BG Kritik: „Crank 2: High Voltage“

12. September 2010, Christian Mester

Chev Chelios (Jason Statham) hat den Sturz aus dem Hubschrauber überlebt – allerdings nur, um anschließend unfreiwilliger Organspender für einen uralten Triadenboss (David Carradine) zu werden. Natürlich lässt der abgebrühte Chaot mit Dampfhammer-Temperament das nicht auf sich sitzen und setzt alles daran, sein bereits transplantiertes Herz wieder zurückzuholen. Sein einziges Problem? Er hat einen künstlichen Platzhalter in der Brust, der laufend wieder elektrisch aufgeladen werden muss.

Crank 2 (2006)
Regie: Neveldine/Taylor
Cast: Jason Statham, Amy Smart

Kritik:
Halsbrecherische Stunts, Sex in der Öffentlichkeit, absurdes Alltagschaos und Highspeed-Action im Style wilder Skate-Videos – das war das gewagte Konzept von Crank, der auf DVD wie eine Bombe einschlagen konnte. So bot sich also die Idee einer Fortsetzung an, doch da Held Chelios am Ende des ersten Films aus einem Hubschrauber gefallen und damit eigentlich definitiv tot sein musste, gab es nur eine wirkliche mögliche Richtung für den Nachfolger: er musste noch abgedrehter, noch schräger, noch verrückter werden – und da trifft Crank 2 voll ins Schwarze.

Machte Chev im ersten noch halbwegs glaubwürdige Dinge wie gefährliches Balancieren auf einem Motorrad, schmeißt Crank 2 Realismus weit aus dem Fenster um das verrückteste Zeug des Jahres zu zeigen. Hier wird sich an Autobatterien angeschlossen und in Stromkasten gegriffen, als wäre es Kinderkram – und das ist unfassbar lustig. Spätestens wenn Chev sich im Park ein verbotenes Elektrohalsband eines Hundes umlegt, und dann den Besitzer provoziert immer wieder den Knopf zu drücken, kann man sich vor Lachen kaum im Sitz halten. So absurd und ausgefallen ist fast jeder der Momente, in denen Chev sein elektrisches Platzhalterherz mit neuem Saft versorgen muss.

Die erste Hälfte des Films ist dadurch extrem temporeich geworden und lässt keine Sekunde den Fuß vom Gaspadel, sodass man kontinuierlich darüber lachen kann was Chev als nächstes macht. Größtenteils ist Crank 2 übrigens wie ein Videogame aufgebaut, da er laufend neue Waffen bekommt und sein Aufladen jedes Mal wie ein Powerup einsetzt. Teilweise dreht der Film sogar soweit auf, dass man sich nicht wundern muss, wenn Chev plötzlich als Godzilla-Verschnitt in einer Miniaturstadt kämpft. Statham ist in seiner Rolle mal wieder große Klasse, und es macht Spaß, Cameos diverser B-Promis und Musiker zu entdecken (u.a. Maynard Keenan, Chester Benington, Corey Haim, Jenna Haze, Lauren Holly).

Niemand kauft Halle die kleine Computermaus ab, die zufällig die Traummodelfigur einer Athletin hat, und auch wenn Halle sehr sportlich ist, ist es nicht übersehbar, dass sie in den katzenstreu-schlechten Actionszenen fast die meiste Zeit von einer digitalen Stuntfrau ersetzt wird (die sich wie einem PSX-Game bewegt). In einer der besten Szenen des Films stürmt Patience (auf dt.: „Geduld“) eine Rockparty beim Nachbarn und zerstört kurzerhand die Anlage. Nach etwas Faucherei lässt man sie unbehelligt abziehen, weil sie so… angsteinflößend war. Aber gut, bei einer Irren, die auf eine Box springt und sich wie eine Katze verhält, ruft man besser den Tierschutz.

Keine Ahnung, ob Regisseur Pitof beim Budget so knapp geknausert hat, dass es zu keinem Nachnamen mehr reichte, aber die Effekte im ganzen Film sind wirklich mehr als unfertig. Vor allem die künstlichen Katzen sehen alles andere als echt aus und der Showdown mit Betonface ist eindeutig ein schlechter Scherz. Nicht, das man schon mit hirnbefreiter Mammutaction auf dem – jetzt kommts – Catwalk genug gelitten hätte, wird dem Film auch noch eine plausible Erklärung mitgeliefert, wieso und überhaupt und wie und warum und warum es ein Sequel zu Batmans Rückkehr sein kann: weil es mystische CGI-Superkatzen schon seit Ewigkeiten gibt und sie hin und wieder eine Nerdmaus mit Brille aussuchen, die dann im Stripperkostüm Katzen nachmacht und sich wie ein aufgeschreckter Hamster ohne Rad fortbewegt. Yep. Wenn man wirklich, wirklich angestrengt mit der Lupe nach Katzenhaaren und Pluspunkten für den Film sucht (neben Halle’s Figur, selbst schauspielerisch verbockt sie Catwoman), und man echt alles andere verzeiht, bleibt das Trostargument, dass der Film zumindest flott ist und keine Längen hat. Und das es in diesem Sonnensystem tatsächlich noch schlechtere Filme als Catwoman gibt.

Fazit:

Wer offen für völlig abgedrehten Mumpitz ist, darf sich Crank 2 nicht entgehen lassen – ohne Frage einer der lustigsten Filme des Jahres. Wer hingegen Wert auf Figuren und Story legt, Realismus und Dialoge bevorzugt, die nicht unentwegt aus „Fuck“ bestehen, sollte vielleicht besser einen gewaltigen Bogen drum machen.

7 / 10

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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