BG Kritik: „Eternals“ (jetzt auf Disney+)
Die Eternals sind ein Team von unsterblichen Außerirdischen mit Superkräften, die seit tausenden Jahren auf der Erde leben und immer dann eingreifen, wenn Monster namens Deviants auftauchen. Nachdem 500 Jahre keine Kreatur mehr in Erscheinung getreten war, findet das Team wieder zueinander, als die Deviants zurückkehren und plötzlich zusätzliche Kräfte zu haben scheinen…
Regie: Chloe Zhao
Besetzung: Gemma Chan, Angelina Jolie, Salma Hayek
Man erkennt es vielleicht nicht sofort, aber „Eternals“ spielt tatsächlich im gleichen Marvel Universum wie die Abenteuer von Hulk, Thor, Iron Man usw. Natürlich darf man sich sofort fragen, wieso diese Herrschaften noch nicht einmal dann Hi sagten, als Thanos die Hälfte des Universums wegschnippte, als Ultron die Welt angriff oder Loki eine Alienarmee herbeiholte. Die Erklärung ist eine fahle Ausrede: weil es nicht ihr Job sei. Deswegen hätten sie auch während anderer großer Ereignisse wie den Weltkriegen nicht interagiert.
Inhaltlich ist es eigentlich eine recht simple Geschichte. Eine Gruppe Helden, die ein wenig an die Power Rangers erinnern, gelegentlich gegen übernatürliche Wesen kämpfen und gemischte Kräfte haben (einer kann fliegen und Laser aus seinen Augen schießen, eine kann Illusionen erzeugen, einer kann kleine Energiekugeln schießen, eine kann die Elemente verändern usw) fangen an, Ihre Hintergründe zu hinterfragen und kommen dabei einer Wahrheit auf die Spur, die nicht nur ihr Leben, sondern auch das der ganzen Welt bedroht.
Spannend für Fans ist, dass Sie im Dienste eines Celestials agieren. Mit Kurt Russells lebenden Planeten Ego in „Guardians of the Galaxy Volume 2“ gab es vorher schon mal einen von denen zu sehen, und man darf sich die als riesige, Millionen Jahre alte Superwesen vorstellen, ähnlich wie den Planeten fressenden Galactus. Tatsächlich gibt es hier sogar eine recht ähnliche Bedrohung, die ebenfalls die Erde fressen und zerstören will…
Was „Eternals“ jedoch von den ganzen anderen Marvel Filmen unterscheidet, macht sich nach ungefähr der ersten halben Stunde bemerkbar. Alles ist wesentlich ernster und ruhiger inszeniert, es gibt (bis auf einen indischen Chauffeur, der später gelegentlich kleine Späßchen bringt) fast keinen Humor, und über allem liegt eine gewisse Schwermut. Zum einen versucht Chloe Zhao hier, dem ganzen Geschehen einen epischen Charakter zu verleihen. Die Eternals werden wie arrogante griechische Götter in Szene gesetzt, die es zum Teil satt sind, seit tausenden Jahren über die Menschheit zu wachen. Eine zum Beispiel, die einen unsterblichen Kinderkörper hat, sehnt sich danach sterblich zu werden, damit sie nicht immer alle paar Jahre umziehen muss um ihre Tarnung aufrecht zu erhalten. Größe spielt eine große Rolle im Film, vor allem betont Zhao den zeitlichen Rahmen, den die Eternals erleben, in dem sie zum Beispiel zeigt, wie sie schon im alten Mesopotamien agierten. Größe droht auch etwa bei der finalen Gefahr, als ein riesiges Wesen aus der Erde herauszubrechen versucht, was ungemein cool ausschaut, da erstmal nur die Fingerspitzen erscheinen.
Zusammen mit fast 3 Stunden Lauflänge ergibt das zweifellos einen Film, der anders als die übrigen Marvel Filme wirken soll, eher wie „Lawrence von Arabien“ oder „Dr. Schiwago“, und demzufolge überhaupt nicht farbenfroh-kurzweilig-amüsant wie „Spider-Man: No Way Home“ oder „Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings“ etwa. da war es auch kein Wunder, dass man Chloe Zhao für den Film engagierte, die zuvor den Oscargewinner „Nomadland“ gedreht hatte.
