BG Kritik: „Black Panther“

9. Februar 2018, Christian Mester

Seit dem Anschlag auf seinem Vater während der Ereignisse von Captain America: Civil War ist der ebenso smoothe wie souveräne T’Challa der neue König des insgeheim hochfuturistischen, versteckten afrikanischen Landes Wakanda, und zugleich der neue Black Panther, ein durch mystische Pflanzen übernatürlich starker Superkrieger im hautengen Nano-Pantherkostüm. Probleme schleichen sich heran, als sich die dunkle Vergangenheit seines Vaters meldet…

Kritik:
Mit wildkatzengleichem Selbstbewusstsein inszeniert Rocky 7 Regisseur Ryan Coogler des Panthers erstes Soloabenteuer, als wenn es glatt das Selbstverständlichste auf Welt wäre. Dabei ist der Film durchaus etwas Historisches, denn es ist endlich, mit Betonung auf „endlich“, der erste Event-Blockbuster mit einer größtenteils schwarzen Belegschaft. Zwar gab es mit Blade, Meteor Man, Catwoman und Steel schon vorher schwarze Heldenprotagonisten in eigenen Filmen, allerdings waren das alles kleinere Filme, in denen die meisten Darsteller eine andere Hautfarbe hatten. Black Panther dagegen ging mit einem 200 Millionen Dollar Budget in die Vollen, und das mit Erfolg. Tatsächlich erweist sich der enorme finanzielle Aufwand als cleverer Streifzug durchs designerische Dickicht, denn der größte Pluspunkt des Films sind seine Schauwerte. Die Absurdität des Tech-Utopias inmitten des sozial ärmsten Kontinents koppelt afrikanische Traditionen und Stile mit einer unfassbar fortgeschrittenen Technologie zu einer Show zusammen, die den ganzen Film über staunen lässt. Raumschiffe mit tribal bemalten Piloten, barfuß kämpfende Krieger mit Laser-Barriereschilden und Hologramme, in die man sich zur Fernsteuerung von Fliegern hinein setzen kann, erstaunen ebenso wie die eigenwillige Architektur und Modewelt Wakandas, die eine wahrlich originell aussehende Welt präsentieren. Cooglers Team hat mit viel, viel Liebe zum Detail gearbeitet und eine der sehenswertesten Filmwelten der letzten Blockbusterjahre entwerfen können.

Auch die Besetzung ist passend zusammen getrommelt. Chadwick Boseman, bereits cool als Baseballlegende Jackie Robinson in 42 und als Soullegende James Brown in Get On Up, mag als stoischer Souverän in Vaters Tatzenspuren allein nicht das größte Star-Charisma ausstrahlen, halt gut aber nicht mitreißend wie beispielsweise Chris Hemsworth als Thor, doch dafür kann sein antanzender Stamm punkten. Danai Gurira (Michonne aus The Walking Dead) als königliche Wache darf ungeheuer badass sein, Lupita Nyong’o als seine toughe, aber vernünftige Freundin den Panther erden, Neuling Winston Duke einen bossig guten Kollegen abgeben und Letitita Wright als keck amüsanter Q-Verschnitt auffallen. Daniel Kaluuya aus dem gefeierten Horrorfilm Get Out indes gibt einen interessanten, schwierigen Freund ab und Forest Withaker laurencefishburnt adäquat. Wirklich witzig ist, dass der Hobbit (Martin Freeman als Regierungsagent) in diesem Film einmal mehr Gollum jagen darf (denn dessen Darsteller Andy Serkis taucht als cartoonig unterhaltsamer Waffenhändler Ulysses Klaue auf – der eine Kanone als Armprothese trägt).

Hingucker dürfte aber (mal wieder) Michael B. Jordan sein, der hier zum dritten Mal Ryan Coogler vertraut. Mit dem hat’s ja auch schon zweimal gut geklappt, im gefeierten Fruitvale Station und im Oscar nominierten Rocky 7. Hier darf er zum ersten Mal den Antagonisten mimen, in diesem Fall einen legendären Soldaten mit Spitznamen Killmonger (monger… Marvel, war da nicht mal was? Ach ja, der Bösewicht im ersten Iron Man hieß Iron Monger. Gibt aber keine Relation). Was seinen zu einem der faszinierendsten Gegner des ganzen MCU macht? Er hat ja größtenteils Recht.

Später will er zu viel und gleich die ganze Welt stürzen, doch über einen langen Zeitraum will er nur eines: Wakandas feiges Versteckspiel auflösen und den Reichtum und Bildungsüberfluss dieser geheimen Welt mit den anderen Völkern Afrikas teilen, die Hilfe dringend nötig haben. Dass Neukönig T’Challa quasi für den Status Quo einer reichen Elite und somit gegen die verarmten Länder ringsum kämpft, schafft ein interessantes moralisches Dilemma, aus dem sich Marvel später auch nur durch unabsehbaren Wahnsinn des Gegenspielers herausmogeln kann. Interessant wäre eventuell auch noch gewesen, die Traditionspolitik Wakandas in Frage zu stellen, denn dafür, dass es das fortschrittlichste Land der Welt sein soll, klingt es recht stupide und barbarisch, dass es nur derjenige leiten darf, der ein besserer Kämpfer als der amtierende König ist. Immerhin reflektiert sich einiges passenderweise in Bosemans Figur, der sich dann auch entschieden gegen die  Ideale seines Vaters und den vorherigen Entscheidern entscheidet. Action gibt es trotz der fast 140 Minuten Laufzeit nicht viel; eine längere Verfolgungsjagd mit Fahrzeugen, zwei Herausforderungskämpfe und ein massiger Showdown mit vielen Leuten sowie gepanzerten Nashörnern sind alle solide inszeniert, doch wie bei den übrigen Marvel Filmen wird davon kaum was als Jahreshighlight in Erinnerung bleiben. Muss es auch nicht, denn wie bei den meisten MCU Titeln setzt man bewusst auf eine Schar amüsanter Figuren, die man gerne wiedersieht. Scoretechnisch gibt es nach wie vor keine greifbaren, summbaren Themes, aber die Zusammenarbeit des aktuell beliebten Rappers Kendrick Lamar mit dem schwedischen Frischling Ludwig Göransson untermalt Cooglers Bildarbeit treffend kurzweilig.

Fazit:
Gewohnt gute Marvel-Kost mit gewohnten Stärken und gewohnten Limitierungen, wenn auch erfrischend anders aussehend. Ein sympathischer Auftakt!

7/10

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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