BG Kritik: „Halloween 6 – Der Fluch des Michael Myers“ (KF und 666 Producer’s Cut)

12. September 2014, Christian Mester

Michael und Jamie, die seit ein paar Jahren verschwunden waren, kehren zurück, als Jamie eines Tages mit einem Neugeborenen von einer geheimen Forschungseinrichtung flieht und es im letzten Moment im Haddonfielder Busbahnhof verstecken kann. Der mittlerweile erwachsene Tommy, auf den Laurie damals in der ersten Halloween-Nacht aufgepasst hatte, findet ihr Kind und versucht mit dem derweil pensionierten Dr. Loomis, hinter das Geheimnis zu kommen…

Kritik:

Der sechste Halloween sollte eigentlich schon direkt im Anschluss des fünften folgen, doch da Die Rache des Michael Myers von Fans und Publikum gleichermaßen zerrissen wurde, ließ man sich sechs lange Jahre Zeit, die mittlerweile ausgebrannte Geschichte auf andere Weise fortzuführen. Nachdem die letzten beiden Filme eher von leichtem Ton waren und sich durch platte Charaktere und Mordspektakel ala Freitag der 13te auszeichneten, versucht es Der Fluch des Michael Myers mutig mit Rückkehr zum Ernst.

Regisseur Joe Chappelle (nicht verwandt mit David Chappelle) setzt im sechsten Kapitel der schier unsterblichen Slasher-Reihe auf aschfahle Sets, weniger bewusst intonierte Idiotie, eindringlicheren Begegnungen mit Myers und eine insgesamt weit düsteren Handlung. Die Ideen selbst sollten jedoch nicht reichen, denn Chappelles Vision endet in einem ebenfalls nur mäßigen Horrorfilm, der gerade mal TV-Niveau erreicht.

Das Übel hat seine Wurzeln bereits in der Story. Wie es zu erwarten war, führt das mysteriöse Ende des fünften Teils zu ausnahmslos konzentriertem Schwachsinn. Die Legende des keltischen Ursprungsmythos, die mit dem Wort „Samhain“ im zweiten Film ihren Einstand gefunden hatte und später im vierten und fünften Film aufgegriffen wurde (es wurde gezeigt, dass Michael das Samhain-Runenmotiv auf seinem Handgelenk stehen hat), kulminiert im Sechsten, da sich der gesamte Film auf diese Erich von Däniken-eske Thematik stürzt. Es wird erklärt, dass Michael Myers vom gesammelten Bösen der Samhain-Legende besessen ist und es eine Gruppierung von Sektenanhängern gibt, die Myers bei sich leben lassen und kontrollieren können. Sie sind davon überzeugt, aufgrund eines alten Fluches eines Tages wahnsinnig zu werden, sofern einer aus ihrem Kreise – Michael – nicht seine gesamte Familie tötet. Trifft dies ein, wird der Fluch weiter gegeben und der Besessene erlöst.

Die Unsinnigkeit der Geschichte, die Michael vollkommen demystifiziert und zu einer willenlosen Schachfigur verkommen lässt, ist vergleichbar mit dem gewagten Unsinn des dritten Teils, der ebenfalls versuchte hatte, aus den Grundpfeilern des Halloween-Feiertages Kapital zu schlagen.

Unverständnis lässt sich auch für viele der ernst gemeinten Szenen aufbringen, die ihren Zweck verfehlen und eher lachhaft sind. So malt Myers riesige Symbole an Wände, hängt Opfer mit Weihnachtsbeleuchtung in Bäume und hält jemanden mit den bloßen Händen in einen Stromkasten, dessen Energie so stark ist, dass er den Kopf des Mannes explodieren lässt.

Was die Besetzung betrifft, gibt es gleich drei Enttäuschungen in Reihe. Die erste Hauptrolle hat die bis dato und seit jeher unbekannte Marianne Hagen, die als Lauries Stiefschwester um das Leben ihres Sohnes bangen darf. Sie spielt ihre Rolle allerdings derart unmotiviert und langweilig, dass jede ihrer Szenenminuten im Desinteresse verschwinden (ihr Filmsohn, der düstere Stimmen hört, zeigt indes einmal mehr, wieso die junge Danielle Harris in Halloween 4 und 5 außerordentlich gut war. Nicht besser ist Paul Rudd, der heute zwar mit zu den bekannteren US-Comedy Stars gehört (Vorbilder, Trauzeuge gesucht), in diesem Film aber nichts als ein unheimlicher Stalker und paranoider Computernerd ist, der am Ende auch noch beleidigenderweise dazu kommt, Michael Myers kurzweilig im Nahkampf zu besiegen. George P. Wilbur, der bereits im vierten Film das Schlachtermesser zucken durfte und seitdem offensichtlich gehörig zugenommen hatte, spielt Myers recht akzeptabel, wobei die neue Maske ebenso überdimensioniert und bullig wirkt wie Wilburs Statur.

