BG Kritik: „Batman Begins“

3. März 2022, Christian Mester

Batmans Geschichte mal anders. In den Bergen Nepals in einem Ninja-Orden ausgebildet, beschafft sich der Lebenssinn suchende Bruce Wayne eine High-Tech-Kampfausrüstung, um des Nachts gegen das organisierte Verbrechen vorzugehen. Dabei macht er sich ungeahnte Feinde…

Batman Begins (US 2005)
Regisseur: Christopher Nolan
Cast: Christian Bale, Liam Neeson, Michael Caine

© Warner Bros – Trailer Screenshot https://youtu.be/FiL1_5DWV7Y

KRITIK:

Schwer zu glauben, aber der direkte Dark Knight Vorgänger war im Kino erst kein sonderlicher Erfolg. Er spielte gerade mal ein Drittel des Sequels ein, weswegen es lange unsicher war, ob es überhaupt noch weitergehen sollte. Superman Returns zum Beispiel lief ein Jahr später an und erreichte ungefähr identische Zuschauerzahlen, bekam aber keine Fortsetzung mehr. Dass es für den Bale Batman weiterging, war allein der Tatsache zu verdanken, dass er auf DVD noch zahlreiche Fans dazu gewann.

Die allgemeine Zuschauerzurückhaltung war jedoch nachvollziehbar. Christian Bale kannten nur die wenigen, die American Psycho gesehen hatten; mit Carmine Falcone, Scarecrow und Ras al Ghul waren weniger bekannte Gegner an Bord; das Batmobile sah klobig komisch aus, und da der Film alles andere als spaßig oder nach normaler Blockbusterunterhaltung aussah, blieb man zaghaft.

Dabei hatte der Film mit dem selten blöden Titel so einiges zu bieten. Nie zuvor hatte sich ein Superheldenfilm so ausdrücklich mit dem Werdegang beschäftigt. Meistens war der Origin ein notwendiges Übel, ein spezieller Moment oder eine ungewöhnliche Entscheidung, die die abwegigen Umstände erklären sollten. In Nolans erstem Film nimmt der Weg zum Kostüm aber einen essentiellen Teil des Ganzen ein. Nolan mag Fantasyaspekte nicht, weswegen sein Batman so realistisch wie möglich gehalten ist. Wieso kann er so kämpfen? Weil er in einem Ninja-Orden ausgebildet wurde. Wieso hat er solche Ausrüstung? Weil er spezielle Taucherkleidung bestellt. Das Batmobile, das nie so genannt wird? Ein experimentelles Militärfahrzeug. Wieso kann es springen? Weil es zum Brückenbau eingesetzt wird. Jede Frage, die man sich nur stellen kann wenn jemand als Fledermaus herumlaufen will, war sorgsam überlegt und fundiert erklärt.Heutzutage gilt Joel Schumacher als Arkhaminsasse, da er den Batman Franchise bis Batman Begins verhunzt hatte. Nicht so bekannt ist allerdings, dass Schumacher ursprünglich was ganz anderes im Sinn hatte. Später gab er an, dass er eigentlich einen ernsten Film wie The Dark Knight machen wollte, was aber abgelehnt wurde. Aus Liebe zu Batman blieb er an Bord. Two-Face ist einer der Hauptbösewichte des Films, doch das bereits berarbeitete Thema der doppelten Identität wird hier nicht wieder aufgegriffen, jedenfalls nicht inhaltlich. Dennoch ist es vertreten, in Form von Schumacher selbst.

