BG Kritik: „Der Prinz aus Zamunda 2“
Späte Fortsetzungen sind ein Wagnis. Eddie Murphy versucht seine Kult-Komödie von 1988 noch einmal neu aufleben zu lassen, wenn Prinz Akeem feststellt, dass er bei seiner damaligen Reise einen Sohn gezeugt haben soll. „Der Prinz aus Zamunda 2“, erschienen bei Prime Video und hier in der BG Kritik.
Der Prinz aus Zamunda 2
(Originaltitel: Coming 2 America | USA 2021)
Regie: Craig Brewer
Darsteller: Eddie Murphy, Jermaine Fowler, Arsenio Hall, Shari Headley
Veröffentlichung Deutschland: 05. März 2021 (Prime Video)
Späte Fortsetzungen umweht nicht selten der Hauch der Verzweiflung. Diese Geschichte, diese Figuren, dieser Film, all das war doch einst erfolgreich und beliebt, also lässt sich bestimmt noch der eine oder andere Dollar damit verdienen. Comedy Fortsetzungen haben es noch einmal schwerer, müssen sie doch gleichzeitig mehr vom Gleichen und Neuerung bieten. Einen Witz, mag er noch so gut sein, zweimal zu erzählen, ist wenig erfolgversprechend. Die bestehende Welt auf den Kopf zu stellen und liebgewonnene Running Gags rabiat abzusägen, ist aber ebenso häufig zum Scheitern verurteilt. Noch dazu altern Komödien bekanntlich schlecht, werden im Laufe der Jahre wahlweise spießig-altbacken oder problematisch. Nicht immer, aber auffällig häufig. Für jeden allgemein halbwegs akzeptierten „Bill & Ted Face the Music“ (2020) oder „Anchorman 2“ (2013) gibt es einen „Zoolander 2“ (2016) oder gar einen „Vacation: Wir sind die Griswolds“ (2015). Ein Sonderfall wie „Borat Anschluss Moviefilm“ (2020) verkompliziert da nur den Blickwinkel.
Die Aussicht auf einen zweiten „Der Prinz aus Zamunda“, 30+ Jahre später, lässt also nicht unbedingt mit Vorfreude überschäumen. Die Chancen stehen bei Comedy Sequels ähnlich gut wie bei Videospielverfilmungen generell. Auch Eddie Murphys Filmographie taugt nicht gerade als Quell grenzenloser Zuversicht. Nach den erfolgreichen 1980ern gab es Licht und Schatten in den 90ern, teils katastrophale Flops in den 2000ern, ehe „Aushilfsgangster“ (2011) und „Noch Tausend Worte“ (2012) wie das vorzeitige Ende von Murphys Kinokarriere schienen. Doch „Der Prinz aus Zamunda 2“ ist von Craig Brewer inszeniert, Regisseur des vielbeachteten und äußerst sehenswerten Herzensprojekts/Quasi-Comebacks „Dolemite is my Name“ (2019). Murphy will es womöglich noch einmal wissen. Und überhaupt: dieser Film ist sich der Sequel-Problematik vollkommen bewusst, lässt im Verlauf zwei Figuren über Filme, Kino und Fortsetzungen sprechen, als wären wir hier bei „Scream“ bzw. bei „Scream 2“.
Mehr vom Gleichen und doch bitte neu. So beginnt der Film erwartungsgemäß mit einer unwesentlich neugestalteten Nachstellung der berühmten Einstiegsszene des Erstlings, mit Triangel statt Orchester, und mit einer seltsamen Wiederholung eines markanten Satzes. Denn „heute ist in der Tat unser Jahrestag“. Das lässt Übles erahnen. Die Hochzeit von Akeem und Lisa sollte ein neues Zeitalter und ein neues Selbstverständnis des zamundanischen Königshauses einläuten, doch so wirklich viel scheint sich nicht verändert zu haben. ‚Royals gonna royal‘, könnte man sagen. Doch auch die Prinzenproblematik, von Thronfolgern, die mit Idealen und ehrenwerten Zielen anfangen und dann doch tatenlos im Netz der Tradition feststecken, wird gaaanz subtil von den Figuren dieses Films kommuniziert. Akeem und Lisa haben drei Töchter. Damit hat das Patriarcha–, also das Königsreich, das „traditionelle“ Familiengeschäft leider ein Problem. Wie praktisch daher, dass wir durch einen inhaltlich haarsträubenden und tricktechnisch zweifelhaften Flashback erfahren, dass Prinz Akeem bei seiner damaligen Reise einen Sohn gezeugt hatte, der technisch gesehen Thronfolger wäre. Denn eher ein Bastard als eine Frau, so die Tradition Zamundas.
