Zeit hieß). Zurück lässt er Bond seinen blonden Handlanger Hans, der zwar Schrank und böse ist, aber nichts eigenes aufweist und wiederum bloß Kopie von Moskau’s Grant ist, sub jeglicher Persönlichkeit. Erstklassig ist der Film hingegen in Sachen Setdesign der Bösenbasis: spätestens mit diesem Film hat sich 007-Set-Designer Ken Adam in den Olymp seiner Zunft gebastelt, denn die Vulkanbasis Blofelds inklusive eingebautes Piranhabecken ist ein echtes Highlight. Connery und die sehr abwechslungsreiche Bildgewalt, sowie ein toller Bond Song von Nancy Sinatra helfen dann noch irgendwie, den ansonsten transusigen und wenig aufregenden Man lebt nur zweimal vor einem Crash zu retten.

Fazit:
Traditionell mit Algen umwickelt, voller Reis… aber irgendwie ohne Inhalt, geschmacksdefizitär. Bonds Sushiabenteuer ist chic, aber substanzlos, spannungsarm und damit ein eher mauerer Ableger der Reihe.

6 / 10

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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