BG Kritik: „Windfall“ (Netflix)

22. März 2022, Christian Mester

Marshall von „How I Met Your Mother“ bricht bei Jesse Plemons und der Tochter von Phil Collins ein, allerdings will das ganze nicht so laufen wie geplant. Ein etwas ungewöhnliches Kammerspiel voller Disteln und Glut…

Regie: Charlie McDowell
Besetzung: siehe oben

© Netflix Trailer Screenshot https://youtu.be/BaPdGDBcY5A

Immer blöd, wenn man mitten beim gepflegten Einbruch von den Besitzern überrascht wird. Das passiert einem nie benannten Mann (Jason Segel), der bei einem IT Milliardär (Plemons) und seiner jungen Frau (Lily Collins) ins entlegende Ferienhäuschen eingesteigt und nun das Dilemma hat, gesehen worden zu sein. Was nun? Ein eiskalter Mörder ist er nicht, also muss eine andere Lösung her.

McDowells effektiver Low-Budget Thriller spielt recht gelungen mit den Erwartungen und stellt diverse Konventionen auf den Kopf. Normalerweise sind Einbrecher gewalttätige Bedrohungen oder gar Stalker und Slasher, meist spielt das ganze bei Nacht ab, in der Regel ist der Puls hoch, häufig kämpfen die Gefangenen zusammen um ihr Überleben. Hier aber nicht. „Windfall“(doppelte Bedeutung: heißt unerwarteter Gewinn, aber auch Fallobst) spielt bei Tag, ist äußerst gemächlich und hat (nahezu) keine Gewaltszenen. Darüber hinaus kriselt es zwischen dem Pärchen, sodass die Loyalitäten nicht so klar definiert sind, wie man es meinen müsste. Segel überzeugt in seiner gänzlich ungewöhnlichen Rolle als wortkarger Eindringling, während die anderen zwei mehr oder weniger auf Autopilot laufen. Dennoch hat das Trio hervorragende Chemie und spielt sich gleichwertig den Ball hin und her.

Der Großteil des Films besteht, wie schon bei McDowells vorherigem Kleinod „The One I Love“ mit Elisabeth Moss, aus spannenden Gesprächen zwischen den Protagonisten, für die sich viel Zeit genommen wird. Plemons als ignoranter Reicher versucht immer wieder seine prinzipielle Unschuld zu beschreiben oder dem Einbrecher Infos zu entlocken, Collins hingegen sieht das ganze mehr und mehr als Chance, ihre Ehe zu korrigieren und sich zu behaupten. Als Charitykundschafterin hat sie Verständnis für die geschätzten Geldprobleme des Diebes. Jason Segels Figur indes ist schwer zu lesen; man ahnt nicht, wozu er fähig ist oder was seine Hintergründe sind.

Trotz eines ruhigen Erzähltons gibt es immer wieder gute Überraschungen, teils an „Breaking Bad“ erinnernd, die die Karten neu mischen und die Spannung hoch halten – wenn auch nicht allzu hoch. Nicht falsch verstehen, „Windfall“ macht bis zum Schluss neugierig, fesselt jetzt aber nicht sonderlich. Ein Nägelbeißer ist das nicht, aber alle Male packender als Ben Afflecks Schneckenzucht in „Tiefe Wasser“.

Zu loben ist noch ein sehr Hitchock-ischer Soundtrack, der dem ganzen fraglos Stil verleiht.

Fazit:

„Windfall“ ist kein Jahreshighlight, aber ein kompetent inszenierter kleiner Slow-Burn-Thriller, der Comedstar Jason Segel gekonnt von einer etwas anderen Seite zeigt. Einen Blick wert.

5/10

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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