Es ist ein Jon-Snow-Dilemma, also eine Problematik, die Disneys „Aladdin“ schon 1992 vorgemacht und durchgespielt hatte. Nach einer kurzen Stippvisite in Queens verbringen wir den Großteil des Films in Zamunda, denn der künftige Kronprinz Lavelle Junson (Jermaine Fowler) wird ins Königreich geholt. Damit wird das „Fish out of Water“ Prinzip des ersten Films umgekehrt, doch wirklich viel erfahren wir vom Reich als Nation und Gesellschaft dennoch nicht. Das Prinzip Zamunda geht nicht über den Palast hinaus. Höchstens durch General Izzi (Wesley Snipe) erhalten wir einen schwammigen Blick über die zamundanischen Grenzen hinaus. Izzi ist der Bruder der vor 30 Jahren verschmähten Braut, die sich noch immer im mentalen Zwangszustand ihrer konditionierten Unterwürfigkeit befindet. Snipes ist trotz privater Wolken am Horizont auf dem besten Weg, sich eine Art Nicolas-Cage-Image aufzubauen, mit überkandidelten und quasi-verrückten Performances u.a. in „Chi-raq“ unter Spike Lee oder eben in „Dolemite is my Name“, wo er jede nur erdenkliche Szene an sich riss. So tritt er auch hier als neues Oberhaupt einer Familie auf, die auch 30 Jahre später ein musik- und tanzbegeistertes Grüppchen ist und noch eine Ehe-Rechnung mit Zamunda offenstehen hat.
So muss der neue Bastard-Prinz Lavelle durch ein Prinzentraining gehen und seine Würdigkeit für den Thron beweisen, aber gleichzeitig im übertragenen Sinn lernen, seinen eigenen Queens-Weg zu finden. Das beste beider Welten also. Akeem muss seinen eigenen Weg als König finden, diverse kleinere Hindernisse und Differenzen müssen überwunden werden, doch eigentlich ist wenig in diesem Film wirklich von Belang. Die veränderte Perspektive erscheint erst wie ein potentiell reizvoller Schachzug, wird aber kaum spürbar verfolgt, lässt nur Murphy in den Hintergrund rücken, der zwar häufig präsent ist, aber kaum nennenswert ins Geschehen eingreift. Stattdessen gibt es reihenweise Cameos und prominente Gastauftritte, davon gefühlte drei Dutzend während einer selbstgefälligen „Beerdigungsprobe“. Dabei wirken insbesondere die amerikanischen Rückkehrer, Mr. McDowell, das Barbershop Quartett und der creepy Prediger, lieblos beigefügt, aufgezwungen, da sie irgendwie dazugehören.
Wo der erste Film häufig bewusste Überzeichnung nutzte und bissig-plumpe Seitenhiebe verteilte, wirkt Teil 2 nur wie eine verkrampfte Wiederholung, wie eine Pflichtübung, die gezwungen ist, weder nach vorn, noch einen Schritt zurück zu gehen. Die Gags sind lau bis mäßig, entweder altbekannt oder einfach nicht besonders witzig. So bleiben Geschichte, Figuren, Humor und thematischer Ansatz allesamt Flickwerk. Immerhin schlummert in diesem Flickwerk, wie auch schon im Erstling, ein erstaunlich empathisches Herz, zeigt Menschen, die ihre Unterschiede und Differenzen überwinden, sich emotional annähern und unterstützen. Das mag nicht immer glaubwürdig oder nennenswert dramatisiert sein, doch es ist eine angenehme Grundstimmung, die den imminenten Zynismus – den thematischen und den der Zuschauer – ein kleinwenig abschleift und besänftigt. So weiß der Film in seinen finalen Momenten mit viel Musik und beeindruckenden Kostümen irgendwie doch einen halbwegs angenehmen Abschluss zu finden. Doch wehe, man denkt noch einmal über die vergangenen knapp zwei Stunden nach.
Fazit:
„Der Prinz aus Zamunda 2“ tritt leider in dieselben Fettnäpfchen wie die meisten Comedy-Fortsetzungen: zu viel Wiederholung, zu wenig Neuerungen, vollgestopft mit unnötigen Gastauftritten und schon auf dem Papier als Geschichte und Gag-Vehikel maximal mittelmäßig.
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