BG Kritik: „Das A-Team“

12. September 2015, Christian Mester

Hannibal Smith (Liam Neeson), Mad Murdock (Sharlto Coplay), Templeton Faceman Peck (Bradley Cooper) und Bosco B.A. Baracus sind ein Team ehemaliger Soldaten, die eines Tages unschuldig eines Verbrechens beschuldigt werden. Gemeinsam fliehen sie vor ihrer Verurteilung und versuchen den Drahtzieher (Brian Bloom) in die Finger zu bekommen.

THE A-TEAM (2010)
Regie: Joe Carnahan
Cast: Liam Neeson, Bradley Cooper

Kritik:
Zusammen mit “MacGyver”, “Baywatch”, “Airwolf” und “Knight Rider” gehört das “A-Team” fraglos mit zu den großen Live-Action Kultshows der späten 80er und frühen 90ern. Nahezu jeder kennt die vier ungemein sympathischen Figuren, die mit zwar immer gleichen, aber dafür gleichsam unterhaltsamen Mini-Aufträgen zu Alltagshelden der Entrechteten wurden. Nun gab es schon TV-Wiederauferstehungen im Kino zu sehen; die beiden “Drei Engel für Charlie” mit Cameron Diaz, “Starsky & Hutch”, “Mission Impossible”, “SWAT”, “Get Smart”, “Ein Duke kommt selten allein”, “Flipper”, “Mit Schirm, Charme und Melone” und “Miami Vice” beispielsweise. In Sachen Qualitäten war da alles vertreten, doch das gesetzte Vorbild des “A-Teams” ist offensichtlich. Trotz größeren Humors will das Alpha Team (dafür steht das A) mit Toms unmöglichen Missionen mithalten und zum Blockbuster-Franchise werden.

Eine bereits im Trailer ausgelebte Sequenz mit einem fliegenden Panzer darf sich außerordentlich unterhaltsam schimpfen, und auch sonst greift man tief in die Pulverkiste. Regisseur Joe Carnahan, der schon mit “Smokin’ Aces” ein Händchen für wohl dosierte Action bewies, da jedoch mit kleinen Mitteln und einem unausgegorenem Drehbuch jonglieren musste, bekommt dieses Mal wesentlich größere finanzielle Unterstützung, die er auch eifrig nutzt. Er lässt das Team zahlreiche Vehikel einsetzen und viele andere explosiv vernichten. Der Stil der Action orientiert sich an dem der Vorlage, hätte diese in diesem Fall über 100 Millionen Dollar zur Verfügung gehabt. Es geht relativ unblutig zur Sache, allerdings schießt das Team hier nicht tumb immer bloß auf Reifen. In der Tat gibt es sogar eine Diskussion mit B.A. über die Notwendigkeit des Tötens, der er Kopf schüttelnd widerstrebt. Amüsant ist es, da der originale B.A.-Darsteller Mr. T nach Besuch des Films verkündet hat, dass ihm der neue Film viel zu brutal sei (allerdings war er bereits im Vorfeld grantig gewesen; bei der Nachfrage, ob er wie die anderen beiden noch lebenden A-Team Darsteller Lust auf einen Cameo hätte, sagte er Nase rümpfend ab, da er sich darin beleidigt fühlte, dass man ihn nicht wieder als B.A. besetzte). Bei all der Action mit Panzern, einstürzenden Hafenanlagen und Helis bleibt nicht unentdeckt, dass die Effekte an vielen Stellen Mäkel aufweisen und unecht aussehen.

Dass das “A-Team” nicht viel von Gesetzen der Physik hält, ist kein schwerwiegendes Problem – wer würde von der Vorlage schon Anspruch erwarten – doch der bisweilen alberne Ton ala “2 Fast 2 Furious” beißt sich mit immer wieder angepeilter Ernsthaftigkeit. Es gibt drei aufwendigere Actionsequenzen, die von zweierlei Elementen umgeben sind. Der Gruppendynamik der vier und einer später käsig lang gezogenen Thriller-Geschichte.

