BG Kritik: „Cowboys & Aliens“
Angesichts des Titels eine hochkomplizierte Angelegenheit: Arizona 1873. Jake Lonergan (Daniel Craig) wacht mit Gedächtnisverlust und einer mysteriösen Metallanschette am Handgelenk in der Steppe auf. In dem kleinen Städtchen Absolution ist der Fremde nicht willkommen, denn Rinderzüchter Colonel Dolarhyde (Harrison Ford) regiert den Ort mit strenger Hand. Als urplötzlich Aliens in Raumschiffen auftauchen und einige Dorfbewohner entführen, werden die Karten neu gemischt. Ein Trupp, angeführt von Lonergan und Dolarhyde, versucht die Basis der Außerirdischen zu finden und die Menschen zu befreien.
Cowboys & Aliens
(USA 2011)
Regie: Jon Favreau
Darsteller: Daniel Craig, Harrison Ford, Olivia Wilde,
Kinostart Deutschland: 25. August 2011
(Diese Kritik erschien ursprünglich zum Kinostart des Films im August 2011.)
Es wird brenzlig, wenn das Mutigste an einem Film ist, den so offensichtlichen wie bescheuerten Titel der Comic-Vorlage einfach mal nonchalant durchzuziehen. Cowboys und Aliens – check, ja, beides vorhanden. Und damit hat es sich mit Mut und neuen Ideen, weil man sich einfach mal komplett auf der schrägen Crossover-Prämisse ausruht und einschläft. Dass der Film angesichts von fünf Drehbuchautoren (darunter einer der Lost-Hauptschreiber, der wohl einfach mal wieder Bock auf simple Geradlinigkeiten hatte) ein so konsequent einheitlich mittelmäßiger Haufen Blockbuster-Retorte ist, darf gleichermaßen erstaunen, wie naheliegend erscheinen. Ein Film vom „Iron Man“ Regisseur, mit Steven Spielberg als Produzent, sowie an vorderster Front besetzt mit James Bond UND Indiana Jones, sollte sich mit derart uninspirierter Mittelmäßigkeit eigentlich nicht zufrieden geben. „Cowboys & Aliens“ ist teuer, ratzekahl leer und angesichts seines herrlich albernen Titels geradezu unangebracht ernst und bodenständig.
Für ein paar Minuten wähnt man sich tatsächlich in einem echten Western, wenn Daniel Craig mit Erinnerungslücken in der Pampa erwacht, ein paar Unholde vermöbelt und sich gleich mal in der nahe gelegenen Stadt beliebt macht. Craigs Strahleaugen muss man natürlich ebenso ignorieren wie seine elektronische Armmanschette, aber ansonsten ist der Einstieg bierernst und genregemäß. Kostümdesignerin Mary Zophres lässt aber wahrscheinlich nur die Reste ihrer „True Grit“ Arbeit auftragen, und Matthew Libatique an der Kamera zaubert mit bisweilen netten Einstellungen (wenn auch teilweise nicht klassisch Western genug) einen viel zu sauberen Hochglanz-Western, der inhaltlich erst mal sämtliche Klischees bedient, inklusive Goldgräberstimmung, knorriger Rinderzüchter und launischer Fiedelei im Saloon. Dann kommen die Aliens. Die sorgen mit ihren insektoiden Raumschiffen, den Disco-Licht Bomben und dreistem Menschenklau natürlich für schlechte Stimmung im Dorf, bis sich ein kleiner Trupp „wackrer“ Männer (nebst einer Frau, einem Kind und einem Hund) aufmacht, die Vermissten zu befreien und die vermeintlichen Dämonen zu vertreiben. Notfalls auch mit dem Schießeisen, denn so rau war die Cowboy-Welt damals.