Zurück ist Donald Pleasence als Dr. Loomis, der in den sechs Jahren seit Halloween 5 erschreckend abgebaut hatte. Der Mann, der zwei Monate nach den Dreharbeiten starb und den fertigen Film nicht mehr zu Gesicht bekam, wirkt müde und erschöpft. Wieder darf er nur Faselei ala „Michael ist das pure Böse“ von sich geben, jedoch gedämpft, da er schlicht und einfach nicht mehr die Kraft für mehr hatte. Er bringt dem Film Verknüpfungswert durch seine Bekanntheit, kann ansonsten aber nichts groß beitragen.

Insgesamt ist der sechste Halloween trotz neuer Optik und versucht gewagter Handlungsstränge qualitativ nur knapp über dem Fünften anzusiedeln. Zu belanglos die Figuren, zu schwach die Geschichte.

Fazit:
Trotz anderer Herangehensweise gelingt es Halloween 6 nicht, an die Qualitäten der Vorgänger anzuschließen. Der zweitschlechteste Teil der Reihe enttäuscht auf der ganzen Linie.

3 / 10

NACHTRAG: Halloween 6: Der Fluch des Michael Myers (Producer’s Cut)
Es gibt eine besondere Bootleg-Fassung namens The Producer’s Cut, die im Grunde ein Director’s Cut ist und Chappelles erste geplante Version darstellt. Nach ersten Testvorführungen war das Studio von dem Entwurf nicht überzeugt, weswegen Produzenten den Film ohne den Regisseur nachträglich umstrukturierten.

Prinzipiell ist es immer noch fast derselbe Film, allerdings mit rund 45 Minuten anderem Filmmaterial, anderer Musik, anderen Sound-Effekten und einigen unterschiedlichen, verlängerten und reduzierten Szenen, die die Handlung teilweise verändern. In dieser Fassung fallen die Morde beispielsweise weniger graphisch aus, die Einleitung wird nicht von Rudd, sondern von Pleasence gesprochen und Jamie lebt länger. Statt eines blutigen Mordes in einer Scheune überlebt sie sogar bis zur Hälfte, bis sie von dem Mann in Schwarz getötet wird. Dieser stellt sich später auch nicht bloß als Anführer einer verrückten Druidensekte heraus, sondern als Wissenschaftler, der versucht, Michaels Kräfte zu erforschen und für sich zu gewinnen. Loomis wird als dessen Nachfolger auserkoren und Tommy stoppt Michael mit Hilfe spezieller Runen, die dem Halloween-Fluch entgegen wirken. In dieser Fassung wird auch gezeigt, dass Michael Myers seine Nichte Jamie vor den Augen der Druiden vergewaltigte und somit der Vater ihres Babys ist.

Der eigentliche Film endet damit, dass Loomis seine Verzweiflung über den neuen Posten des Sektenführers heraus schreit und Michael seine Maske gegen des Outfit des Mannes in Schwarz austauscht. Während die Kinofassung also andeutet, dass Myers am Ende entkommt und nicht mehr länger unter der Kontrolle der Druiden steht, wird er in der PC-Fassung von seiner langjährigen Rolle als seelenloser Killer erlöst, die Tür für einen Nachfolger öffnend.

Da diese Fassung größtenteils auf John Carpenters Musik zurückgreift (die Kinofassung hat einen ähnlich langweiligen Score wie der Vorgänger), weniger auf Mordspektakel setzt und eine noch immer dümmliche, aber dafür koherente Geschichte erzählt, ist der Producers Cut definitiv besser als die Kinofassung, wenn auch nur marginal.

3,5 / 10

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

Um an dieser Diskussion teilzunehmen, registriere dich bitte im Forum:
Zur Registrierung