BG Kritik: „Der weiße Hai“

12. September 2015, Christian Mester

Ein Mädchen wird eines Nachs in der Bucht der Küstenstadt Amity von einem hungrigen weißen Hai angegriffen – ein Grauen für die ansässigen Politiker, denn die aktuelle Touristensaison steht bevor; die wichtigste Einnahmequelle der kleinen Stadt. Um das Problem schnellstens aus der Welt zu kriegen, ruft der Bürgermeister unter den Fischern kurzerhand zur Jagd auf. Als ein erstes Tier gefangen wird will nur niemand hören, dass es das Falsche ist…

Kritik:
Steven Spielbergs „Der weiße Hai“ war damals der erste Film, der 100 Millionen Dollar einspielen konnte – und das in der bis dato eher leblosen Sommerzeit. Er war der ausschlaggebende Grund dafür, dass wir die größten Filme des Jahres seither in der Zeit von Juni bis August im Kino sehen.

Woran das lag? Das erste Wochenende war damals sicher nichts Besonderes, aber da der Film weltweit überragend ankam, sollten die Empfehlungen bis zum Herbst nicht mehr aufhören. Jeder wollte gesehen haben, wie der Hai zu einem der größten Filmbösewichte aller Zeiten wurde, und dass, obwohl man das Tier die meiste Zeit über selbst nicht einmal sieht. Spielberg hatte eigentlich sogar erst vor den Hai schon recht früh zu zeigen, aber da die auf einem Unterwasser-Kran stationierte Mechanik beim Dreh laufend versagte, begnügte man sich kurzerhand mit ständigen Aufnahmen der Rückenflosse, was sich letztendlich als Geniestreich erwies. Das unentwegte Andeuten des Hais macht ihn so nämlich direkt viel gruseliger.

Einfach alles im Film ist perfekt gelungen, angefangen mit den vielen großartigen Szenen des Hais. Bis zum Ende gibt es immer wieder schonungslose Auftritte des monströsen Jägers, die ungemein spannend ausfallen und durch John Williams‘ Gänsehaut treibende Musik sämtliche andere Tierhorrorfilme in den Schatten stellen. Anfangs noch spannend, spitzt sich das Ganze gegen Ende dann auch noch weiter zu, als die Männer versuchen, den widerspenstigen Menschenfresser, der letztendlich keinem etwas Böses will und nur seinen ureigenen Instinkten folgt, mit allen Mitteln zu erledigen.

Doch auch abseits des Wassers weiß Spielbergs Horror-Thriller zu punkten; zum einen wäre da Roy Scheider, der in der Rolle des viel zu liebenswürdigen Küstensheriffs zwischen zwei Fronten agieren muss: er weiß, wie wichtig die Touristen für Amity sind, erahnt aber auch die Gefahr. Verzweifelt versucht er mit den Behörden zu diskutieren, aber als die nichts einsehen wollen, traut sich der vor dem Meer Angst habende Chief mutig in seine persönliche Hölle. Scheider spielt es großartig und macht seinen Brody spielend zu einer der sympathischsten Figuren aus Spielbergs Filmographie. Im Verlaufe des Films wird er sogar noch bestens ergänzt, denn Robert Shaw als knallharter Seefahrer und Richard Dreyfuss als neunmalkluger Meeresbiologie liefern sich eine Hassliebe, die man einfach einmal gesehen haben muss. In der Zeit, in der sie zusammen zu sehen sind, lacht und schmunzelt man mit ihnen, bangt um sie und will am Ende, dass sie doch noch irgendwie gewinnen – und genau so muss es sein.

Böse Zungen könnten heute behaupten, dass der Hai an sich in seiner späten Offenbarung nicht besonders echt ausschaut, aber das lässt sich hinnehmen. Es geschieht so spät, dass man bis dahin so tiefer in der Atmosphäre des Films versunken ist, dass man leicht darüber hinweg sehen kann.

Unter dem Strich ist „Der weiße Hai“ ein grandioser Horror-Thriller mit starken Abenteuerelementen, unvergesslichen Figuren, beeindruckender Musik und einem Spannungsaufbau, der nicht noch besser hätte ausgereizt werden können. Wahrscheinlich der beste Film, den Steven Spielberg je gemacht hat.

Fazit:
Spielberg’s „Der weiße Hai“ ist ein zeitloser Klassiker, der auch heute noch mit seiner packenden Geschichte zu fesseln weiß.
10 / 10

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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