BG Kritik: „Carriers“

12. September 2010, Christian Mester

Eine tödliche Seuche erfasst die Welt, weswegen zwei Paare sich abseits der Großstädte auf den Weg zu einer sicheren Unterkunft machen und hoffen, von dort aus aushalten zu können. Es kommt natürlich wie es kommen muss, und bald hat sich der erste von ihnen mit dem todbringenden Virus angesteckt…

CARRIERS (2007)
Regie: Alex Pastor
Cast: Chris Pine

Kritik:
Die Angst, mit einer gefährlichen Krankheit infiziert zu werden, war schon oft das Thema in Spielfilmen. Ob im Klassiker „Outbreak: Lautlose Killer“ mit Dustin Hoffman, in „28 Days Later“ oder diversen Zombie-Filmen wie der Game-Verfilmung „Resident Evil“; fast immer wird mit der unheimlichen Vorstellung gespielt, dass man dadurch die Kontrolle über seinen Geist und Körper verliert, Heißhunger auf Hirn bekommt oder auch einfach nur tot dahinsiecht. „Carriers“ versucht nun, die herbstliche Erkältung zum echten Albtraum zu machen.

Anstatt sich unnötig mit langatmiger Einführung aufzuhalten, ist die tödliche Seuche in „Carriers“ bereits von Anfang an auf Welttournee. Sie wird durch die Luft übertragen und ist zudem enorm ansteckend, weswegen ein Großteil der Bevölkerung bereits zum letzten Mal geniest hat. Ryan, Bobby, Danny und Kate konnten sich mit ihrem Wagen im letzten Moment noch aus dem Staub machen und wollen nur noch eins: überleben, egal wie.

Ganz, ganz grob gesehen gibt es zwei Arten von Horror. Die einen versuchen durch Absurditäten wie schräge Kills („Freitag der 13.“, „Final Destination 4“, „Resident Evil“) möglichst amüsant zu sein, andere Vertreter des Genres setzen dagegen lieber auf Spannung, Atmosphäre und echten Grusel („Rec“, „Das Waisenhaus“). „Carriers“ gehört nun fraglos zu Letzteren, zumindest versucht er es, denn wie schon im relativ ähnlichen „28 Days Later“ sind die Figuren und Story mal nicht bloß Aufreißer für Blut und Schocks, sondern allesamt glaubhaft wirkende Charaktere, mit deren Schicksal man gepflegt mitfiebern soll. Das klappt auch ganz gut, denn die Hauptrolle spielt der neue Captain Kirk Chris Pine, der auch ohne Phaser ganz charismatisch ist und wieder einen guten Anführer abgibt. Er ist als Rolle nicht unbedingt der netteste, aber interessant zu folgen.

Es ist äußert fesselnd zu sehen, wie die vier anfänglichen Freunde sich durch die Krise immer weiter voneinander entfernen, wie das gegenseitige Misstrauen steigt und nach und nach ehrliche Meinungen und Geheimnisse ans Licht kommen. Würde man ähnlich reagieren? Eine Frage, mit der man sich sicherlich beschäftigen kann. Der Kampf ums Überleben ist dabei relativ atmosphärisch inszeniert und hinterlässt allgemein ein sehr beunruhigendes Gefühl der drohenden Endzeit. Auch die Schauplätze sind zumeist sehr düster und unwirtlich gewählt. Nach all den blutigen Genrestreifen der letzten Zeit tut es im Übrigen auch mal wieder gut, dass „Carriers“ größtenteils ohne übertriebenes Blutbad auskommt und die vielen Gruselmomente hauptsächlich auf guten Einsatz von Musik und Aufbau zu überraschenden Schockmomenten setzen.

Was manch einem fehlen wird, ist die Tatsache, dass es hier hauptsächlich um das Schicksal der vier geht. Der Film beschäftigt sich also nicht sonderlich mit der Herkunft des Virus oder den Versuchen, ihn aufzuhalten. Große Erklärungen oder Massenszenen gibt es daher eher weniger.

„Carriers“ ist insgesamt akzeptabel, hebt sich aber qualitativ nicht maßgeblich von seinen Genrekollegen ab. Wer die thematisch nahen „28 Weeks Later“ und „Resident Evil Extinction“ mag, dem wird er sehr wahrscheinlich viel zu ruhig sein, während er im Gegenzug all denjenigen, die die genannten Titel viel zu hibbelig fanden, Wohltat sein könnte. Allerdings lässt sich nicht ignorieren, dass ihm wesentlich mehr Leben gut getan hätte. Es muss ja nicht gleich Action mit Kung-Fu und gewaltigen Explosionen sein, aber die durchscheinende Leblosigkeit macht „Carriers“ teilweise anstrengend. Gerade in den späteren Abschnitten fängt die Handlung an, sich sehr in die Länge zu ziehen, was zuweilen das ein oder andere Mal auf die Uhr blicken lässt. Ein schlechtes Zeichen für einen 90-Minüter, da es selbst doppelt so lange Filme gibt, die kein einziges Mal langatmig wirken.

Was die Charaktere betrifft, so stimmt es, dass sie alle glaubwürdig agieren, jedoch sind leider nicht alle Figuren mit Vernunft und guten Ideen gesegnet. Manch einer verhält sich nämlich nicht nur nervig, sondern auch noch schrecklich dämlich, was zu vielen unverständlichen Momenten führt. Manche der Ansteckungen sind einzig und allein auf Dummheit und törichter Unaufmerksamkeit zurück zu führen, was bei der Thematik – einer tödlichen Seuche – einfach nur mit dem Kopf schütteln lässt. Pine bleibt leider auch der einzig bestechende Charakter, die anderen drei fallen eher unter das Motto langweilig bis nervig.

Es fällt auch auf, dass die zweite Hälfte des Films mit der noch recht guten ersten nicht mithalten kann – nachdem die beiden Fronten später mehr oder weniger geklärt sind und sich die Spreu vom Weizen trennen will, passiert fast ausschließlich Vorhersehbares. Die ständige Vertrauensfrage nervt zudem irgendwann und insgesamt bleibt das Gefühl, dass diese Geschichte merklich besser hätte sein können.

Fazit:
Ausgeniest – diese Ansteckungsmär ist allenfalls in Ordnung, gutes Kino findet man jedoch eher im anderen Saal.

4 / 10

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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