Auch wenn die Intention löblich sein mag, geht der Versuch leider nicht so recht auf. Ein großer Schwachpunkt sind die Eternals selber. Dass Ikaris, Thena und Co selbst für gute Comickenner totale No-Names sind, mag nicht mal das Problem sein, konnte sich Shang-Chi ja schnell in den Kader neuer Marvelhelden spielen, wie zB auch Kate Bishop und Echo in „Hawkeye“. Nein, problematischer ist, dass die Charaktere und ihre Schicksale kühl und unnahbar bleiben. Hier geht es um Personen, die sich seit tausenden Jahren kennen, um epische Liebe, gewaltige Konflikte, riesigen Verrat und was eigentlich alles shakespeare-haft theatralisch sein müsste, wird fast gänzlich mit eiserner Mimik und emotionsfrei vorgetragen. Gemma Chan und Richard Madden spielen verzweifelt mit einem leblosen Script, das ihnen kaum Möglichkeiten bietet. Salma Hayek wirkt wie eine gelegentlich auftauchende Cosplayerin, und Angelina Jolie wirkt völlig deplatziert, kämpft fast hauptsächlich für sich allein und weckt den Eindruck, als wolle sie sich für eine Amazonenrolle im „Wonder Woman“ Franchise bewerben.
Die Bilder wirken teils groß, aber die Geschichte an sich nicht. Ein völlig nichtssagender Score (immerhin startet der Film mit einem Pink Floyd Song!) unterstreicht das über weite Teile fade Geschehen leider sehr akkurat.
Tatsächlich ist der letztjährige „Dune“ ein wirklich guter Vergleichstitel. Da ging es zwar nicht um jahrtausende alte Superhelden, aber um jahrtausende andauernde Fehden zwischen Adelshäusern und Intrigen, und auch wenn Timothee Chalamet da ähnlich kühl auftrat wie Richard Madden hier, war es vor allem Villeneuves grandiose Bilderzählung und Hans Zimmers umwerfernder Score, der die Wüstenstory zu einem echten Erlebnis gemacht hat.
Mitunter versucht der Film auch ein wenig an erwachseneren Themen; so gibt es zum Beispiel die erste Sexszene des MCU oder Gespräche über das Verständnis der eigenen Existenz. Auch dies ist gut gemeint, wird aber kaum vernünftig umgesetzt. Weder besticht der Film mit mutigen Elemente, wie sie etwa in der Serie „The Boys“ zu finden sind, noch gehen die größeren Gedankenansätze je über Postkartenmotive hinaus.
Ein paar kleine eingestreute Avengers-Erwähnungen, vereinzelte Angelina Jolie Kampfszenen und ein durchaus passabler Schlusskampf können darüber nicht hinwegtäuschen, dass „Eternals“ mit seinen fast 3 Stunden viel Geduld verlangt, die aber nicht groß belohnt.
Fazit:
Manche meinen ja, dass sich Marvel Filme alle gleich anfühlen, dass es eine Marvel-Erfolgsformel gibt, die man nach fast 30 Filmen langsam müde sein kann. „Eternals“ fühlt sich spürbar anders an… kann sich mit seine anderen Ausrichtung jedoch nicht so wirklich behaupten. Die Vielfalt an Marvel Filmen bestach bisher durch charismatische Charaktere und Kurzweil, doch in beiden dieser Punkten fällt dieser völlig zurück. Die Ambition, stattdessen mit einer gewaltigen Geschichte gewaltiger Figuren zu beeindrucken, schlägt aufgrund gleichgültig bleibender Figuren und Relationen, sowie relativ dröger Inszenierung fehl. Was bleibt, ist ein überlanger, humorbefreiter Power Rangers artiger Film mit gelegentlich okayen Actionszenen.
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