BG Kritik: „Star Wars Episode 9 – Der Aufstieg Skywalkers“

18. Dezember 2019, Michael Essmann

Die aktuelle Rebellion scheint gescheitert. Von den zerstörerischen Ereignissen aus „Star Wars: Die letzten Jedi“ noch mehr als gezeichnet, scheint alle Hoffnung verloren. Vielleicht mehr denn je. Und richtig gut sah es für die Rebellen im „Krieg der Sterne“ ja irgendwie nie aus. Ob gegen das Imperium oder nun gegen die Erste Ordnung, unter der Führung des zwischenzeitlich zum Obersten Anführer ernannten Kylo Ren (Adam Driver). Während Rey (Daisy Ridley) ihr Jedi-Training unter Leia (Carrie Fisher) weiterführt, befinden sich Poe (Oscar Isaac) und Finn (John Boyega) auf der Jagd nach, ja, nach was eigentlich?!

Das große Finale der dritten Trilogie im „Krieg der Sterne.“

© The Walt Disney Company

Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers
Star Wars: The Rise of Skywalker (USA, 2019)
Regie: J.J. Abrams
Mit u.a. Daisy Ridley, John Boyega, Oscar Isaac, Adam Driver, Carrie Fisher und Mark Hamill

Ab dem 18.12.2019 geht der Sternenkrieg in die letzte Runde der Skywalker-Saga.

Kritik:
Im Jahr 2015 startete mit „Star Wars: Das Erwachen der Macht“ eine neue Ära im „Krieg der Sterne“. Nun findet diese Ära ihr Ende im Kino. Zumindest in der Haupt- oder auch Skywalker-Saga. Vermutlich nur vorläufig. Aber nun gut. Wie ein ungeschriebenes Gesetzt besagt, bleibt, was im Lauftext passiert, nicht im Lauftext. Will heißen, was der einläutende klassische gelbe Text vor Sternen-Hintergrund offenlegt, wird nachfolgend auch hier offengelegt. Was aber nichts ist, was nicht auch schon Marketing und Trailer lauthals verkündeten. Die nachfolgende Kritik enthält darüber hinaus aber keine Spoiler oder mehr Details als nötig erscheinend.

Er ist wieder da! Ja, er. Nein, nicht Hitler. Sondern sein Star Wars-Äquivalent. Der Imperator. Der hat kurz mal durchgerufen. Ein Statusupdate gepostet und sich gemeldet. Und nun wissen es alle. Und während die Rebellion um Leia noch ungläubig dreinschaut, plant die Erste Ordnung/das Imperium schon fast ihre Siegesfeier.

„Episode 8“ hat und hatte seine Probleme. Definitiv, und ohne Wenn und Aber. Sei es der Handlungsstrang mit dem offensichtlichen Überholverbot im Weltall oder im Bereich Casino. Aber, es war definitiv ein Film, der in einigen Punkten geliefert hat, die oft nach „Episode 7“ gefordert wurden. Weniger Fanservice, mehr Unerwartetes, mehr Neues. Das hat geklappt. Nur dem Tenor der Masse der Kinogänger mit Zugang zum Internet nach zu empfinden, nicht so, wie sich das vorgestellt wurde. Luke, der Held der klassischen Trilogie wurde auf links gedreht und dann weg. Obermacker Snoke, von seinem Thron, ja, im wahrsten Sinne abgesägt. Die ach so wichtige Elternfrage bei Rey, Säufer ohne Namen haben die Heldin gezeugt. Kurzum, alles falsch. „Nicht mehr mein Star Wars.“ Nicht meine persönliche Meinung. Eher das Gefühl, was bei irgendwie jedem Gespräch zum Film herüber schwappte. „Episode 8“ polarisierte. Aber die Gruppe die ihn hasste/nicht mochte schien und scheint noch immer zu überwiegen. Nun startet also die womöglich Kurskorrektur von dem Mann, dem nach „Episode 7“ vorgeworfen wurde nur ein Remake vom klassischen „Krieg der Sterne“ abgeliefert zu haben. Möge die Macht mit uns sein. Immer.