Bei der zunächst reichlich ziel- und anhaltslosen Suche nach dem Stützpunkt der Invasoren, wundert man sich abwechselnd über Craigs ständig verkniffenen Blick und über Olivia Wilde, die man wohl mit aller Macht in den Film geschrieben hat, damit man präsentierbares weibliches Beiwerk hat. Ihre Ella hat nicht nur ein besonderes Hühnchen mit den Fremdlingen zu rupfen, sondern ist auch permanent im hübschhässlichen Schlafanzug unterwegs. Wichtiger ist aber natürlich Craigs einsamer Outlaw Jake Lonergan, denn für den schließen sich schon mal arg verfrüht ein paar Lücken in den vernebelten Erinnerungen. Natürlich klassisch stillos in öden Flashbacks. Ganz ehrlich, viel mehr passiert erstmal nicht. Die Angriffe der Aliens sind ja ganz nett, wenn auch kein Highlight, aber man kann sie selbst nach jahrelangem Aufenthalt im Sägewerk noch an einer Hand abzählen. Dazwischen gibt es, wenn nicht geritten und bedeutungslos geschwafelt wird, abgenutzte Schoten wie Wegelagerer, alberne Indianer-Mystik, sowie junge und erwachsene Kerls, die echte Männer werden müssen. Klar, ein alter umgedrehter Ozeandampfer ist als Kulisse mächtig schick und die Landschaften machen auch was her, aber wenn darin und darum nur gnadenlos geradlinige Banalitäten abgespult werden, macht das alles nur bedingt Spaß.
Der Film schafft es, ohne einen einzigen wirklich coolen Einfall und mit einer einzelnen (noch dazu irrelevanten) Überraschung durch die knapp zwei Stunden Handlung zu kommen. Alles Weitere hat man in Science-Fiction und Western schon tausendfach gesehen und erfährt auch durch die wilde Kombination keine neuen Impulse. Ist natürlich auch nicht leicht, gegen ein solches Arsenal an eindimensionalen Stereotypen anzukommen, die hier im Interesse der Zuschauer stehen (sollten). Craig als schweigsamer Held wird weder durch seine Waffe, noch durch die öden Geheimnisse seiner Herkunft und Vergangenheit irgendwie interessant. Olivia Wilde bleibt trotz neuer Infos blass und funktionslos, und Indy Harrison Ford hat sich mit seiner langweiligen Rolle als griesgrämiger Rinderzüchter auch keinen Gefallen getan. Dazwischen turnen noch spürbar lustlos Paul Dano und Sam Rockwell herum, die aber wenn überhaupt nur wie Parodien ihrer Figuren aus „There will be Blood“ und „The Assassination of Jesse James…“ wirken. Nennenswerte Interaktion oder charakterliche Entwicklungen bleiben rudimentär und so ist lediglich Adam Beachs Charakter als von Ford engagierter Indianer von Interesse, mit seinem Dasein zwischen zwei Welten und mit der eigenartigen (aber einigermaßen interessanten) Vater-Sohn-Sklave Beziehung zu Ford. Viel mehr ist nicht zu holen, weil die mittelmäßig originell entworfenen Aliens natürlich nur als Kollektiv-Bedrohung mit unlogischer Anwesenheitsbegründung fungieren.
Ja, die Kreaturen wollen was auf bzw. von der Erde und weil sie schon mal da sind, sammeln sie auch Hundertschaften von Menschen, diese Messies. Das Finale ist dann der kleine Lichtblick eines ansonsten spannungsarmen und wüstenstaubtrockenen Hybrid-Western, der zu selten von den paar trockenen Sprüchen Craigs (oder Walton Goggins‘) aufgelockert wird. Das Finale ist komplett vorhersehbar, weil zuvor artig und offensichtlich sämtliche Wegweiser und Fäden ordentlich ausgelegt wurden. Aber immerhin rummst es mal im Gebälk. Die Aliens machen Radau, die Menschen wehren sich mit allem was sie haben und immerhin sieht man kurzzeitig mal, wofür man ein Budget von angeblich weit über 100 Millionen Dollar brauchte. Regisseur Jon Favreau wollte die Kiste wahrscheinlich ähnlich wie seine beiden „Iron Man“ anpacken, vergaß dabei jedoch Charme, Witz und Spannung. So ist „Cowboys & Aliens“ leider größtenteils belanglos, dabei weder ein guter Western, noch ein guter Science-Fiction Film, ergo auch kein guter Gesamtfilm. Vielleicht stattdessen mal lieber ‚Vikings & Aliens’ testen, der da „Outlander“ heißt.
Fazit:
Spannungsarm, unspektakulär, viel zu ernst und mit uninteressanten Figuren bevölkert. Was augenzwinkernde Spaß-Action hätte sein können, ist über weite Strecken ein Rohrkrepierer erster Güte. Nicht total schlecht, aber total belanglos.
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