BG Kritik: „Operation Walküre – Das Stauffenberg-Attentat“

12. September 2016, Christian Mester

1944. Das deutsche Reich befindet sich längst auf dem Weg des Niedergangs, und es gibt erste maßgebliche Versuche ranghoher Offiziere die Führungsriege zu entmachten. Als sich der im Krieg verwundete Claus Schenk Graf von Stauffenberg (Tom Cruise) den Konspiratoren anschließt, fassen alle Beteiligten den Mut zum entscheidenden Schritt…

Valkyrie (2009)
Regie: Steven Soderbergh
Darsteller: Tom Cruise, Bill Nighy

Kritik:
Dass die deutschen Anhänger der NSDAP oftmals Schergen und bereitwillige Folger eines menschenfeindlichen und unbeschreiblich grausamen Plans waren, hat man schon in dutzenden Filmen gesehen; nun ist es bemerkenswert, dass ausgerechnet die Amerikaner einen Spielfilm inszeniert haben, der auch einmal Zeitzeugen anderer Meinung zeigt. Nicht alle hielten viel von dem Regime des Terrors, nicht alle waren blind; dennoch fassten nur wenige Menschen den Mut, sich gegen das Imperium und dessen Führer zu stellen.

Die Geschichte des Claus von Stauffenberg ist die eines wahren Helden. Dem Tod ins Auge blickend war er es, der an vorderster Front dem Führer persönlich gegenüberstand und mit einer schrecklichen Tat versuchte, das Land vor Vielem zu schützen: vor weiteren sinnlosen Toten beider Seiten, vor gewalttätiger Übernahme der näherrückenden Alliierten, vor weiterer internationaler Schande.

All das dürfte eigentlich narrativ gesehen idealen Stoff für einen ebenso eindrucksvollen Film bieten, doch leider kann die Operation Walküre ihr Potenzial nie wirklich entfachen.

Die Mängel fangen schon bei der Optik an. Singer war eigentlich bislang ein Regisseur der sich durch gut gesetzte Bilder und einen eigenen Ton bemerkbar machte: Die üblichen Verdächtigen, X-Men, Der Musterschüler, selbst der eher marode Superman Returns konnte durch kinoreife und erinnerungswürdige Szenenbilder hervorstechen. Sein Film über das Stauffenberg Attentat allerdings hat nichts eigenes oder auffälliges, ganz im Gegenteil. Er wirkt sehr austauschbar und so routiniert konservativ gefilmt, dass er sogar in Hinblick auf die eher spärliche Ausstattung oftmals wie ein teurer TV-Film aussieht. Die 75 Millionen Dollar Budget sieht man ihm jedenfalls nicht an – Der Untergang hatte 14 Millionen zur Verfügung und sah ähnlich, wenn nicht sogar besser aus.

Die Besetzung macht ihre Arbeit solide bis gut, insbesondere Bill Nighy (Davy Jones aus den Fluch der Karibik Filmen) schafft es durchweg, seiner Figur des General Olbrecht die Angst und Aufregung der wichtigen Stunden zu vermitteln. Leider trifft das nicht auf alle zu… vor allem nicht auf Hauptakteur Tom Cruise. Verglichen mit seinen herausragenden Darstellungen in Collateral, Last Samurai und selbst Krieg der Welten ist er hier ungemein steif und gesichtslos – es misslingt ihm leider vollkommen, der berühmten Figur Kraft, Tiefe und Authenzität zu verleihen. Auch ist es unverständlich, dass ihm als Person und vor allem seiner Famlie kaum Zeit gelassen wird. Es gibt einige wenige Momente die funktionieren, doch diese liegen ganz am Anfang und reichen nicht aus. Geht man nach diesem Film, so war die Tat Stauffenbergs bemerkenswert, Stauffenberg selbst aber nicht.

Schade ist auch, dass die großartige holländische Aktrice Carice van Houten (Black Book) fast komplett ungenutzt bleibt. Einzig die wenigen kurzen Szenen des Führers (gespielt von David Bamber) haben Kraft und Intensität, diese hätte man sich jedoch auch von der Hauptrolle selbst gewünscht.

Das und ein extrem ruheloser und störrischer Schnitt sorgen dafür, dass man nur schwer echte Emotionen aufbauen kann. Zwar sind einige der wichtigeren Momente durchaus spannend in Szene gesetzt, doch alles wird so hastig durchwunken, dass Teilnahme auf der Strecke bleibt. Dazu kommt, dass der Soundtrack von John Ottmann ziellos und ohne tiefes Fahrwasser umhertümpelt.

Geschichtsinteressierte finden mit Walküre eine gut gemachte Nachstellung eine der wichtigsten Momente der anderen deutschen Seite, einen wirklich guten Themenfilm wie Schindler’s Liste gibt es aber nicht zu sehen. An Cruise liegt es teils, teils, doch selbst eine Bombenleistung hätte schwer übersehen lassen, wie geradlinig und unauffällig Singer’s gesamter Film geworden ist.

Fazit:
Der große erhoffte Oscarcontender bleibt aus – Operation Walküre ist zwar kein schlechter Film, aber in der sehr starken Filmographie des Tom Cruise ein nur sehr schwach leuchtender Stern.

5 / 10

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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