BG Kritik: „Rob Zombie’s Halloween 2“

12. September 2014, Christian Mester

Ein Jahr nach den Ereignissen des ersten Films ist Laurie (Scout Taylor-Compton) noch immer ein seelisches Wrack. Von Albträumen geplagt, bemüht sie sich mit aller Kraft wieder ein normales Leben zu führen, während ihr totgeglaubter Bruder (Tyler Mane) derweil quicklebendig und mordend durch die umliegenden Farmlandschaften Haddonfields stapft. Halloween naht und wie ihm die gespenstische Einbildung seiner Mutter mitteilt, ist es an der Zeit, Laurie und sich selbst schicksalshaft umzubringen. Ebenfalls überlebt hat Dr. Sam Loomis (Malcom McDowell), der zur selben Zeit Promotion für ein neues Buch macht und sich Vorwürfen stellt, dass er Schuld an der Mordreihe seines Patienten trägt.

Regie: Rob Zombie
Mit: Scout Taylor-Compton, Malcom McDowell

Kritik:
Rob Zombies „Halloween“ Remake (Kritik) spaltete 2007 die Gemüter. Seine Variante der berühmten Geschichte kontrastierte auf eine Weise, die mit dem legendären Original nicht mehr viel zu tun hatte. Statt auf Spannung und interessante Charaktere setzte der bärtige Shockrocker auf ein sozial desolates Umfeld, auf Portraitierung menschlicher Abgründe und eiskalte Gewalt, die als reiner Terrorhorror für Schrecken sorgen wollte. Puristen der Filme waren entsetzt, nahm man der Figur bewusst sämtliche Mystik, indem man das Grauen zu erklären versuchte. Schlimmer war jedoch, dass zwei ehemals wichtige Hauptfiguren – der Doktor, der Myers jagt und das Mädchen, das er sucht – verunglimpft wurden. Verschwunden war der charismatisch urige Paranoia-Wahn des Arztes, während Zombie sein Mädchen zu einer nichts sagenden Opferrolle degradierte.

Nachdem das Remake ein Hit an den Kassen wurde, hatte Zombie der Reihe längst den Rücken gekehrt und versucht, etwas gänzlich anderes, eigenes zu drehen. Da dies jedoch keiner finanzieren und sich auf die Schnelle kein passender Ersatz finden wollte, sagte er widerwillig und zähneknirschend zu, Teil 2 selbst zu machen. „Seine Vision“ sollte es werden, frei von jeglichen Vorgaben, die es beim Erstling noch gegeben hatte. Es sollte der ultimative Rob Zombie Halloween werden… den kaum einer sehen wollte. Teil 2 spielte weniger als die Hälfte des Erstlings und damit sogar noch weniger als „Saw 6“ ein.

Zombies Sequel fühlt sich anders an. War der erste Film eine Mischung aus White Trash Familiendramatik und brutalen Morden, gibt es im Zweiten vor allem noch brutalere Morde. Tyler Mane, ehemaliger Profiwrestler, muskelbepackt und stolze zwei Meter groß (unter der Maske übrigens ein ausgesprochen netter Kerl), ersticht seine Opfer dieses Mal nicht einfach nur, er macht auf Mike Tyson mit Küchenmesser. Wie eine schwitzige Tennisspielerin stöhnt er lauthals bei jedem Hieb, tritt Gesichter ein und schlitzt, hackt und meuchelt sich kraftvoll durch die Landschaft, und das obwohl sein Tun relativ plan- und sinnlos verläuft. Abgesehen vom Showdown hat Michaels Pfad der Verwüstung nichts mit der restlichen Handlung zu tun, was am Kopf kratzen lässt. Das beste Beispiel aufkommender Gleichgültigkeit findet sich direkt zu Anfang, als er einen Mann enthauptet, der kurz zuvor noch grinsend davon schwärmte, eine Tote zu vergewaltigen. Spannung gibt es dabei keine und im Gegensatz zu Filmen wie der „Freitag der 13te“ Reihe gibt es auch nie Anlass, sich auf Seiten des Killers zu stellen. Man stellt demnach auf keine Seite, was darin endet, dass man gleichgültig und distanziert bleibt.

