BG Kritik: „The Last Duel“

9. Dezember 2021, Christian Mester

Nur kurz im Kino und dann schon auf Disney+… der neue Schwerterfilm vom Macher von „Gladiator“ und „Königreich der Himmel“ galt vor Release als großer Titel und Oscarkandidat, bevor er recht unbeachtet floppte. Zu Recht?

Regie: Ridley Scott
Besetzung: Adam Driver, Ben Affleck, Jodie Comer, Matt Damon

Matt Damon spielt einen ehemals reichen Ritter namens Jean, der eines Tages in Geldnöte kommt und dafür in den Krieg zieht. Er lässt seine junge hübsche Ehefrau zurück, die ihm bei seiner Rückkehr Schreckliches berichtet: in seiner Abwesenheit sei sie von seinem alten Freund Jacques (Adam Driver) besucht und vergewaltigt worden. Weil der lokale Fürst (köstlich schleimig: Ben Affleck) allerdings zu seinem Saufkumpan Jacques hält und keinen Prozess erlaubt, wendet Jean sich direkt an den König – und erwirkt das letzte offizielle Duell auf Leben und Tod der Geschichte.

© 20th Century Studio – Screenshot aus Trailer https://www.youtube.com/watch?v=D7w9GU3zcec

Um die relativ geradlinige Geschichte interessanter zu erzählen, wählte der 84jährige Scott das Konzept, die duellschaffende Tat gleich dreimal zu zeigen: einmal so wie Jean glaubt, dass es passiert ist, sowie die jeweiligen Ansichten seiner Frau und des Beschuldigten, basierend auf den jeweiligen historischen Niederschriften. Im Ansatz ist das eine interessante Art für eine Nacherzählung… wäre da nicht der Fakt, dass alle drei Perspektiven sehr ähnlich ausfallen. Das heißt: ja, selbst in Adam Drivers Erzählung wird nichts groß beschönigt oder korrigiert, auch da ist er empathielos grob mit der Frau und nimmt sie gegen ihren Willen. Zwar meint er, dass sie nichts dagegen haben mag, weil Frauen ihn ja immer wollen und er erstmals Gefühle entwickelt habe, aber schon die Bildsprache seiner eigenen Gedanken zeigt, dass er ein ignoranter Vergewaltiger ist. Somit verrennt sich „The Last Duel“ bereits in seinen ersten großen Makel, indem er quasi das gleiche Geschehen dreimal hintereinander zeigt, mit nur kleinen Abweichungen.

Der zweite große Mangel wäre das Problem, dass es keinen wirklich charismatischen Charakter gibt. Weder Jean als stumpfer, ständig verlachter Möchtegernadliger, noch Jacques als unaufhaltsamer Holadrio vermögen es, zu überzeugen oder sympathisch zu werden, sodass Jodie Comers Lady Margauerite ein Opfer beider Seiten wird. Für sie spielt es eigentlich keine Rolle, wer das Duell gewinnt, weil sie in jedem Fall verliert. Comer spielt die arme Frau fragil und hilflos, aber der Film selbst ist nicht allzu interessiert an Ihren Gefühlswelten und bleibt meistens lieber bei den Männer.

Tatsächlich ist „The Last Duel“ ein reichlich hässlicher Film. Natürlich ist es ein Ridley Scott Werk, daher ist die Mittelalterwelt opulent und aufwändig umgesetzt, mit hunderten Extras und beeindruckenden Kostümen en masse, aber im Endeffekt ist es eine unbequeme Vergewaltigungsgeschichte, mit immer wieder mal eingestreuten Schlachtfeldszenen und dem obligatorischen Last Duel am Ende, bei dem sich blutrünstig die Birne eingeschlagen wird.

Was dem Film aber im Vergleich zu „Gladiator“, „Königreich der Himmel“ und auch „Robin Hood“ fehlt, ist Herz und Charisma. Die mögen zwar auch alle traurige Schicksale und brutale, halt realistische Kampfszenen beinhalten, werden aber durch Charaktergeschichten geerdet, die mitfühlen lassen. Der „Robin Hood“ Prequelfilm mag zwar käsig sein, aber es ist ein sympathischer Russell Crowe, der da an der Seite einer immer sehenswerten Cate Blanchett kämpft. Die Geschichte von Maximus hingegen ist eine mitreißende Heldengeschichte, die spätestens dann jubeln lässt, wenn er in der Arena dem Kaiser gegenüber steht, seinen Helm abnimmt und ihm erzählt, wer er ist. „The Last Duel“ hat nichts dergleichen und verbleibt als kühle, graue Geschichte, was sich auch im Soundtrack von Harry Gregson-Williams (jep, Hans Zimmer lehnte hier ab) niederschlägt.

Ironischerweise kann man hier ein wenig mit Uwe Boll vergleichen. Der dreht zwar wesentlich kleiner und hat keine Meisterwerke wie „Alien“ in der Tasche, neigt bei seinen Nachstellungen echter Tragödien wie „Darfur“, „Siegburg“ oder „Auschwitz“ aber ebenso dazu, Ereignisse einfach nur empathie- und selbstlos in Filmform nachzustellen, um darauf aufmerksam zu machen und daran zu erinnern,  nach dem Motto „seht, so schlimm war das“. Die gleiche Herangehensweise kann man hier spüren und genau wie bei den Bolls sitzt man am Ende schulterzuckend da und fragt sich, was das jetzt sollte.

Fazit:

Bildgewaltig und top ausgestattet, aber emotional kalt, unterkühlt, repetitiv. „The Last Duel“ kann mit den übrigen Schwerterfilmen Scotts keineswegs mithalten und ist auch sonst kein sonderlich einladender Film. Taugt vielleicht als aufwändige Nachstellung eben dieser historischen Ereignisse, nicht aber als Epos.

4/10

17 Kommentare

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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