Treasure Tuesday Spezialkritik: „Ein Fisch namens Wanda“

6. April 2021, Christian Westhus

Diese britisch-amerikanische Kult-Komödie vereint das Beste beider Welten. „Ein Fish namens Wanda“ (1988), unser heutiger Treasure Tuesday Tipp. Jeden Dienstag auf Erkundungstour gehen. Wir stöbern nach vergessenen Filmen, unterschätzten Filmen, alten Filmen, fremdsprachigen Filmen. Nach Filmen die sich lohnen, auch wenn gerade nicht die halbe Welt über sie spricht.

© MGM

Ein Fisch namens Wanda
(Originaltitel: A Fish called Wanda | UK, USA 1988)
Regie: Charles Crichton
Darsteller: John Cleese, Jamie Lee Curtis, Kevin Kline, Michael Palin
Kinostart Deutschland: 26. Januar 1989

Was ist das für ein Film?
Eine Kultkomödie von und mit John Cleese, damit der größte Erfolg des Komikers außerhalb der Monty Python. Doch das Wort „Komödie“ ist nicht ganz treffend bzw. es deckt nicht sämtliche Facetten dieses Films ab. Ein erfolgreicher Juwelenraub bringt dem Kriminellen George (Tom Georgeson) und seinen Komplizen eine Millionenbeute. Zum Team gehört Georges Geliebte Wanda (Jamie Lee Curtis), deren „Bruder“ Otto (Kevin Kline) und der etwas einfältige Tierschützer Ken (Michael Palin); zwei Briten und zwei Amerikaner. Doch Otto ist überhaupt nicht Wandas Bruder, sondern ihr Geliebter, und gemeinsam wollen sie George ans Messer liefern und die Beute für sich abgreifen. Dies gelingt nur halb, denn George landet im Knast, doch die Juwelen sind gut versteckt und das Versteck wird vom treu ergebenen Ken gehütet. So machen sich Wanda und Otto an Georges Anwalt Archie Leach (John Cleese) heran, um über diesen an die nötigen Informationen zu kommen. Während Wanda dem verheirateten und „very british“ Anwalt den Kopf verdreht, ist der halbwahnsinnige, kampfsporterprobte und unhaltbar eifersüchtige Otto wie wild unterwegs. Ein wildes Charadespiel aus täuschen, tarnen und tricksen mit bald doppeltem und dreifachen Boden entsteht.

Warum sollte mich das interessieren?
„Ein Fisch namens Wanda“ ist eine im besten Sinne seltsame Mischung. Eine Mischung aus Genres, aus Tönen, aus Einflüssen und aus schrillen Figuren. Es ist das Gemeinschaftswerk von John Cleese und Charles Crichton, beide Veteranen britischer Comedy, eine knappe Generation auseinander. Schon in den späten 1960ern entstand das Vorhaben, gemeinsam einen Film zu drehen, der mit seinem komödiantischen „Heist“ Plot, den vier zentralen Figuren und dem Spiel mit britischen und amerikanischen Klischees schon früh dem ähnelte, was ein paar Jahre später dann „Wanda“ werden sollte. So sind Cleese und Crichton nicht nur Co-Autoren, sondern waren am Set mehr oder weniger gleichberechtigt als Regisseure. Obwohl das Script über Jahre gewachsen war, gab es dennoch eine Menge Improvisation – und das merkt man. Positiv. Insbesondere Kevin Kline darf ungehemmt loslegen und legt entsprechend auch ungehemmt los. Sein Otto ist der charmanteste kriminelle Halbirre überhaupt, aber auch einer, dem man eigentlich begegnen wollen würde. Otto hat eine unbändige Energie und beherrscht nahezu jede Szene, die er betritt. Er fasziniert. Dies vollbringt er durch sein Ego, durch das Schnüffeln der Achseln, die „anregenden“ Fremdsprachen, die forsche Lüsternheit, aber auch der Spielwitz, wenn er zum Aufrechterhalt der Tarnung gekonnt mit den Gefühlen spielt. Mit den Gefühlen seines Gegenübers und mit seinen eigenen. Kein Wunder, dass Kevin Kline für diese Rolle den Oscar als bester Nebendarsteller erhielt. Dass Script und Regie ebenfalls nominiert waren, zeugt davon, dass „Wanda“ mehr ist als eine grelle Komödie.

Die vier Hauptfiguren, Wanda, Otto, Ken und Archie, könnten unterschiedlicher nicht sein und gerade das macht so viel Spaß. Jede Kombination dieser Figuren, mit ihren Spleens, ihren Eigenheiten, ihrer kulturellen Prägung und ganz zentral mit ihren kriminellen (oder nicht kriminellen) Absichten, ist aufs Neue spannend und unterhaltsam. Leidtragender ist dabei insbesondere Michael Palins Kenny, der als verschusselter und stotternder (der vielleicht am schlechtesten gealterte Gag des Films) Kerl von Wanda belogen und von Otto bedroht wird. Ken gehört der titelgebende Fisch im Aquarium, der irgendwann zwangsläufig dazu genutzt wird – wie auch Pommes Frites – Druck auf den Tierfreund auszuüben. „Ein Fisch namens Wanda“ ist teils herrlich böse, teils so überdreht, dass man sich doch irgendwie an die Pythons erinnert fühlt. Ein schrille Farce, eine Gangsterkomödie, eine x-fach verknotete Romanze und ein paar klassische Screwball-Anleihen. Es ist eine schwer zu beschreibende Mixtur, doch das exzellente Script und die fantastische Besetzung machen diesen Film zu einem größtenteils zeitlosen Filmschatz.

Auf DVD erhältlich, bei Amazon und MagentaTV digital leih- und kaufbar, sowie zum aktuellen Zeitpunkt bei Sky Ticket per Abo verfügbar.

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Autor: Christian Westhus

Ein echter Ostwestfale. Gebürtig aus einer kleinen Doppelstadt, die niemand kennt, studierte Literatur in einer Stadt, die es angeblich nicht gibt (Bielefeld). Arbeitet seit 2006 für BereitsGesehen, schreibt Kritiken und Kolumnen, gehört zum Podcast Team und ist einmal im Monat beim KultKino in Lippstadt zu sehen.

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