BG Kritik: „Beim ersten Mal“

12. September 2010, Christian Mester

Alison (Katherine Heigl) arbeitet beim Fernsehen und ist eine junge, attraktive Karrierefrau, die noch große Pläne hat. Ben (Seth Rogen) dagegen ist ein Loser, faul und arbeitslos, der am liebsten mit seinen nichtsnutzigen Freunden abhängt und sich Abend für Abend berauscht. So wie sie verschiedener nicht sein könnten, treffen sie eines Abends in einem Club aufeinander, als Alison ihre Beförderung feiern will. Nach einigen Drinks zuviel landet sie irgendwie mit Ben im Bett, der es völlig vergeigt, zu verhüten. Einige Wochen später meldet sich Alison wieder bei ihm, denn durch jene Nacht sind beide nun auf dem Weg Eltern zu werden…

Knocked Up (2008)
Regie: Judd Apatow
Darsteller: Katherine Heigl, Leslie Mann, Seth Rogen

Kritik:
Wer sich von diesem ersten Mal einen echten Comedykracher ala American Pie erwartet, der wird mit der knapp zweistündigen Romanze zwischen Heigl und Rogen nicht viel anfangen können. Zwar gibt es immer wieder verstreut lustige Momente, aber der Film zielt darauf ganz offensichtlich nicht ab. Viel mehr geht es um die eigentliche Story, der Frage, wie die beiden ungleichen Figuren mit der Situation umgehen und wie sie sich als Menschen verändern, um dieser Sache Herr zu werden.

Was überrascht ist die Tatsache, dass der Film einen sehr authentischen Eindruck macht und sich selbst nicht veralbert. Stark ist hier besonders das Drehbuch, denn sowohl Alison als auch Ben, wie auch die Schwester und deren Mann Pete sind glaubwürdige, sympathische Figuren. Bei Ben dauert es zwar eine Weile bis er aus seinem Trott heraus kommt, nichtsdestotrotz ist die Art, wie das junge Paar mit der Sache umgeht sehr schön mitanzusehen. Sie beide fühlen sich eigentlich noch zu jung, wachsen aber über sich hinaus und – aufeinander zu.

Erst gegen Ende bemerkt man, das es die meiste Zeit über nicht viel zu lachen gab, der Film aber auch nie wirklich kitschig wurde und durch seine guten Figuren durchweg unterhaltsam war. Das ist ein schmaler Grat, den Apatow mühelos bestreitet und wie ein Illusionist einsetzt – sehen Sie, sie sehen nichts – oder doch? Insgesamt spricht er ein recht breites Publikum an und ist beileibe nicht als Frauenfilm zu betiteln. Viel zu interessant ist es, den beiden dabei zuzusehen, wie sie gemeinsam alles durchstehen, immer kurz davor, an Unsicherheiten und Zweifeln zu zerbrechen. Die Geschichte der beiden macht Mut, weckt sicherlich bei vielen Familiengefühle und nimmt womöglich dem ein oder anderen auch ein wenig von der Angst, mit dieser Geschichte einmal selbst umgehen zu können. Wenn ein Film dieses Jahr die Bezeichnung Feel-Good verdient, dann mit Sicherheit dieser.

Filmerisch fällt es kaum auf, das Beim ersten Mal mehr als zwei volle Stunden geht – für eine Komödie mehr als ungewöhnlich (der Schnitt liegt bei etwa 90 Minuten). Dennoch gibt es nur weniges, was man vielleicht kürzen könnte. Alles andere hat ohne Zweifel seine Berechtigung und gehört notwendigerweise dazu. Wer nach Abzügen sucht, der wird auch hier ein paar finden. Zum einen ist der Sprung in die Beziehung der beiden ein wenig unglaubwürdig. Erst zusammen geblieben, um ihrer gemeinsamen Verantwortung nachzukommen, heißt es auf einmal, dass sie sich lieben, was ein wenig sehr forciert erscheint. Das ist und bleibt zunächst der einzige größere Kritikpunkt, hinzu fügen ließe sich noch, dass er natürlich sehr vorhersehbar ist und insgesamt nicht sehr tiefsinnig wird.

Die Hauptrollen sind perfekt besetzt, auch Alison’s Schwester und ihr Gemahl Pete wurden gut getroffen, wobei letzterer oft mit guten Szenen heraus sticht. Musikalisch gibt es solide Standardware, allerdings nicht aufgesetzt und keineswegs in der Form von aufdringlich beworbener Chartsmusik.

Fazit:
Beim ersten Mal ist ein ziemlich unterhaltsamer, sehr warmherziger Film über das Kinderkriegen, der durch erstklassige Figuren, einem flotten Script und dem rechten Mix aus Romanze und Comedy zu überzeugen weiß.

7 / 10

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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