Die Zusammenstellung des Teams selbst ist zum Teil gelungen, zum Teil misslungen. Liam Neeson, mittlerweile der großkalibrige Allrounder für jede Mentorenrolle, gibt ein weiteres Mal den vorbildlichen Anführer, allerdings ist für Kenner der alten Serie durchaus bizarr, ihn mit silbrig-grauen Haaren und Zigarre zu sehen. Er kann die Kultrolle George Peppards nicht einnehmen, übernehmen. Es ist eine Scharade, die bis Abspann nicht akzeptieren lässt, dass der neue Hannibal Smith eine eigene Figur ist. UFC-Kämpfer Rampage Jackson hat keine schlechtere Schauspielerfahrung als Mr. T damals, doch ersterem fehlt, was letzteren zur überdimensionalen Medienfigur machte: ein strahlendes Ego. Es ist beispielsweise unvorstellbar, Rampage als Clubber Lang in einem “Rocky III” zu sehen. Da nützt es auch nichts, dass er in einer Tour Mr. Ts Lieblingsbeleidigung “Fool” verwendet. Bradley Cooper hingegen könnte fraglos der neue Dirk Benedict sein, da letzterer in der Serie nichts als ein süffisant grinsender Anzugträger war. Da Cooper schon in “Hangover” als Face 1.0 überzeugen konnte und sowohl Sixpack als auch Charisma hat, entspricht er noch am ehesten dem Original.

Das Beste am Film ist jedoch der unverhofft späte Zuwachs. Sharlto Copley, eigentlich gar kein Schauspieler und nur über Umwege als Wikus van der Merwe im Sci-Fi Kracher “District 9″ gelandet, übernimmt die Pilotenkappe des verrückten Howling Mad Murdock. Im Vergleich zu Dwight Schultz’ sympathischen Geisteskranken ist der Film-Murdock erheblich verschärft. Sein Murdock ist vollkommen nuts, lebensmüde und wie er selbst sagt, immer heiß auf seine nächste Nahtoderfahrung. Das führt sehr zum Spaß Smiths und Verärgerung B.A.s zu den besten Szenen des Films, in denen Murdock berühmte Filmszenen nachspielt, abgedreht Stunts mit Hubschraubern vollführt oder gekonnt zwischen kompletten Irrsinn und verstecktem Intellekt spielt (genial: ein Witz über 3D-Kino). Copleys zweite Kinorolle erweist sich als erneutes Highlight, das den Besuch fast einzig und allein empfehlenswert macht.

Kritisch ist der gesamte restliche Abschnitt des Films, in dem das Team nicht herumblödelt oder zu den Waffen greift. Es wird ein zuweilen ernster Militär-Thriller entwickelt, in dem es ums Jessica Biels Ermittlung, geheime Verschwörungen und einen umtriebenen CIA Agenten (Patrick Wilson) geht. Wilson und Biel spielen ihre beiden Rollen mit Souveränität, doch das Script ist undankbar und gibt beiden nichts. Vor allem Wilson, der schon in “Hard Candy”, “Little Children” und “Watchmen” überaus positiv auffallen konnte, wirkt deplatziert. Biel ist wie immer ansehnlich, doch die Rolle der Agentin Charisa Sosa dürfte die bislang langweiligste ihrer Karriere sein – zumal sie als Jägerin des “A-Teams” kaum unglaubhafter sein könnte.

Joe Carnahans “A-Team” hätte weit besser sein können, hätte man den Film noch ein wenig interessanter besetzt und gute 30-40 Minuten höhepunktloser Handlung herausgekürzt. Bei einer Vorlage wie dieser erwartet ohnehin keiner ein “Green Zone”. sondern einfach reibungslosen Popcornspaß. Für Copley und einige wenige Actionsequenzen demnach eine große Empfehlung, der Rest hustet müde nach DVD-Leih.

“Das A-Team” ist keine Blamage, aber auch kein glorreicher Walkürenritt einer alten Legende. Mit Abstrichen zu empfehlen. Gerade noch

6 / 10

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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