BG Kritik: „Der Prinz aus Zamunda“ (Classics Kritik)

6. März 2021, Christian Westhus

Zum Start der späten Fortsetzung (Unsere BG Kritik zu Teil 2) ein Blick zurück auf die Eddie Murphy Kultkomödie über einen afrikanischen Prinzen, der in die USA reist, sich als armer Schlucker ausgibt und seine zukünftige Braut finden soll. Noch immer sehenswert? Veralteter Ex-Kult? Oder nie wirklich gut gewesen? „Der Prinz aus Zamunda“: Wir nähern uns dem Film in unserer Klassiker-Kritik.

Der Prinz aus Zamunda
(Originaltitel: Coming to America | USA 1988)
Regie: John Landis
Darsteller: Eddie Murphy, Arsenio Hall, Shari Headley, John Amos, James Earl Jones, u.a.
Kinostart Deutschland: 01. September 1988

Als die Film-, TV- und Popkulturwelt der 2010er Jahre voll und ganz auf die 1980er eingestellt war, fand die Nostalgiejagd regelmäßig dieselben Ziele. Jedenfalls gefühlt. Es ging um Spielberg, Amblin und Stephen King, hier und da Video Game Arkaden, Fantasy Tabletops und Comickultur. Dabei hatte im Filmgeschäft kaum jemand so erfolgreiche 80er Jahre wie Eddie Murphy. 1980 begann die erfolgreiche Zeit bei Saturday Night Life, 1982 das Kinodebüt mit dem erfolgreichen Buddy-Cop Thriller „Nur 48 Stunden“, gefolgt von der ersten Kooperation mit Regisseur John Landis, „Die Glücksritter“, 1983. Teil 1 und 2 der beliebten „Beverly Hills Cop“ Reihe setzten die Erfolgsgeschichte fort und zementierten Murphys Status und sein Image als quasselig sympathisches Großmaul. Abgerundet wurden die goldenen Eddie Murphy 80er schließlich durch eben „Der Prinz aus Zamunda“, der auf eine originale Story-Idee des Schauspielers zurückgeht.

Obwohl Murphy in seinen Dialogen, seinen Figuren und insbesondere seinen Parodien explizit (afro-)amerikanische Details bedient, waren die Filme auch in Deutschland beliebt und erfolgreich. Das zeugt von einer komödiantischen Grundqualität, die Sprache und Kulturen überwinden kann, hängt aber auch mit der berühmten (und mittlerweile auch leicht berüchtigten) Synchronisation zusammen. Der quietschend-nasale Singsang von Synchronsprecher Randolf Schmitt-Kronberg ging derart untrennbar in das deutsche Image des Stars über, dass selbst Murphys Voice Acting Auftritte der 90er („Mulan“) und frühen 2000er („Shrek“) in den deutschen Sprachfassungen so übernommen wurden. Dass der überzeichnete und oftmals alberne Sprachstil heute kritischer aufgefasst wird, hier und da als abwertende Stereotypisierung interpretiert wird, passt irgendwie ins Bild. Denn auch am eigentlichen Film „Der Prinz aus Zamunda“ ist die Zeit nicht spurlos vorbeigegangen. Wie auch?!

© Paramount

Komödien altern schlecht. Fast immer. Komödien, die sich an der Grenze zur Transgression bewegen, die sich parodistisch und vielleicht gar provokativ einem Thema nähern, laufen naturgemäß schneller Gefahr, nicht mehr zeitgemäß und mitunter problematisch zu wirken. Die ersten Minuten dieses Films sind ein gutes Beispiel für dieses Phänomen. An seinem 21. Geburtstag erwacht Akeem (Murphy), Kronprinz des fiktiven afrikanischen Königreichs Zamunda, nach geruhsamem Schlaf. Doch er erwacht nicht einfach, sondern wird von zwei Dutzend Bediensteten nach allen Regeln der Kunst sanft geweckt, gewaschen und angekleidet. Jeder Schritt durch die elegant-luxuriösen Gänge des Palasts ist wortwörtlich auf Rosen gebettet. Der königliche Penis ist sauber. Durch diese grelle Überzeichnung entsteht nicht nur herrliche Komik, sondern auch treffende Kritik. Der Luxus des Königshauses ist fast so absurd wie die Bevormundung des Prinzen, der sich nicht einmal selbst den Hintern abwischen darf. Und genau hier läuft der Film erstmalig Gefahr, nicht mehr ganz „zeitgemäß“ zu wirken, wenn Prinz Akeems Bevormundung das eigentliche Problem der Handlung darstellt, gerahmt von wilden Exotik-Klischees und beiläufigem Sexismus. Die Zamunda-Welt außerhalb des Palasts? Irrelevant. Das kann man erkennen und kritisch sehen. Muss man aber nicht.