© The Walt Disney Company

Und wie das im Leben und so auch bei „Star Wars“ nun mal so ist, so gibt es Licht und Schatten. Oder eben die Helle und die Dunkle Seite der Macht. Auf der Hellen Seite haben wir bei „Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers“ definitiv die technische Seite. Was hier allein effekttechnisch aufgefahren wird, scheint an Größe kaum zu überbieten. Hier ist immer gut was los, es gibt immer was zu sehen und zu bestaunen, es kracht mehr als ansehnlich und zumeist auch gut übersichtlich. Ob im All mit X-Wing und Sternenzerstörer, oder bei einem beeindruckenden und so noch nicht gesehenen Laserschwertduell inmitten eines tosenden Ozeans. In diesen Momenten funktioniert dieser „Star Wars.“ Ein Krieg in den Weiten einer Galaxie. Es sieht groß aus, bedrohlich, und vieles wirkt weiter wie im in „Episode 7“ eingeführten homogenen Mix aus alt und neu. Also gut handgemacht und Puppen, Animatronics, Modelle und echtes Set-Design treffen auf moderne Erweiterungen und Weltraumschlachten aus dem Computer. Hier stimmt die Mischung aus klassisch und modern. Vielleicht gar in der Vollendung, wenn man es in der aktuellen Trilogie sieht. Gleiches gilt musikalisch, John Williams zaubert zwar nicht mehr ganz wie zu seinen besten Zeiten, aber die Magie liegt noch immer in der Luft, wenn bekannten Klänge aus dem Universum erklingen. Aber mehr gibt es auch nicht. Es wird variiert, interpretiert, aber gefühlt nichts mehr neu für die finale Episode komponiert. Und das lässt sich größtenteils auch über den ganzen Film sagen. Und das ist so leider.

Ja, auch die 9. Episode der Hauptsage dürfte polarisieren. Aus anderen Gründen wie „Die letzten Jedi,“ aber aus teilweise nicht unähnlichen Gründen wie „Das Erwachen der Macht.“ Und auch ja, an einer Stelle entschuldigt man sich definitiv und mindestens für eine Szene aus „Episode 8.“ Aber was ist mit denen, die nun eine Entschuldigung für „Episode 9“ fordern? Das ist ja der letzte Teil – ja, hier wird nie wieder was zu kommen. Denn einiges was Lucasfilm, Disney, Kathleen Kennedy und Regisseur und Co-Autor J.J. Abrams – zusammen mit Chris Terrio („Argo,“ aber auch „Batman v Superman: Dawn of Justice“) – hier geschrieben und geliefert haben, geht auf keine Bantha-Haut. Denn „Der Aufstieg Skywalkers“ hält seine Fans definitiv zu oft für dumm. Hier lässt man u.a. Dinge scheinbar nebenbei geschehen die zuvor gesehen als nahezu unmöglich dargestellt bzw. eigentlich auch gar nicht mehr möglich und machbar sein sollten, nur um an anderer Stelle allzu künstlich wirkende Probleme zu schaffen. Dinge, die mit Blick auf frühere Kapitel der „Sternen-Sage“ oder aber auch bloß Minuten innerhalb der eigenen Handlung entfernt, gar keine Probleme sein dürften. Erschreckenderweise fühlt sich „Der Aufstieg Skywalkers“ dabei phasenweise wie die eigene Parodie an, nur ohne dabei lustig zu sein. Also abseits des gut dosierten generellen Humors. Man inszeniert mehr ikonische Momente neu, ohne gefühlt auch nur einen einzigen neuen zu kreieren. Ja, das erwähnte Laserschwertduell im brausenden Meer ist klasse. Und auch drum herum gibt es gut was zu sehen und zu bestaunen. Eigentlich über die nahezu volle Laufzeit von 142 Minuten. Die Helle Seite des Filmes wirkt aber kurz nach Beendigung fast chancenlos, weil die Dunkle Seite der Macht so stark ist. Denn für jede tolle Szene scheint es mindestens einen gegenteiligen Moment zu geben, der bestenfalls einfach nicht funktioniert. Darunter auch unfassbar viel Fanservice, der aber anders als in 7 oft einfach nicht klick machen will. Dazu eine Story, die allzu bekannt vorkommt. Ja, die „Episode 7“ Probleme sind mit J.J. wieder da. Wenn man als Zuschauer bei der Erstsichtung während des Filmes von drei an heran runter zählen kann, und bei eins angekommen genau das kommt, was erwartet wurde, dann hat der Film definitiv ein Problem mit der Vorhersehbarkeit. Und das nicht einmal, sondern mehrfach.

