BG Kritik: „Frost / Nixon“

12. September 2013, Christian Mester

USA 1977. Ex-US Präsident Richard Nixon fristet seit seiner Amtsniederlegung wegen der Watergate Affaire ein Leben weitab der politischen Machtzentren. Nach wie vor ist die Stimmung gegen Nixon sehr groß und Millionen von Menschen hegen immer noch die Erwartung, dass er seine Schuld eingesteht und die Karten offen legt. Es kommt ihm schließlich sehr gelegen als David Frost, seines Zeichens Brite und nicht allzu ernst genommener Moderator, sich zum Ziel setzt, den ehemaligen Staatsmann mit einer Rekordgage zu einem skandalträchtigen Fernsehinterview zu bewegen…

Regie: Ron Howard
Darsteller: Michael Sheen, Frank Langella

Kritik:
US-Präsident Richard Milhous Nixon betrog in den 70er Jahren sein Land, indem er politische Gegner abhören ließ, Einbrüche anordnete und sogar im Anschluss versuchte die ganze Angelegenheit wieder zu vertuschen. Die Sache kam dann allerdings heraus, weswegen Nixon 1974 schließlich sein Amt niederlegen musste und in der Versenkung verschwand. Was jedoch offen blieb war ein Bekenntnis, denn Nixon – der bis heute einer der markantesten Präsidentengestalten bleibt – weigerte sich damals vehement, seine Fehler öffentlich einzugestehen. Das zu erreichen war später Ziel von Reporter David Frost und seinem Team, die zusammen ein exklusives Interview mit dem Staatsmann in die Wege leiteten.

Von Anfang war klar, dass das Treffen zu einem echten Duell werden würde – Nixon war hauptsächlich wegen einer großen Gage da, Frost um möglichst hohe Einschaltquoten zu erreichen, doch beide hatten etwas zu riskieren. Beiden ging es in erster Linie ums Geld, doch das Duell an sich sollte die Zukunft beider Figuren aufs Spiel setzen.

Ron Howard, der zuletzt mit dem eher schwachen Sakrileg nur mittelmäßiges Popcornkino veröffentlichte, nahm sich dieser wahren Geschichte an und wollte vor allem deswegen einen Film draus machen, weil es schon als Broadway-Theaterstück hohen Anklang finden konnte. Um es sich leicht zu machen, verpflichtete er sogar direkt die beiden Hauptdarsteller des Stücks, die für ihre Darbietungen schon im Vorfeld viel Lob einheimsen konnten… und das Ergebnis kann sich sehen lassen.

Wer meint, dass der Film ein weiteres, totlangweiliges Politdrama ala Von Löwen und Lämmern ist, darf umdenken, denn Howard macht aus der schweren politischen Geschichte einen sehr leicht verdaulichen und einfach zu folgenden Schlagabtausch zweier charismatischer Figuren, die sich gegenseitig an die Wand zu spielen versuchen.

Michael Sheen kennt man in erster Linie als Werwolf Lucian aus den Underworld Actionstreifen, wobei der Brite in jenen allerdings nie wirklich groß auffallen konnte. In Frost / Nixon jedoch läuft er zu Höchstform auf und ist wirklich hervorragend. Er spielt Frost als karrieregeilen, intelligenten und mutigen Mann, der jedoch hinter seinem siegessicheren Dauerlächeln äußerst zerbrechlich wirkt und seine Angst nur unschwer verbergen kann. Für die Person Frost war die ganze Angelegenheit ein gewaltiges Risiko, denn fast alle Expertisen musste er im Vorfeld aus eigener Tasche bezahlen; er verlor all seine TV-Sendungen und bekam fast keine Unterstützung. Sheen spielt all das großartig – den Mut, die Unsicherheit, die gekünstelte Dauerfröhlichkeit. Diesen Schauspieler sollte man (jenseits von Underworld 3) ruhig im Auge behalten.

Ebenso gut ist Frank Langella als Nixon, der auf den ersten Blick zwar den Eindruck eines tatterigen, alten, harmlosen Mannes macht, sich dann jedoch schnell als äußerst gerissenen und authoritären Gesprächsführer zeigt. Die Gespräche zwischen den beiden Figuren nehmen auch den Hauptteil ein, sind faszinierend und sehr unterhaltsam. Jedes Mal, wenn die beiden sich gegenübersitzen, wird es richtig spannend.

Leider kann Howard als Regisseur nicht ebenso gut punkten. Zwar ist der Film mit seiner kurzen Einleitung gut aufgebaut und sehr schön in Szene gesetzt, aber alles abseits der Duelle kann nicht mit dem Rest mithalten. In Nebenrollen finden sich zwar Größen wie Kevin Bacon und Sam Rockwell, doch beide kriegen kaum was zu tun und sind lediglich blasse Randgestalten. Vor allem Bacon als hartnäckiger Simpsons Smithers-Klon wirkt ein wenig übertrieben und kaum ernstzunehmen. Noch schlimmer ist jedoch, was mit Rebecca Hall als Frost’s Love Interest gemacht wurde, nämlich gar nichts. Nach einer kurzen Einführung der Figur ist sie später nur noch als Kleiderbügel und Burgerbotin im Bild. Das enttäuscht, hätte man doch gerade über deren beider Beziehung mehr über Frost erfahren können.

Was auch stört ist, dass der Film keine lineare Story hat. Immer wieder wird er von pseudodokumentarischen Interviews mit diversen Randfiguren unterbrochen, die ihre Gedanken zum Geschehen mitteilen und damit a) die Dynamik des Films laufend unterbrechen und b) es schwierig machen, sich in die Welt des Films einzufinden. Mit gut 2 Stunden ist er auch zu lang, denn gerade gegen Mitte des Films finden sich einige unnötige Längen.

Fazit:
Mitunter außergewöhnlich stark, verliert sich Ron Howards spannende Politdebatte in unnötigen Einwürfen. Dennoch allein für das großartige Duell der beiden Protagonisten einen Blick wert.

7,5 / 10

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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