BG Kritik: „Thor: Tag der Entscheidung“ (Thor 3)

15. November 2017, Christian Mester

Thor und Loki stellen eines ungöttlichen Tages fest, dass sie beide eine böse Schwester haben, die ihnen ihr Vater immer verschwiegen hatte: Hela, die selbsternannte Göttin des Todes Während eines Kampfes im Bifrost-Beamkanal schleudert sie die beiden auch flugs ins All hinaus, um so in Ruhe ihre Heimatwelt Asgard erobern zu können. Entwaffnet und geschwächt landet der Gott des Donners auf einem seltsamen Gladiatoren-Planeten…

THOR – RAGNAROK (2017)
Regie: Taika Waititi
Cast: Chris Hemsworth, Tom Hiddleston, Cate Blanchett, Tessa Thompson

(C) Marvel Studios

Kritik:
Thor Teil 3; Marvel Cinematic Universe Film Nummer 17. Siebzehn schon. Und das Ding hat trotz fast 200 Millionen Dollar Budget – was auch 2017 generell nicht wenig ist – bereits am ersten Kinowochenende handwerklich Gewinn einfahren können, also ist mit beidem noch lange nicht Schluss. Weder mit dem MCU, noch mit dem blonden Sagenklopper mit dem Faible für Lobhuldigungen und rechteckige Steine an Stöckern. Kann der swifte Surferbro denn immer noch was, oder ist’s nicht längst dasselbe in Grün, wo doch selbst der Lügenlump Loki schon wieder dabei ist, der doch mit Sicherheit nichts Gutes im Vibranium-Schilde führt? Tatsächlich mythet sich Thor 3 trotz breiter Schultern und größerer Erfolgsfönwelle erneut keine frostriesigen Änderungen zu.

Nachdem Thor 1 hauptsächlich auf der Erde spielte und sich 2 schon größere Abstecher ins All wagte, findet 3 nun komplett jenseits unseres Orbits, auf zwei verschiedenen Planeten statt. Das heißt visuell und ausstattungstechnisch sowohl eine Rückkehr in die güldenen, Flash Gordon artigen Spießerpaläste Asgards, als auch einen neuen Spielplatz zu besuchen, der verrückte Designs, ausgefallene Kostüme und kuriose Alienwesen a la Star Wars erlaubt. Die mögen gerade nach Valerian: Die Stadt der 1000 Planeten vor kurzem alle kunterbunt, doch auch nicht sonderlich originell ausfallen, bieten der Person Thor aber, und um die geht’s ja, einen anständigen Tapetenwechsel, der darauf auch durchaus reagiert. Der neuseeländische Taiki Waititi, der zuvor die kleinen Komödien „Eagle vs Shark“, „5 Zimmer, Küche, Sarg“ und „Wo die wilden Menschen jagen“ gedreht hat, mag Humor und Skurrilität fraglos über alles, und beides bringt er, soweit er es im kommerziell eng geschnürten Rahmen machen durfte, ins Thorversum. Thor: Ragnarok mag sich thematisch um das drohende Armageddon von Thors Heimat drehen, doch stimmungsmäßig ist es fraglos sein leichtfüßigster, kurzweiligster, witzigster Trip bislang. Yep, mit Thor 3 imitiert Marvel weitestgehend denselben, alberneren Ton, der die beiden Guardians of the Galaxy Ausflüge zu beliebten Filmen gemacht hat, nur mit anderen Figuren und etwas mehr echten Sets und echten Schauspielern, statt 90% im Rechner zu gestalten. Action gibt es immer mal wieder, durchweg solide, durchweg unbesonders, mit dem Rematch zwischen Thor und Hulk als Highlight.

