BG Kritik: „Out of Sight“ (Treasure Monday)

20. Juni 2020, Christian Westhus

Cool und sexy mit George Clooney und Jennifer Lopez: Beim Ausbruch aus dem Gefängnis hat Bankräuber Jack Foley (Clooney) eine besondere Begegnung mit Polizistin Karen Sisco (Lopez). Jägerin und Gejagter üben fortan eine zunehmend sinnliche Anziehung aufeinander aus.

Out of Sight
(USA 1998)
Regie: Steven Soderbergh
Darsteller: George Clooney, Jennifer Lopez u.a.
Kinostart Deutschland: 17. September 1998

(Diese Kritik erschien im Rahmen der Kritikenreihe Treasure Monday, ursprünglich veröffentlicht im September 2014.)

Steven Soderberghs unterhaltsame 1998er Krimi-Romanze ist vielleicht der ultimative „Movie Star“ Film der 90er. Ein erwachsener, stilbewusster Film, zu gleichen Teilen klassisch und modern.

Soderbergh, der kaum 25-jährig mit seinem Debüt „Sex, Lügen und Video“ die Goldene Palme in Cannes gewann, wollte mal raus aus dem US-Arthouse- und Independent Sektor, den er Anfang der 90er maßgeblich neu beeinflusst hatte. Er wollte etwas Neues austesten, wollte ein größeres Publikum erreichen und dieses unterhalten, statt intellektuell zu fordern. Aber Soderbergh ist nicht ohne Grund einer der vielseitigsten und kreativsten Regisseure dieser Zeit, denn seine Anpassung ans vermeintliche Mainstream Publikum ist der formvollendete Beweis, wie cool, lässig, unterhaltsam und sexy solche Filme sein können. Nur ein Jahr (und einen „The Limey“) später setzte Soderbergh zum „Erin Brockovich“, „Traffic“ und „Oceans Eleven“ Dreifachschlag an, der ihn als Hollywood Gigant etabliert. Ein Status, der kaum jemandem so egal war wie Soderbergh selbst.

Basierend auf einem Roman von Elmore Leonard, der schon die Vorlage für Quentin Tarantinos „Jackie Brown“ lieferte, erzählt „Out of Sight“ eine prinzipiell äußerst simple Geschichte. Der unverbesserliche Bankräuber Jack Foley bricht aus, nimmt Polizistin Karen Sisco kurzfristig als Geisel, verguckt sich in sie und lockt seine gesetzestreue Verfolgerin immer wieder, denn so anziehend er Sisco auch findet, Foley kann es nicht lassen, neue Dinger zu drehen. Das Gespräch im Kofferraum, wo aus unangenehmer Bedrohlichkeit bei Körperkontakt auf engstem Raum ein Flirt der etwas anderen Art wird, setzt alles Wichtige für die weitere Beziehung zwischen Sisco und Foley in Gang. Ein kurzer Blickkontakt durch eine sich schließende Fahrstuhltür hier, ein Telefonanruf dort – auch bei Polizistin Sisco gehen Verbrechensbekämpfung und sexuelle Anziehung bald Hand in Hand.

© Universal Pictures

Alles kommt zusammen in der Königsszene des Films, wenn beide in einer Bar zusammentreffen. Das Katz und Maus Spiel des bisherigen Films hat diese unvermeidliche Konfrontation mit Antizipation und sinnlicher Anspannung aufgeladen. Das knisternde Vorspielt zu diesem Treffen wurde immer wieder unterbrochen vom launigen Humor von Clooney und seinen Kollegen, u.a. Ving Rhames und Steve Zahn, die den neuen und entscheidenden Coup vorbereiten, sich mit ihrem Opfer auseinandersetzen und sich generell nicht immer einig sind. In der Bar wird aus dem Knistern zwischen Foley und Sisco mehr und das zunächst nur über Worte. Soderberghs edle Bilder scheinen zunächst simpel, doch wie mit einem Feuerzeug, einem Glas Bourbon und dem verschneiten Blick über die nächtliche Stadt das Gespräch aufgeladen wird, ehe man in eleganter Parallelmontage das vorwegnimmt, was auf dieses Gespräch folgt, macht den Schlusssatz dieser Begegnung umso treffender. Ein Moment, der die kaum zu beschreibende „cool und sexy“ Atmosphäre des gesamten Films kondensiert zusammenfasst.

George Clooney stand damals kurz vor seinem Durchbruch als Filmstar und regelmäßiger Sexiest Man Alive. „Out of Sight“ ist der Film, der Clooneys Image als gerissener „cooler als cool“ Gentleman-Macho mit diesem Überangebot an Sex-Appeal und Charisma zementierte, ehe die „Ocean“ Filme diese Wirkung auf ein zwischenzeitliches Extrem aufpumpten. Durch Soderbergh und im Angesicht von Clooney kommt Jennifer Lopez zu ihrer mit weitem Abstand besten Filmrolle. Sisco ist hin und her gerissen zwischen beruflicher Pflicht und dem schwer zu unterdrückenden Verlangen, diesem bankraubenden Schwerenöter die Kleider vom Leib zu reißen. Böse Zungen könnten behaupten, es sei die einzige wirklich brauchbare Performance von Lopez‘ bisheriger Filmkarriere, aber es ist unbestreitbar, wie gekonnt sie ihren eigenen Sex Appeal lange Zeit drosselt und hinter einer glaubwürdigen Fassade der aufrechten Ermittlerin zurückhält, ehe sie und Clooney von Soderbergh geführt nach und nach mit Worten und kleinen, subtilen Gesten die Hemmungen ablegen. Der zentrale Raub, den Foley plant, wirkt angesichts des Meisterwerks namens „Oceans Eleven“ wie ein erster Test seitens Soderbergh. Doch der Raub ist das ideale Basiselement, um ein paar unterhaltsame Figuren und zwei blendend harmonierende Topstars hin und her zu scheuchen.

Fazit:
Super cool und super sexy. Soderberghs Film ist eine enorm unterhaltsame Krimi-Romanze, die insbesondere von Soderberghs Stil und zwei extrem charismatischen Stars beherrscht wird.

Autor: Christian Westhus

Ein echter Ostwestfale. Gebürtig aus einer kleinen Doppelstadt, die niemand kennt, studierte Literatur in einer Stadt, die es angeblich nicht gibt (Bielefeld). Arbeitet seit 2006 für BereitsGesehen, schreibt Kritiken und Kolumnen, gehört zum Podcast Team und ist einmal im Monat beim KultKino in Lippstadt zu sehen.

Um an dieser Diskussion teilzunehmen, registriere dich bitte im Forum:
Zur Registrierung