BG Kritik: „Auftrag Rache“
Als die Tochter des alten Polizisten Thomas Craven (Mel Gibson) bei einem Anschlag erschossen wird, vermutet der Beamte zunächst einen Racheakt auf sich. Craven forscht nach und findet heraus, dass sein Kind in ein gewaltiges Komplott verstrickt war…
AUFTRAG RACHE
EDGE OF DARKNESS (2010)
Regie: Martin Campbell
Cast: Mel Gibson, Ray Winstone
Kritik:
Die grundlegende Geschichte von „Edge of Darkness“ ist konzeptionell gelungen, wenn auch relativ typische Kost. Vater verliert Tochter und rächt sich an allen Verantwortlichen. Material, das ein versierter Regisseur für gewöhnlich im Schlaf abhandeln kann und eine Rolle, die in der Regel immer interessant ist. Eine emotional angeschlagene Figur, die zähneknirschend Rache ausübt? Klingt voraussichtlich nach einem tollen Projekt für beide und einem sehenswerten Film, doch „Auftrag Rache“ ist weder toll, noch so richtig sehenswert.
In erster Linie ist das Problem bei Campbell zu suchen, denn nachdem er mit „Casino Royale“ einen der besten Actionfilme der letzten Jahre ablieferte, ist „Auftrag Rache“ eine schiere Enttäuschung. Action gibt es nahezu keine. Die wenigen Momente finden sich bereits fast alle im Trailer und sind kein einziges Mal näher der Rede wert. Craven erschießt einige Menschen und prügelt sich, allerdings sind seine Gerangel unglückliches Herumgetaumel, die Schussszenen platte Exekutionen. Auf dynamische Kämpfe könnte man getrost verzichten, wäre die eigentliche Ermittlung stattdessen mitreißend – ist sie nicht. Craven ist nicht einmal ein besonders guter Detective, da er von einem Verdächtigen zum nächsten geschickt wird und sich alles von anderen erklären lassen muss. Problematisch ist, dass man ihm als Zuschauer oft voraus ist.
Während Craven meistens noch fragend durch die Finsternis tappt, weiß man früh, wer der eigentliche Drahtzieher ist und kann sich auch selbst zusammenreimen, was das größere Motiv ist. Es bremst jegliche Spannung, da sich die gesamte Handlung somit im Vorfeld offenbart und man konsequent darauf wartet, dass Craven irgendwann mal aufschließt.
Ernüchternd für Campbell, da der zweimalige Bond-Wiederbeleber (er drehte auch „GoldenEye“) auf der ganzen Linie enttäuscht. Seinem neuen Thriller fällt es völlig an Thrill und Drive, da das gesamte Geschehen langatmig und ohne jegliche Höhepunkte verläuft. Schlimmer ist jedoch, dass „Edge of Darkness“ im Kitsch ersäuft. Nicht nur, dass Craven seine (erwachsene) Tochter unentwegt seinen Engel nennt, erscheint sie ihm auch noch am laufenden Band. Craven unterhält sich mit dem Geist seine Tochter und erinnert sich an strahlende Kinderzeiten, die für sich niemals zur Story beitragen. Dass Craven seine Tochter liebte und tragisch getroffen ist, erklärt sich schließlich von selbst. Man ist anfangs mit dabei, als die junge Frau vor seinen Augen mit einer Shotgun zersiebt wird. Eigentlich unfassbar, da Campbell das Material besser als jeder andere verstehen müsste. Vor rund 25 Jahren drehte er es bereits zum ersten Mal als Serie für das britische Fernsehen, die großen Anklang fand, mit Preisen überhäuft wurde und auch heute noch als ansprechend gilt.
Gibson macht selbst eine nur mäßige Figur. Es ist zwar erfreulich, ihn nach all den Jahren wieder im Kino zu sehen und er hat noch immer das gewisse Star-Feeling, das Sympathie ausstrahlt und Tolles vermuten lässt, aber als Thomas Craven gähnt er sich relativ lethargisch durch einen nur wenig aufregenden Fall. Es mangelt an ernstzunehmenden Emotionen und Badassery, nur teilweise kommt Intensität durch, die man sich gern über den gesamten Filmverlauf wünschen würde. Der Spruch „zu alt für den Scheiß“ scheint hier leider vollends zu sitzen, da Gibson pulsarm und leblos agiert. Danny Huston, der einen zwielichtigen Unternehmer spielt, verfällt einmal mehr in schlimmes Overacting; der einzige, der aus dem Ganzen halbwegs gewappnet herauskommt, ist Ray Winstone. Winstone (Mac aus „Indiana Jones 4“) spielt einen geheimnisvollen Eliteagenten, der Craven auf seiner Tour unterstützt und ihm ratsam zur Seite steht.
Insgesamt eine sehr marode Inszenierung, die viele Fragen aufwirft. Merkte niemand im Schnitt, wie undynamisch das Ergebnis ist? Wie schwach gespielt und oberflächlich es als Drama ist und dass es an echten Höhepunkten mangelt? Ist Gibson damit zufrieden? Bereut er es, „Max 4“ und „Lethal 5“ dafür abgelehnt zu haben? Was denken Fans, die zunächst darüber verärgert waren, dass Campbell „Ein Quantum Trost“ ablehnte? Die Welt (Deutschland bekommt den Film – wie so oft – fast wieder als letztes) strafte das Ergebnis mit Nichtbeachtung: der 80 Millionen Dollar teure Film spielte bis Anfang März gerade einmal 55 Millionen Dollar ein – 160 müsste er jedoch schaffen, um überhaupt grüne Zahlen zu schreiben. Worin wird das resultieren? Wird Gibson die Schauspielerei erneut an den Nagel hängen und sich exklusiv der Regie widmen? Oder wird ihn der starke Misserfolg in die Reihen alter Toptitel treiben?
Eventuell hätte man auf Robert De Niro hören sollen, der anfangs in Winstones Rolle besetzt war, das Set jedoch nach wenigen Tagen wegen kreativer Differenzen verließ. Womöglich hatte er früh genug gemerkt, in welche Richtung sich das ganze entwickelt – eine wahrlich gute Entscheidung seinerseits.
Fazit:
Nicht zu glauben, dass das der neue Film vom Casino Royale Regisseur ist. Auftrag Rache krankt an einer schleppenden Inszenierung und fehlenden Stärken. Dass Mel Gibson dazu in seinem eigenen Comeback nicht sonderlich motiviert aussieht, tut sein Übriges.
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