Während Myers als bärtiger Obdachloser seinen letzten Rest Faszination einbüßt, versucht Rob, das Geheimnisvolle der Reihe mit dem Brecheisen zurückzuholen. Teils fantasievolle Visionen und Träume zeigen die angeknackste Psyche Michaels und Lauries – richtig, beider, da sie beide plötzlich wie im fünften Teil der alten Serie eine telepathische Verbindung haben, sich gegenseitig fühlen und gemeinsame Tagträume haben – doch der Versuch am Anspruch scheitert. Es versagt an schlechtem Schauspiel (Zombies Ehefrau kehrt als Geister-Strippermom zurück) und seiner Unfähigkeit, das Psychogerüst stilvoll zu inszenieren, da es nie über die platte Optik eines schwachen Musikvideos hinaus geht.

Was die Schauspieler betrifft, geht es ähnlich enttäuschend weiter. Der ohnehin schon unsympathische Loomis, der seinen eingedrückten Kopf aus dem Vorjahr merkwürdigerweise ebenso unbeschadet zu überlebt haben scheint wie Michael seinen direkten point blank Kopfschuss, wird noch unsympathischer, indem er ein ausbeuterisches Buch über die Halloween-Morde ausgerechnet in der Stadt der Tatorte verkauft. Ähnlich wie Michael hat auch er bis zum Showdown nichts mit der eigentlichen Handlung zu tun, da er schlecht gelaunt nicht einmal seine eigenen Sachen mag und erst gegen Ende – nach urplötzlichem Sinneswandel – ins Bild kommt. McDowell („Uhrwerk Orange“) macht sich mit der Rückkehr in den zweiten Teil keinen Gefallen, zumal die kulminierende zweite Zusammenkunft mit Nemesis Myers so banal ausfällt, dass die Figur wohl besser tot geblieben wäre. Scout Taylor-Compton gibt sich derweil jede Menge Mühe mit der angebrochenen Laurie und ist nicht schlecht, wird aber durch brachiales Gefühlsunvermögen den Wölfen zum Fraß vorgeworfen.

Die Handlung des Films ist platt, die Figuren sind schlecht, da dürfen dämliche Logiklöcher natürlich nicht fehlen. Kennen Sie das, wenn Sie eine längere Filmszene sehen nach der eine Figur aufwacht und sich alles Vorherige als nie passiert herausstellt? „Halloween 2“ hat eine solche Szene und vergrault zutiefst, da es die einzige Stelle im ganzen Film ist, die sich beinahe möglicher Spannung annähert. Es wird besser. Ganz klar wird es nicht, aber das Ende impliziert sogar mehr oder weniger, dass der Großteil des Films so wie er gezeigt wird, eventuell nicht wirklich passiert.

Viele Szenen im Film machen zudem schlichtweg keinen Sinn. Ein Van zerbirst an einer Kuh, Myers beamt sich zu einem Opfer (kein Scherz: Michael Myers taucht auf freiem Gelände sichtlich ohne Bewegung direkt hinter einer Person auf), das zierliche, liebe Mädchen Laurie hat „Wir vertrauen auf Charles Manson“ samt Bild über ihrem Bett hängen, es wird erst ein Jahr nach den Ereignissen des letzten Films bekannt, dass Michael Myers Leiche damals verschwand (was Loomis als unwichtig ablacht) und es ist verwirrend, dass Myers in Rückblenden und Visionen als Kind urplötzlich ganz anders aussieht als im ersten Film.

Insgesamt ist es eine höchst lausige Fortsetzung, die allenfalls denen zu gefallen weiß, die das kaltherzige Abschlachten Zahlloser schon im ersten Film unterhaltsam fanden. Alle anderen finden eine mäßige Fortsetzung vor, die inhaltlich wenig Sinn macht, lieblos und unsympathisch inszeniert ist und sich spätestens dann mit einem Fuck You verabschiedet, wenn Zombie die katastrophal kitschige Nazareth Nummer „Love Hurts“ aus dem ersten Film im Abspann wiederholt.

Fazit:
Als Teil der „Halloween“-Saga reiht sich Nummer 10 fraglos zwischen den schlechtesten der Reihe ein, als Horrorfilm an sich ist es eine nur arg maue Geschichte. Blutig, brutal und ohne jeglichen Popcornspaß, nähert sich der Film traurigerweise billigem DVD-Trash wie „Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast 3: Ich werde immer wissen, was du letzten Sommer getan hast“ an. Dass Rob diesen nur widerwillig gemacht und im Grunde gar nicht erst angehen wollte, könnte nicht besser zu sehen sein. Sehen will man das auch nicht.

2 / 10

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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