Treasure Tuesday Spezialkritik: „School of Rock“

3. November 2020, Christian Westhus

Halloween ist vorüber, also darf es auch mal wieder einfache gute Laune sein. Wenige Filme schaffen das so gut und leichtfüßig wie die Jack Black Komödie „School of Rock“ (2003), unser heutiger Treasure Tuesday Tipp. Jeden Dienstag auf Erkundungstour gehen. Wir stöbern nach vergessenen Filmen, unterschätzten Filmen, alten Filmen, fremdsprachigen Filmen. Nach Filmen die sich lohnen, auch wenn gerade nicht die halbe Welt über sie spricht.

© Paramount

School of Rock
(Originaltitel: The School of Rock | USA, Deutschland 2003)
Regie: Richard Linklater
Darsteller: Jack Black, Joan Cusack, Joey Gaydos Jr, Miranda Cosgrove uvm.
Kinostart Deutschland: 05. Februar 2004

Was ist das für ein Film?
Eine musikalische „Feel Good“ Komödie mit Jack Black. Dieser spielt Dewey Finn, ein hyperaktiver und latent selbstverliebter Gitarrist, der völlig überraschend (für ihn jedenfalls) aus seiner eigenen Band geschmissen wird. Und das unmittelbar vor einem großen „Battle of the Bands“ Konzert, welches Dewey als großes Karrieresprungbrett ins Auge gefasst hatte. So steht er nun, in absteigender Reihenfolge der Wichtigkeit, ohne Band und ohne Job dar, also auch ohne Geld. Von seinem Kumpel und Vermieter Ned (Mike White, der das Drehbuch extra für Kumpel Jack Black verfasste) bzw. dessen Freundin zusätzlich unter Druck gesetzt, gibt sich Dewey heimlich als Ned aus und fängt als Aushilfslehrer an einer Privatschule an. Als falscher Ned Schneebly hat Dewey weder die Vorbildung noch den Willen, um den jungen Kindern aus reichen Häusern auch nur irgendetwas beizubringen. Mit einer Ausnahme: Musik. Als er das musikalische Talent seiner überwiegend klassisch musizierenden Schüler entdeckt, startet Dewey ohne Erlaubnis und ohne Absprache das Projekt „School of Rock“, formiert seine Schüler zu einer Rockband.

Warum sollte mich das interessieren?
„School of Rock“ klingt wie eine dieser Underdog „Feel Good“ Komödien, die in den 80ern und insbesondere in den frühen 90ern unzählige Variationen hervorbrachten, zumeist mit Kinder-Sportteams von Baseball bis Eishockey. Dieser Film klingt wie ein solcher Film und ist im Prinzip ein solcher Film, nur eben ein besonders gutes Exemplar und noch dazu eine Spur frecher und „mehr 21. Jahrhundert“. Das liegt einerseits an Jack Black, der vermutlich nie – auch nicht im Tenacious D Film? – eine Rolle vorgesetzt bekam, die ihm derart auf den Leib geschneidert war. Diese Rolle war ihm eben auch wortwörtlich auf den Leib geschneidert, von Kumpel und Nebendarsteller Mike White gezielt für ihn konzipiert. Der energiegeladene und musikalische Mime ist eine unwiderstehliche Wucht als zunächst egoistisch-selbstverliebter Möchtegern-Star, der im Laufe dieser Geschichte mindestens so viel lernt wie seine jungen Bandkollegen. Black bringt eine Energie und Körpersprache in diese Rolle, die man weder schreiben noch beibringen kann, die entweder im Star drinsteckt oder nicht. Allein das wunderbar dynamische Spiel mit den Augenbrauen ist Gold wert.

Der Erfolg von „School of Rock“ liegt aber auch am gesamten Cast, an den jungen Darstellern und den Nebenfiguren. Da ist Joan Cusack als Lehrerin Rosalie Mullins, die sich über kurz oder lang in den falschen Ned Schneebly verguckt, nicht wissend, dass sie falschen Tatsachen gegenübersteht. Während Mike White und Sarah Silverman ihre kleinen Rollen mit feinem Witz und echter Persönlichkeit abrunden, stehen die Kids natürlich im Vordergrund. Das Casting- und Produktionsteam hat ganze Arbeit geleistet. Obwohl viele der Jungdarsteller wenig bis keine Schauspielerfahrung besaßen und obwohl zwischen ihnen manchmal bis zu fünf Jahren Altersunterschied liegen, ist diese Truppe so sympathisch wie erinnerungswürdig. „School of Rock“ operiert nach dem leicht überhöhten John Hughes Prinzip, nur eben zwanzig Jahre später. Sänger Zack, Schlagzeuger Freddy, Sängerin Tomika und Keyboarder Lawrence sind nicht superrealistisch, greifen ganz gezielt gewisse amerikanische Schul-Stereotypen auf, dürfen aber dennoch mehr sein und weitergehen als ihre Vorbilder aus „Breakfast Club“ und Co.

Ein dritter Grund dafür, dass „School of Rock“ unwiderstehlich leichtfüßige und schmissige Unterhaltung sein darf, ist Regisseur Richard Linklater. Bekannt für seine fantastische „Before“ Trilogie und für den konzeptionell ungewöhnlichen „Boyhood“, ist Linklater eine überraschende Wahl für die Regie eines Films wie diesen. Es wird noch überraschender, ist man sich Linklaters verrückteren Experimenten wie „Waking Life“, „A Scanner Darkly“ oder „Slacker“ bewusst. Linklaters Jugendfilme wie „Dazed and Confused“ („Sommer der Ausgeflippten“) oder eben „Slacker“ umgibt bei aller Abhäng-Entspannung ein aus dem Indie- und Arthouse-Bereich übernommener Scharfsinn, eine Tiefe, die sich in grober Übertragung auch in „School of Rock“ finden lässt. Es ist die perfekte Fusion aus einem guten Script, einem perfekten Star, tollen Darstellern und einem Regisseur mit dem nötigen Scharfsinn, der dennoch niemals vergisst, einen schmissigen Unterhaltungsfilm zu machen. „School of Rock“ mag in groben Zügen vorhersehbar sein, doch die Entwicklung dieser seltsamen Band ist einfach zu gut und zu unterhaltsam. Dazu gehört – natürlich – auch die Musik, die nicht nur einen erstklassigen und hochqualitativen (und teuren!) Soundtrack bietet, sondern auch wunderbar schmissige Originaltracks. Das große Finale ist einfach einer dieser Filmmomente, denen sich (fast) niemand entziehen kann.

„School of Rock“ ist zum Zeitpunkt dieser Veröffentlichung bei Netflix und Prime Video kostenlos im Abo verfügbar, ansonsten aber bei allen bekannten Anbietern leih- und kaufbar.

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Autor: Christian Westhus

Ein echter Ostwestfale. Gebürtig aus einer kleinen Doppelstadt, die niemand kennt, studierte Literatur in einer Stadt, die es angeblich nicht gibt (Bielefeld). Arbeitet seit 2006 für BereitsGesehen, schreibt Kritiken und Kolumnen, gehört zum Podcast Team und ist einmal im Monat beim KultKino in Lippstadt zu sehen.

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