BG Kritik: „X-Men Origins: Wolverine“ (Wolverine 1)

16. April 2009, Christian Mester

Der vierte „X-Men“ ist eine Vorgeschichte, die vom Aufwachsen und Leben der beliebtesten Figur Logan alias Wolverine erzählt. Sie zeigt, wie der bärtige Zigarrenschmaucher zu seinem Spitznamen kam, woher er sein Adamantiumskelett hat und in welcher Form er das erste Mal auf Erzfeind William Stryker (und Deadpool) traf…

X-Men Origins: Wolverine (2009)
Regisseur: Gavin Hood
Cast: Hugh Jackman, Ryan Reynolds, Liev Schreiber

Kritik:
Es gibt viele, die die ersten beiden „X-Men“ zwar durchaus gut, aber für zu dialoglastig hielten. Viel zu viel Story hieß es, zu viel bedeutungsschwangere Metaphern über Weltverbesserung, Schicksal, Daseinsberechtigung, Akzeptanz, Identität und Toleranz. Weil X-Men 3 mit seinem eher hastigen, actionreichen Ansatz zum erfolgreichsten der Reihe werden sollte, versuchte man es anschließend mit komplettem Verzicht auf Intellekt. XO: Wolverine ist stumpfste Action.

Wäre hinnehmbar, wäre diese wenigstens flott, spektakulär und mitreißend spaßig oder spannend, aber Tsotsi Regisseur Gavin Hood kriegt leider nichts davon hin. Nach einem coolen Intro, in dem Wolverine und Sabretooth durch verschiedene Zeiten springen, verkommt Wolverines Prolog zu der bisherigen X-Men Trilogie zum einfallslosen Abklappern von einsilbigen Gegnern, die Wolverine mit viel Brusthaar und Rumspringerei zerlegt. Wolverine kämpft dabei unter anderem mit Black Eyed Peas Rapper Will.i.am, gegen einen kastrierten Ryan Reynolds und einen Mann im Fettanzug. Hood schwankt immer wieder zwischen kläglichen Versuchen, Wolverines Kampf packend oder dramatisch zu machen, und selbst Spaßglocke Gambit kann nicht viel aufwerten.

Indiskutabel mies sind diverse Logiklöcher des Films, die vorn und hinten keinen Sinn ergeben und den Machern hätten auffallen müssen. Der größte Eklat betraf Wolverine, der für gewöhnlich übernatürlich gute Sinne hat, hier aber unter plötzlicher Unfähigkeit leidet, die offensichtlichsten Täuschungen zu erkennen. 2016 gibt es einen würdigen Deadpool Film, doch die damalige Entscheidung, Deadpool – auch da schon von Ryan Reynolds (bzw in Kampfszenen von Scott Adkins) gespielt – äußerlich komplett zu verändern und zudem verstummen zu lassen, ludt zum allgemeinen Kopfschütteln ein. Das einzige Rettungsboot hätten eventuell noch die Computereffekte werden können, doch als XO Wolverine auch noch verfrüht als Raubkopie im Netz landete, war Fox gezwungen, den Film völlig unfertig in die Kinos zu bringen. Manche Verschwörungstheoretiker sind gar der Meinung, der Film sei womöglich absichtlich geleaked worden, da man wusste, wie schlecht er geworden war – so hätte man eine öffentliche Ausrede gehabt.

Aus heutiger Betrachtung ist es schade, dass der Film nichts geworden ist. Eine herausragende Qualität hat er in Form von Liev Schreiber. Der Mann, der sonst in Thriller und Dramen mitspielt, schien zunächst eine seltsame Neubesetzung der Figur aus dem ersten Film zu sein, die da noch von einem Wrestler gespielt wurde. Als Sabretooth ist Schreiber allerdings das unterhaltsamste am Film, da er als einziger mit genau dem Comic-Spaß spielt, den der Film gebraucht hatte. Sein übriges Talent, bedrohlich und intelligent zu wirken, macht seine zur besten Figur des Films. Schade drum, dass der restliche Film ihm nicht entsprechen konnte.

Fazit:
Banalstes Baller-Actionkino mit unfertigen Effekten und weitestgehend respektloser Inszenierung der vielen Figuren. Ein so verkorkstes Prequel, dass alle weiteren X-Men Filme so taten, als hätte es ihn nie gegeben. Zu recht? Ja, schon so ungefähr.

4/10

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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