BG Kritik: „Konferenz der Tiere“
Eine Savanne Afrikas. Nachdem ein erwarteter Wasserfluss auf sich warten lässt, zieht ein kleiner Steppenbewohner los und bemerkt, dass Menschen diesen für eine teure Hotelanlage abgedammt haben. Zusammen mit ein paar Ankömmlingen aus der ganzen Welt nehmen sie sich das Tier-Team der Sache an…
Konferenz der Tiere (2010)
Regie: Holger Tappe
Cast: –
Kritik:
„Alles Tutti, Puffelchen?“ Seit Januar hat man es vor beinahe jedem Film erhaschen dürfen: das Flachwitzerdmännchen. Der erste „Konferenz der Tiere“ Trailer war in seinen ersten 68 Sekunden mit bedeutungsschwangerer Naturschutzansprache noch interessant, da überraschend ernst, schloss dann jedoch mit einem quälgeistigen Erdmännchen ab, das auf tumbste Weise an Kleinkinder appelierte. Dann die Bestätigung: ein zweiter Clip zeigte ausschließlich „lustige“ niedliche Tiere, die sich mit gewollt coolen Sprüchen in der Sonne Afrikas zofften.
Weg schien der einst ernste Hintergrund der Buchvorlage, das ganze ein kläglicher Versuch, Pixars und DreamWorks Animations-Blockbuster mit flachen Witzen und schwächerer Technik nachzueifern. Fast ein ganzes Jahr lang durfte man diese nervtrötende Werbung ertragen, bis der Film schließlich anlief und die überreizten Zuschauer endlich erlöste. Doch, ist er überhaupt der erwartete Fehlgriff geworden? Ist der erste deutsche 3D-Animationsfilm dreidimensionaler Comedyabfall?? Zu aller Überraschung: nicht ganz.
Kästnerkenner dürfen zunächst erfahren, dass der „Konferenz der Tiere“ Film nur wenig mit dem „Konferenz der Tiere“ Buch zu tun hat. Zwar geht es auch hier um Tiere in Not, die die Menschen besuchen und auf drohende Naturprobleme aufmerksam machen, doch das alles ist nur der äußere Rahmen der ersten und letzten Minuten. Dazwischen steckt ein erfundenes, actionreiches Animationsabenteuer im Stil der US-Konkurrenz, in dem knuffige sprechende Tierchen amüsante Actioneinlagen erleben. Erdmännchen Billy tollpatscht sich von einem Problem ins nächste, ein tasmanischer Teufel furzt furchtbare Stinkwolken, ein arroganter Gockel spricht ’it froseauzösiche Akzenté, ein philosophierender Löwe (Name: Sokrates, besser ist der einfallsreiche Name eines Jägers: Hunter) lenzt in der Sonne und boshafte Büffel und närrische Nashörner bashen sich zwischen ausgetrockneten Grashalmen.
Das Niveau ist recht niedrig angelegt, aber Regisseur Holger Tappe beabsichtigt auch nicht, alle ansprechen zu wollen. Während Pixar und DreamWorks Konsorten meistens jedes Alter anpeilen, indem sie Actionszenen aufregend gestalten und emotionale und zweideutige Witze und Sprüche für Ältere einbauen, widmet sich Tappe ausschließlich dem Publikum sub 12. Das gelingt ihm, da er eine sehr leicht verständliche, actionreiche Geschichte mit niedlichen Figuren erzählt, ohne gleich in stumpfsten Brabbelirrsinn zu verfallen. Die Intention ist offensichtlich: der Film will ein deutscher „Madagascar“ sein und schwimmt schamlos im selben Becken mit. Die Figuren „Madagascars“ sind zwar noch markanter und ausgeflippter, dafür hingegen verzichtet die „Konferenz“ auf coole Musikszenen mit tanzenden Tieren. Die Handlung bleibt in seichtem Gewässer und planscht dort harmlos umher, seiner Zielgruppe gerecht.
In Sachen Technik gibt es nicht viel zu bemängeln. Dafür, dass der Film gerade einmal ein Zehntel des Budgets der Konkurrenz zur Verfügung hatte, sind die Figuren und Landschaften toll gemacht. Soundtechnisch ist er sogar auf einer Höhe, was aber auch daran liegt, dass man sich „Ice Age“ Komponist David Newman ins Boot geholt hat; die Synchronsprecher sind alle bekannt und erstklassig. Inhaltlich ist es ein überschaubar albernes Projekt, das primär auf wilde Verfolgungsjagden und Herumgeblödel der Tiere setzt. Kritisch wird es jedoch bei der verpackten Kritik und Message des Films, die manches Mal seltsam wirkt. So gibt es unterschwellige Kritik an Rassismus, Kapitalismus und Ausbeutung der Natur, die oft nur angedeutet wird und der Zielgruppe somit gänzlich entgehen dürfte. Am schlimmsten versagt der Film in seiner wichtigsten Aussage, denn anstatt den Respekt vor und Schutz der Natur zu propagieren, bewirbt der Film unabsichtlich Terrorismus. SPOILER: Im Film geht es wie bereits gesagt darum, dass die Menschen einen großen Damm bauen, der den Tieren in einem Tal in der Nähe das Wasser abschneidet.
Nachdem der Löwe den Menschen einen Besuch abstattet – und sich dort natürlich nicht äußern, nur knurren kann und wieder verjagt wird – trommelt Osama bin Erdmännchen alle Tiere zusammen, um den Damm alternativ mit Gewalt einzureißen. Das tun sie dann und schwimmen glücklich davon. Im Film wird zwar gezeigter Mensch verletzt und alles in Euphorie für die durstigen Tiere abgefeiert, doch auf der anderen Seite fehlt eine größere Charakterisation der Menschen. Der Besitzer der Hotelanlage zeigt zwar wenig Tierliebe, ist aber auch nicht der aus Genrefilmen typische Bösewicht, der bartzwirbelnd finster lacht und sich ganz bewusst ist, was er anrichtet. Stattdessen darf man im Hinterkopf behalten, dass beim Dammeinsturz zahllose unschuldige Besucher der Anlage ihr Leben lassen dürften. Das dürfte aber auch nur älteren Zuschauern auffallen und nicht weiter ins Gewicht fallen, da das Zielpublikum oberflächlich an den fragwürdigen Aussagen vorbeisehen wird und Spaß am oberflächlichen Spaß hat.
Fazit:
Sieht man „Konferenz der Tiere“ als Film für die ganze Familie, ist es ein misslungenes Imitat der besseren Konkurrenz. Action, Witze und Story bleiben auf Halbmast und richten sich nur an sehr junges Publikum. Das wird allerdings über sämtliche inhaltlichen Schwächen hinwegsehen und seinen Spaß haben.
3 / 10
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