© The Walt Disney Company

Wäre es nicht schon längst bekannt, dass kein Plan für die geschlossene und sich rund anfühlende Trilogie existierte, offenkundiger als nach dem Abschluss hier könnte es kaum sein. Mehr plattes Plot Device positionieren (sagt das mal dreimal hintereinander) und von MacGuffin zu MacGuffin flitzend wie hier scheint nahezu unmöglich. Speziell in der ersten Hälfte deutlich zu gehetzt wirkend, und phasenweise zum sich die Haare raufend konstruiert, was J.J. und Team hier vom Stapel laufen lassen. Wobei auch die Effektschlachten kaum zum Kaschieren oder darüber Hinwegtäuschen in der Lage scheinen. Etwas, was man bei „Star Wars“ ja früher auch schaffte. Aus den „Star Wars“-Legends (die früheren Fortsetzungs- und Vor-Geschichten aus Comics, Büchern Videospielen… die durch die Übernahme durch Disney negiert wurden) bekannte, aber im Canon bisher nicht etablierte Jedi-Fähigkeiten werden mir nichts, dir nichts eingeführt, um diese später in der Handlung erneut zu nutzen. Auch hier platt und ohne den Hauch von Finesse. Würde dies nicht so verdammt forciert hineingequetscht wirken, man könnte wohl problemloser darüber hinwegsehen. Zaun, statt Zaunpfahl wahr hier das offensichtliche Motto. Und bestimmt gelingt dieses Hinwegsehen auch vielen Zuschauern. Vielleicht wirkt die Magie hier weiter stark genug. Aber ebenso bestimmt nicht bei allen. Hier wird es interessant zu sehen sein, wie und wo der Film in der Gunst eher landen mag. Sieht man sich einige erste Reaktionen an – egal ob online oder persönlich nach der Pressevorführung –  so scheinen einige mit diesem Werk glücklicher zu sein, als mit Teil 8. Sogar deutlich.

Die in Rian Johnsons Teil 8 noch zentrale Figur der Rose (Kelly Marie Tran) wird vom Zentrum an den Rand und in die komplette Bedeutungslosigkeit gedrängt. Dafür führt der Film aber an diversen anderen Stellen neue Figuren und Handlungselemente ein, die von irgendwo herkommen und von da an einfach da sind. Hier werden gefühlt so viele neue Figuren und Details eingeführt, als wäre es nicht das versprochene Finale, sondern Teil 1 der neuen Trilogie. So interessieren die Neuen aber gar nicht, und sind nur da. Dazu was von der alten Garde übrig ist und das neue Trio aus Rey, Finn und Poe. Daisy Ridley versucht sichtlich alles, aber auch in Teil 3 wirkt sie nicht ideal als neue Hoffnung und Leitfigur. Zu wenig Entwicklung, zu sehr nur zwei Gesichtsausdrücke. Wobei ihr das Drehbuch aber auch oft nicht wirklich hilft. Dazu Poe und Finn die wieder mehr und sinnvolleres zu tun bekommen als zuletzt, und einfach eine grandiose Chemie haben. Hier wird viel gerettet. Wirklich gut gelöst wirken die mit der verstorbenen Carrie Fisher eigentlich für die Episoden 7 und 8 gedrehten, und dort nicht verwendeten Szenen, welche sich hier hervorragend eingebettet fühlen. Nichts weißt offenkundig darauf hin, nicht so geplant gewesen zu sein. Guter Job. Noch besser Adam Driver als Kylo Ren, dessen Wandlung hier nun vollkommen und gekonnt abgeschlossen wird. Wandlungsfähig und toll gespielt. Eine der besten Figuren der Saga. Und der Imperator? Wieder dargestellt von Ian McDiarmid, hat dieser sichtlich Freude daran seine größte Filmrolle in einer der größten Reihen der Kinogeschichte wieder aufzunehmen. Details zu seiner Rückkehr wie versprochen keine, enttäuscht McDiarmid selbst eher nicht. Sinister und diabolisch lachend wie eh und je, wirkt er wie zu besten Zeiten in „Die Rache der Sith.“ Dadurch aber auch gut anders als in „Rückkehr der Jedi.“ Insgesamt steckt noch ein gutes Stück und ein Rest an Magie, Gutes und auch Hoffnung im neuen „Star Wars.“ Aber ohne Zeit den Film wirklich sacken und reifen zu lassen, überwiegt doch die Enttäuschung. Eine Zweitsichtung ist definitiv angesagt und angesetzt. Aktuell dominiert zu viel was forciert wirkt, nicht funktioniert, ignoriert oder schlicht liegen gelassen wirkt. Die Aufgabe 9(!) Filme irgendwie und in sich geschlossen abzurunden, kann aber wohl als ganz ok gelöst bescheinigt werden. Allerdings weit abseits der Perfektion.

Fazit:
„Star Wars: Planlos durchs Weltall.“ Zu forciert, konstruiert und mehr damit beschäftigt ikonische Bilder neu abzufilmen, als zwingend Neue zu schaffen. Ja, die Weltraum-Action stimmt und auch die Laserschwerter werden weiter mit ordentlich Wumms aufeinander gehauen. Und auch der eine oder andere emotionale Moment ist drin. Das drum herum wirkt aber holprig und überfrachtet im Beginn, und zu vorhersehbar vom Mittelteil bis ins Finale.
„Das Ende der Saga.“ Aktuell möchte man fast sagen zum Glück.

5,5/10

Autor: Michael Essmann

Ein B-Movie Freund, der seit einigen Jahren in Köln heimisch ist und dort erfolgreich Design studiert hat. Seitdem schiebt er u.a. Pixel hin und her.

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