Um seiner Zwangsehe zu entgehen und eine würdige Frau zu finden – eine Frau mit eigener Persönlichkeit, mit eigener Meinung, wie Akeem betont – reisen der Prinz und sein Leibdiener Semmi nach New York, genauer nach Queens, denn wo sonst findet ein afrikanischer Prinz seine zukünftige Frau. Akeem und Semmi wollen untertauchen, wollen nicht auffallen und mieten sich im wohl ranzigsten Apartment der gesamten Ostküste ein, Ratten und Polizeiabsperrungen inklusive. Als ein nächtlicher Streifzug durch Bars und Clubs trotz zahlreicher Gesprächspartner erfolglos endet und Akeem beinahe seine Zuversicht verliert, trifft er auf Lisa, Tochter des Fast Food Restaurant-Besitzers McDowell. Also heuern der Prinz und Semmi eben dort an, dürfen Fenster putzen, den Boden wischen und Müll wegbringen. „Wenn Sie an Abfall denken, denken Sie an Akeem.“

Der Spagat zwischen Königshaus und amerikanischer Armut ist so clever und geschickt, wie er sturzanfällig ist. Doch das kuriose und skurrile Personal, darunter gleich mehrere weitere Rollen von Murphy und Arsenio Hall unter teils eindrucksvollen Masken, lassen nur zu leicht davon absehen, zu sehr nachzubohren. Die schrille Truppe aus dem Barbershop ist ein wunderbar wilder Haufen, wie auch der optimistisch-ambitionierte Kollege aus dem McDowells Restaurant oder Lisas aufdringliche kleine Schwester. Mr. McDowell ist als eiskalt kalkulierender Kapitalist eine laufende Parodie und damit ein Gewinn für diesen Film, wie auch Darryl, der von Eriq La Salle wunderbar dusselig verkörperte aktuelle Freund von Lisa, der natürlich ein eitler und reicher Gockel und von Beruf Sohn ist. Akeem kommt mit einer „Fish out of Water“ Mentalität daher, verblüfft aber auch mit einer Offenheit und einer galanten Sanftmütigkeit, die man (realen) Prinzen und Superreichen in der Form eigentlich nicht zutraut. So wird die zweite Hälfte des Films gleichermaßen romantisch wie witzig, auch wenn sich der Film auf erwarteten und altbekannten Bahnen bewegt. „Der Prinz aus Zamunda“ ist bei aller Albernheit kein Wegwerfprodukt und hat, mögen sie noch so oberflächlich, ein paar kluge und treffende Beobachtungen inmitten großartiger Dialoge und wilder Situationskomik. Aber natürlich, 1988 ist nicht 2021. Der heutige Zuschauer muss diesem Film ein kleinwenig entgegenkommen, doch gelingt dies, darf man eine gelungene 80er Jahre Komödie erwarten.

Fazit:
Je nach Blickwinkel und Sprachfassung eine noch immer unterhaltsame, oft witzige, erstaunlich gefühlsbetonte und gelegentlich sogar clevere Komödie.

7,5/10

Autor: Christian Westhus

Ein echter Ostwestfale. Gebürtig aus einer kleinen Doppelstadt, die niemand kennt, studierte Literatur in einer Stadt, die es angeblich nicht gibt (Bielefeld). Arbeitet seit 2006 für BereitsGesehen, schreibt Kritiken und Kolumnen, gehört zum Podcast Team und ist einmal im Monat beim KultKino in Lippstadt zu sehen.

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