(C) Marvel Studios

Ja, die Marketingkampagne mag den Hulk in jeden Vordergrund gerückt zu haben, doch auch wenn Hulk hier nach seinem Solofilm die fraglos meisten Szenen erwischt (amüsant ist, aber zuviel redet und dabei nicht immer topstens animiert ist), bleibt es auch im dritten Teil wieder primär eine Königssohn- und Brudergeschichte. Sonderlich neues gibt’s da nicht, was nicht bereits ausreichend in 1 und 2 besprochen worden wäre, doch Hemsworth und Hiddleston machen nach wie vor Spaß und das beste draus. Ebenfalls amüsant ist es, Thor alleine zu begleiten, wie er von einer skurrilen Situation in die nächste gerät, die ihn unter anderem zum Friseur, zum Teufelsanus und zu Jeff Goldblum führen. Goldblum (der übrigens, wenn man genau aufpasst, nicht der einzige Schauspieler aus den Jurassic Park Filmen ist)(neben einem grandiosen (!) Cameo eines anderen, der nicht Stan Lee oder Avenger ist, obwohl auch von denen unter Umständen der ein oder andere vorbeischaut), ist Benicio del Toros Collector relativ ähnlich, bekommt aber wesentlich mehr Momente und erheitert als selbstverliebter Spielveranstalter.

Idris Elba taucht nur kurz als Heimdall auf (scheint hier Omar Sy aus X-Men: Zukunft ist Vergangenheit zu cosplayen), Lady Sif fehlt ganz, Anthony Hopkins ist kurz dabei, Karl Urban langweilt sich in einem wenig genutzten Nebenplot, Waititi selbst spielt einen witzigen Stein-Alien, der mit einem raupenähnlichen Kriegerwesen im Kampfanzug abhängt, aber ihnen alle stiehlt Tessa Thompson aus Westworld und Creed die Show, da sie Thor als trinkfeste Einzelgängerin und Ex-Elitekämpferin aus Asgard immer mal wieder Paroli bieten oder ihm tatsächlich aktiv helfen kann, ohne zur schwärmenden Love Interest zu verkommen. Sie und Wonder Woman könnten sich sicher angeregt und auf Augenhöhe unterhalten.

(C) Marvel Studios

Cate Blanchett ist eine der vielseitigsten Schauspielerinnen ihrer Generation und macht auch speerschleudernd im hautengen Bodysuit, mit Mascara-Schmieraugen und Hannibal-Serienfetischhelm keine schlechte Figur, bleibt jedoch ein Abziehbild. Dass die Schwester erst jetzt erwähnt wird und scheinbar grundlos alles zerstören will, funktioniert, langweilt aber ein wenig aufgrund der emotionalen Irrelevanz, zumal ihre Figur null Bezug zur restlichen Handlung hat. So bleibt vor allem Loki unbeteiligt, der als zuvor verpönter Frostriesen-Adoptivsohn mit Vergeltungssucht am besten wissen müsste, was Hela spürt und was sie antreibt. Das heißt nicht, dass Thor 3 für die Figur Thor dramaturgisch komplett belanglos ist. Tatsächlich durchläuft der Odinson eine sichtliche Wandlung (zu Mortal Kombats Raiden durch) und auch seine Beziehung zum Bruder ist zu Filmende womöglich eine andere als zuvor. Dass Natalie Portmans Jane raus ist, erweist sich als gute Entscheidung, da sie und ihre Erdenfreunde Stellan Skarsgard und Kat Dennings eh nur so lange amüsant waren, wie Thor in Teil 1 der arrogante Fisch aus dem Goldwasser war. Für Fans der Reihe sind das interessante Kleinigkeiten, doch wie so oft traut sich Marvel keine wirklichen emotionalen Höhen und Tiefen.

Während das 3D wirklich gelungen ist und die beiden Post-Creditssequenzen vertaner Quatsch sind, weist der Soundtrack von Mark Mothersbaugh (Sänger der Band Devo) zwar kein greifbares Ragnarok Thema, dafür gelungene Daft Punk / Tron Legacy Elemente auf.

Fazit:
„Asguardians of the Galaxy: Vol. Hulk“ – so beschrieb eine US-Kritik den dritten Thor, und perfekter kann man’s fast nicht bezeichnen. Der dritte Thor imitiert souverän den Stil der eigenen Guardians Filme und schafft damit einen weiteren garantierten Unterhaltungshit, der MCU Fans frohlocken – alle anderen aber eher kalt lassen dürfte.

8/10

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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