Der Erklärwahn hätte zu weit gehen und spießig werden können, doch Nolan kann sich davor bewahren. Christian Bale erweist sich als Glücksgriff und portraitiert Bruce als faszinierenden Aussenseiter. Im Gegensatz zu den Versionen von Keaton und Kilmer ist er nicht gestört, im Vergleich zu Clooney kein affiger Playboy. Hier ist er eine Art eremitischer Extremsportler oder Globe Trotter, der seinen Lebenssinn darin sucht, dem Verbrechen seiner Stadt Angst einzujagen. Wie eine Bürgerwehr, die ihr Viertel mit Taschenlampe und Karate schützt, nur dass der milliardenschwere Wayne zu anderen Mitteln greift. Verglichen mit Keatons Variante ist dieser Bruce allerdings kein Sadist, der das Niederknüppeln von Schergen so richtig mag. Nein, vielmehr geht er darin auf, dadurch Menschen schützen zu können.

Gegen Filmmitte ist sein Training abgeschlossen, doch zunächst nur zum Schein. Erst der Showdown, der eng mit Batmans Ursprung verknüpft ist, schließt die Ausbildung so richtig ab. Die Antagonisten teilen sich in drei Bereiche auf. Falcone ist ein realistischer Vertreter des organisierten Verbrechens, und das Antlitz des real bestehenden Verbrechens, das Batman zunichte machen will. Mit Scarecrow erlaubt Nolan sich jedoch einen vollkommen Wahnsinnigen, der eine Sackmaske trägt, durch Nervengas groteske Albtraumvisionen erzeugt und einen Bösewichtsplan hegt, wie er in einen gänzlich klassischen Superheldenfilm gehört. Ras al Ghul, sein alter Ausbilder, verknüpft beide diese Figuren in einer. Ein Mann mit verrückten Welteroberungsplänen, Dienern und Gesabbel von Prophezeiung und Bestimmung, doch so adrett, elegant und unauffällig menschlich, wie es Falcone ist.

Schon im Vorfeld machte Nolan mit seiner Besetzungsstärke auf sich aufmerksam. Michael Caine gibt einen gebrochenen alten Alfred, der Bruce ein gewöhnliches Leben mit Frau und Familie wünscht, der aber nicht die Kraft hat, ihn dazu zu bringen, während Morgan Freeman als gemütlicher Techniker Lucius Fox näher an den alten Alfreds ist, die hauptsächlich schnippische Bemerkungen äußerten und ihm all die technischen Gadgets zur Verfügung stellten. Liam Neeson, Ken Watanabe, Cillian Murphy, Rutger Hauer und Tom Wilkinson agieren höchst respektvoll, und der überraschend besetzte Gary Oldman brilliert als buschiger Kauz Gordon. Einzige Fehlbesetzung im Cast ist Katie Holmes, die eine Kindheitsfreundin von Bruce spielt. Schlecht ist sie nicht, doch obwohl sie etra herausstechen soll, da sie eine der überschaubaren normalen Leute in Waynes Welt ist, fällt es schwer zu glauben, dass sie von allen Optionen die beste Wahl war. Gegen sie spielt das Script, das sie im letzten Drittel zu einem langweiligen Rettungsopfer werden lässt.

Obgleich die beiden Nachfolger ein sehr kühles und realistisches Stadtbild zeigen, fällt das im Chicago gedrehte Gotham City im ersten Teil noch burtonhafter aus. Sepia-Farbtöne, dampfende Gullis und lange Schatten machen Gotham zu einem düsteren Moloch, in dem ein Batman passt. Hans Zimmer wagt einen sehr unüblichen Score und beeindruckt mit einer gewaltigen Theme. Abzüge in der B-Note finden sich im Finale des Films. Der Plot versucht einen schönen Haken zum Anfang zu schlagen, überhastet dann allerdings einen 0815-artigen Showdown, der konstruiert wirkt und wenig Sinn ergibt. Hier fehlt es spürbar an der Eleganz, die der restliche Film mit seiner fein säuberlich ausgewählten Charakterdarstellern trägt.

Fazit:

Erstklassig besetzt und nahezu hochkarätig inszeniert, erreicht, der Batman Reboot von Christopher Nolan ein beachtliches Niveau. Eine ebenso spannende wie atmosphärische Neuinterpretation des Batman Mythos, die Lust auf mehr macht.
8 / 10

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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